„12 x 3“ - ein eigener Rückblick auf 2010

2010 war politisch zweigeteilt. Bis zur NRW-Wahl schimpften viele, die schwarz-gelbe Bundesregierung tue angeblich nichts. Danach wurde es ärger, weil sie was tat: Banken wurden beglückt, „Hartz-IV-Betroffene“ verhöhnt, Energie-Konzerne vergoldet. Mein Team bietet anhand der Web-Einträge unter www.petrapau.de einen eigenen Rückblick an: drei Ereignisse je Monat.

Januar

2010 begann für DIE LINKE mit einem Paukenschlag. Auf einer öffentlichen Veranstaltung der Fraktion und der Partei in Berlin wurde Dietmar Bartsch der „Illoyalität“ bezichtigt und genötigt, seine Funktion als Bundesgeschäftsführer abzugeben. Damit wurde ein Jahr innerparteilicher Selbstbeschäftigung eröffnet. Petra Pau sprach dazu im Deutschlandfunk. Lothar Bisky schrieb ein Essay.

In den USA gab es einen versuchten Anschlag auf ein Passagier-Flugzeug. Prompt wurde über schärfere Sicherheits-Praktiken debattiert. „Nackt-Scanner“ hieß das neue Zauberwort. DIE LINKE ist dagegen. Innenminister de Maizière agiert noch immer moderat. Ende 2010 wird er für eine Sicherheits-Super-Behörde aus Bundespolizei und Bundeskriminalamt plädieren.

Am 27. Januar 1945 wurden die Überlebenden des KZ Auschwitz-Birkenau von der Sowjetischen Armee befreit. Petra Pau nahm als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags an der Gedenkveranstaltung in Polen teil. Am Vortag sprach sie auf einem internationalen Symposium „zur Erinnerung an den Holocaust und zum Kampf gegen Antisemitismus“ (⇒ zur Rede).

Februar

„Das Interview“ ist ein sehr persönlich gehaltenes Web-Angebot der Faktion DIE LINKE. Nach Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Gesine Lötzsch und weiteren Abgeordneten wurde nun auch Petra Pau vor laufender Kamera befragt. 20 Minuten lang gibt sie Auskunft über ihren Werdegang, über ihre politischen Ziele, über ihre Sicht auf die Partei DIE LINKE und mehr. (⇒ zum Interview)

Am 13. Februar waren rund 25.000 Bürgerinnen und Bürger unterwegs, nach Dresden und in Dresden. Dort wollten alte und neue Nazis aus ganz Europa aufmarschieren. DIE LINKE war aus zahlreichen Bundesländern präsent, auch Petra Pau war dabei, erst in Neustadt bei Protestkundgebungen, dann in der Alt-Stadt bei einer Menschenkette. Der Nazi-Aufmarsch wurde verhindert.

Als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags eröffnete Petra Pau in Prag das Finale des III. internationalen Wettbewerbs „Jugend debattiert“. Träger ist die „Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“. Teilnehmen können Jugendliche aus der EU. Das Thema hieß: „Soll der 23. August ein Gedenktag für die Opfer totalitärer und autoritärer Regime sein?“ (⇒ zum Grußwort)

März

Die vielgepriesene Demokratie schwächelt auch in der Bundesrepublik Deutschland. Das ist gefährlich, befand die Fraktion DIE LINKE und konstituierte eine Querschnittsarbeitsgruppe „Demokratisierung der Demokratie“. Sie soll unter Leitung von Petra Pau und Halina Wawzyniak ressort- und parteiübergreifend Sachverstand bündeln.

Guido Westerwelle attackierte den Sozialstaat und warf dessen Befürwortern „spätrömische Dekadenz“ vor. Petra Pau: „Nicht mal von der Geschichte hat er Ahnung!“ Was seinerzeit wirklich zu der unterstellten Dekadenz führte, das hatte Bertolt Brecht bereits trefflich beschrieben. Sein Zitat passt auch heute wie die Faust aufs FDP-Auge, dazu ein Web-Video mit Petra Pau.

„ELENA“ ist die wohlklingende Abkürzung für einen Daten-Kraken. Die Bezüge und Gehälter aller Beschäftigten werden Monat für Monat erfasst und zentral gespeichert. Auch dagegen werden Verfassungsklagen vorbereitet. DIE LINKE forderte zugleich erneut ein Moratorium für alle elektronischen Großprojekte, die den Datenschutz und damit die Demokratie gefährden.

April

Die Fraktion DIE LINKE hatte Experten und Interessierte zu einer Anhörung „20 Jahre Treuhand-Anstalt“ geladen. Der „Europa-Saal“ im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus war prall gefüllt und das Fazit deutlich. Prof. Christa Luft: „Die Treuhand wurde auf Bonner Geheiß eine Anstalt zur Verschleuderung des Volkseigentums“. Wie zu erwarten: Die großen Medien fehlten.

Seit fast zwei Jahrzehnten kämpfen Bürgerinnen und Bürger in der Kyritz-Ruppiner-Heide gegen die erneute militärische Nutzung des „Bombodrom“, diesmal durch die NATO. Petra Pau war bei zahlreichen Protestaktionen dabei. Am 21. April gab das Verteidigungsministerium endlich seinen Verzicht auf das Bomben-Abwurf-Areal bekannt. Eine ganze Region feierte.

Ein Landesparteitag der Berliner Linken befasste sich mit stadtpolitischen Themen, unter anderem mit der Re-Kommunalisierung ehemals öffentlicher Betriebe, die von der CDU und der SPD privatisiert worden waren. Zugleich kritisierten Petra Pau und Klaus Lederer den Programm-Entwurf der Linkspartei. In „Disput“ beschrieb Petra Pau wenig später, warum.

Mai

In München fand der 2. ökumenische Kirchentag statt. Petra Pau war gebeten worden, auf einem Podium zu diskutieren: „Ist Religion für die Demokratie eher gut oder schlecht?“ 3.500 Interessierte füllten die Halle. Petra Pau kritisierte den Zustand der Demokratie in der Bundesrepublik und lehnte erneut das Konstrukt einer „deutschen Leitkultur“ ab. Zum Podiums-Thema gab es ein Faltblatt.

Mitte des Monats fand in Rostock ein Bundesparteitag der Linkspartei statt. Wesentlich ging es darum, einen neuen Parteivorstand zu wählen. Er war vorab nach dem Grundsatz „gestrickt“ worden: Alle Flügel sollen gleichberechtigt vertreten sein und alle Spitzen-Funktionen gedoppelt werden. Am Rande des Parteitages traf sich Petra Pau mit dem Ehrengast Ernesto Cardenal.

In Ungarn besuchte Petra Pau gemeinsam mit Dr. Romani Rose und der Spitze des DFB ein Dorf, in dem Neo-Nazis einen Roma-Vater und dessen Sohn erschossen haben, nachdem sie vordem deren Haus angezündet hatten. Auch in Jüdischen Gemeinden grassiert Angst. Ungarn wird aktuell durch eine rechtskonservativ-neofaschistische Koalition regiert. (⇒ ein „Clara“-Bericht)

Juni

Die Medien schießen sich auf die Wahl eines neuen Bundespräsidenten ein: Wulf oder Gauck. Amtsinhaber Horst Köhler hatte das höchste Staatsamt Ende Mai überraschend aufgegeben. DIE LINKE nominierte als eigene Kandidatin Lucretia Jochimsen. SPD und Grüne versuchten DIE LINKE entweder einzuspannen oder anzuprangern. Dazu eine spätere Notiz von Petra Pau.

Rund 20.000 Bürgerinnen und Bürger demonstrierten am 12. Juni in Berlin gegen die so genannten Sparpläne der schwarz-gelben Bundesregierung. Motto: „Wir zahlen nicht für eure Krise!“ Petra Pau war dabei, stellte aber klar: „Die Losung klingt gut, ist aber irreführend. Längst zahlen die Armen für die Verluste spekulierender Banken. Die eigentlichen Übel geht die Regierung nicht an!“

Seit 1969 lädt der Berliner Senat, ehemals West-Berlins, seit 1990 Gesamt-Berlins, emigrierte Jüdinnen und Juden aus aller Welt ein, die in der Zeit des Faschismus aus Deutschland flüchteten. Vier Jahre lang empfing Petra Pau jährlich zwei Delegationen Emigrierter als Vize-Präsidentin im Deutschen Bundestag. Nunmehr läuft das Besuchsprogramm aus.

Juli

Mit einem bundesweiten Appell forderten 51 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner die Bespitzelung der Partei DIE LINKE durch den Verfassungsschutz zu beenden. Auch Petra Pau prozessiert, weil sie beobachtet wird. Tage später urteilte allerdings das Bundesverwaltungsgericht in einem Verfahren von Bodo Ramelow, DIE LINKE werde rechtmäßig observiert.

Im Vorfeld einer internationalen Metropolen-Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung empfing Petra Pau im Bundestag Dov Khenin (Abgeordneter der Knesset) und Sharon Malki (Kommunalpolitikerin in Tel Aviv). In einer erweiterten Gesprächsrunde ging es um linke Politik in und für Israel, um den anhaltenden Nah-Ost-Konflikt und um inner-israelische Entwicklungen.

Was treiben linke MdBs im Sommerloch? Die Fraktion DIE LINKE ließ ihre Mitglieder im Internet beschreiben, was sie erlebten und bewegten. Petra Pau war mit der regionalen Linkspartei im Allgäu unterwegs. Bei ihrem ersten „Allgäu-Tag“, 2005, war in Kempten noch die Junge Union gegen sie aufmarscht. Inzwischen ist die Spannung gewichen. Petra Pau berichtete.

August

Im „Interview der Woche“, ein Web-Angebot der Bundestagsfraktion DIE LINKE, plädiert Petra Pau erneut für mehr direkte Demokratie, für Volksabstimmungen auch auf Bundesebene. Sie erläutert, warum die bekanntesten fünf Argumente dagegen für sie nicht stechen. Und sie erinnert an die unsägliche Rolle des Duos Schröder-Fischer 2003. (⇒ zum Interview)

60 Frauen veröffentlichen einen Aufruf: „Demokratischer Rechtsstaat oder Atomstaat“. Petra Pau gehört zu ihnen. Damit reagieren sie auf großseitige Anzeigen, in denen sich 40 Manager und Ex-Minister, alles Männer, für die Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke aussprachen. Die wurde derweil von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossen.

„Street-View“ war der mediale Aufreger im Sommerloch. Darf das „eigene“ Haus bei Google veröffentlicht werden? Verbraucherministerin Aigner (CSU) empfahl Skeptikern, persönlich Einspruch einzulegen. „Dann bekommt ‚Google' auch noch Mieter-Dateien frei Haus“, befand Petra Pau. Alternativ widersprach ihre Wohnungsgenossenschaft „Grüne Mitte“ pauschal.

September

Mit einem „Fest für Allende“ erinnerte die DIE LINKE an den Sozialismus-Versuch in Chile vor 40 Jahren, der 1973 mit einem Militär-Putsch blutig niedergeschlagen wurde. In einer szenischen Lesung ließen Politiker, Journalisten und Künstler anhand von Original-Dokumenten die damaligen Verhältnisse, Ereignisse und Hoffnungen noch einmal aufleben.

Ex-Senator und inzwischen auch Ex-Banker Thilo Sarrazin bestimmt die Medien. Und die meisten hofieren ihn. Wochenlang führt sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ die Rangliste im „Spiegel“ an. Sarrazin provoziert mit Erfolg. 1,5 Millionen Exemplare seien verkauft, wird es Ende 2010 heißen. Petra Pau stellte dazu eine „Aktuelle Notiz“ auf ihre Web-Seite.

In Berlin demonstrierten am symbolträchtigen „11. 9.“ rund zehntausend Bürgerinnen und Bürger unter dem Motto „Freiheit statt Angst!“ Sie forderten einen konsequenteren Schutz persönlicher Daten und eine unabhängige Überprüfung aller so genannten Sicherheitsgesetze seit 2001. Proteste gab es auch in Helsinki, Paris, Stockholm, Warschau und Wien.

Oktober

Die Festspiele „20 Jahre deutsche Einheit“ steuern auf ihren Höhepunkt zu, einem Staatsakt in Bremen mit angeschlossener Biermeile. Petra Pau hatte sich bereits in der „Super-Illu“ mit dem Journalisten Hugo Müller-Vogg zum Thema duelliert. Im „Interview der Woche“ der Fraktion DIE LINKE bezeichnete sie die deutsche Einheit nunmehr als einen „Segen mit verfluchten Fehlern“.

Erneut verbringen Jugendliche „helfender Verbände“, aus dem THW, aus Feuerwehren, von den Samaritern und Maltesern eine Ferienwoche in der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück. Sie konfrontieren sich dort mit den Verbrechen des Faschismus und sie legen praktisch Hand an, damit, wie sie selber meinten, „kein Gras über die Geschichte wächst!“ Petra Pau besuchte sie.

Seit Wochen toben Auseinandersetzungen um das Bahn-Projekt „Stuttgart 21“. Mit einem „Schwaben-Zug“ kamen Ende des Monats rund 600 Gegnerinnen und Gegner des Vorhabens nach Berlin. Die Fraktion DIE LINKE empfing sie am Hauptbahnhof und im Bundestag. Wenig später begann die „Schlichtung“ durch Heiner Geißler, Auch dazu eine „Aktuelle Notiz“ von Petra Pau.

November

Wiederkehrend wird der 9. November als Feiertag vorgeschlagen. Damit soll die Öffnung der DDR-Grenzen 1989 gewürdigt werden. „Das geht überhaupt nicht“, findet indes Petra Pau. Vor rund 250 Schülerinnen und Schülern sowie Polizei-Anwärterinnen und -Anwärtern erinnerte sie an der Berliner Gedenkstätte „Gleis 17“ an historische Ereignisse dieses Datums. (⇒ zur Rede)

Sechs Tage war Petra Pau in Israel. Als Vizepräsidentin warb sie dort für das Internationale Stipendiaten-Programm des Bundestags. Sie sprach auf einem Symposium der Rosa-Luxemburg-Stiftung: „20 Jahre Einheit - ein Land, zwei Identitäten?“ Und sie informierte sich bei Wissenschaftlern und Praktikern über multikulturelle und interreligiöse Projekte und Probleme.

Immer mehr Zuspruch finden elektronische Petitionen an den Bundestag. Die Geschwindigkeit und die Verbreitung des Internets bringt Bewegung in die Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern. Ende November schwoll der Protest gegen Castor-Transporte nach Lubmin an. Dennoch wurde am 14. 12. erstmals Atom-Müll aus den alten Bundesländern in die neuen verbracht.

Dezember

Am 1. jedes Monats startet auf der Web-Seite von Petra Pau eine neue Folge des Wettbewerbs „Unsere Besten“. Aktuell stehen Angela Merkel, Peter Ramsauer und Kristina Schröder zur Wahl, alle CDU/CSU. Petra Pau: „Wenn Spitzen-Leute meiner Partei sich weiterhin öffentlich so beharken, wie derzeit, dann könnten die nächsten Kandidaten allesamt aus der LINKEN kommen.“

Im Bundestag stellte die Fraktion DIE LINKE 19 Anträge zu Ost-Renten. Es geht - 20 Jahre nach der Vereinigung - noch immer um die Angleichung der Renten-Ansprüche in den neuen Bundesländern an West-Niveau, aber auch um die Beseitigung von Rentenunrecht, zum Beispiel für Eisenbahner, Handwerker, Künstler. Die anderen Fraktionen signalisierten erneut Ablehnung.

CDU/CSU und FDP beschlossen im Bundestag das von Arbeitsministerin von der Leyen vorgelegte Änderungsgesetz zu „Hartz IV“. Es sieht monatlich ganze fünf Euro mehr für Betroffene vor. Im Bundesrat scheiterte das Gesetz knapp. Nun ist es im Vermittlungsausschuss. Zugleich wurden mehrere Klagen beim Bundesverfassungsgericht angekündigt, auch von der Linken.

PS:
Zum Rückblick 2010 gibt es einen Ausblick 2011: „Der Widerstand schwillt!“
 
Petra Pau,
30. 12. 2010

 

 

30.12.2010
www.petra-pau.de

 

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