Von Petra Pau:
Seit elf Jahren verbringe ich drei Sommerwochen in Bayern. Fast ebenso lange gehört davon ein Urlaubstag der Linkspartei im Allgäu. Dann besuche ich Arbeitslosen-Initiativen, Bildungsstätten, antifaschistische Organisationen oder multikulturelle Vereine. Anfangs war alles noch ziemlich überschaubar. Zumeist waren nur Achim und Fabio dabei. Und abends kamen zwanzig, dreißig Neugierige zur Podiumsdiskussion. Seinerzeit in Kempten war auch noch die Junge Union aufmarschiert. Sie wollten keine Kommunisten im Allgäu.
In meinem Urlaubsort war es ähnlich. In den ersten zwei Jahren wurde nach dem Kirchgang noch emsig gewispert, ob das Image von Oberstaufen nicht Schaden nehme, wenn sich die Rote aus Berlin hier einniste. Inzwischen werde ich auf dem Feuerwehrfest offiziell als unsere Vizepräsidentin begrüßt.
Über die Jahre hinweg kamen einige Stationen zusammen, die ich mit meinen Genossinnen und Genossen aus dem Allgäu besucht habe: Füssen, Kaufbeuren, Lindau, Memmingen, Mindelheim, Oberstdorf, um nur einige zu nennen. Nun also Babenhausen und Günzburg: Ich war auf Schwabentour. Achim und Fabio waren wieder dabei, aber der Tross ist längst größer geworden.
Alexander ist inzwischen selbst Mitglied des Bundestages, Ingeborg hat im Bezirkstag Schwaben Sitz und Stimme, Benjamin agiert als Stadtrat in Augsburg, Mario und Xaver reisten als Mitglieder des Landesvorstandes der Linkspartei extra aus München und Neu-Ulm an. Der Wirt am Markt rückte eilends Tische zusammen.
Die Grundschule Südost in Günzburg ist ein Passivhaus, was so viel heißt wie: Öko-Bilanz vorbildlich. Auch das schulische Klima scheint gut zu sein. Ein Vorzeigeprojekt, das wir gern zeigen ließen. Auch der Oberbürgermeister von Günzburg ließ sich unseren Besuch nicht entgehen. Sehr geehrte Frau Pau, begrüßte er mich: Ich habe eine Bitte. Lassen Sie nicht zu, dass die FDP unseren Kommunen die Gewerbesteuer nimmt! Ich entgegnete ihm: Sie wissen, dass sie bei mir offene Türen einrennen. Der Oberbürgermeister: Ja, ja. Es drängt dennoch. Darauf ich: Die ganze Föderalismusreform II war ein Fehler. Der Bund hat den Ländern und Kommunen Aufgaben übertragen und geflissentlich vergessen, dass nötige Geld hinterherzuschicken. Oberbürgermeister Gerhard Jauernig (SPD) nickte zustimmend. Man hatte sich verstanden.
Alexander ließ Visitenkarten bei der Schulleitung und beim Oberbürgermeister da. So eine Passivhaus-Schule hätte er gern in Augsburg, wo er zugleich Stadtrat ist. Und als Mitglied der Fraktion DIE LINKE im Bundestag gehört Günzburg zu seinem weitläufigen Wahlkreis. Zum Abschied hieß Auf Wiedersehen.
25 Jahre lang war Bernhard Schneider Leiter der Bildungs- und Begegnungsstätte Babenhausen - an der »schwäbischen Peripherie«, sagte er. Womit er meint: Hier kreuzen sich keine Verkehrsadern. Hier kommt niemand mal so vorbei. Gleichwohl werde die Jugendarbeit, die hier eine Heimstatt hat, immer wichtiger. Noch bekommt er Fördermittel vom Bund und aus Bayern. Nicht viel, aber noch hält man sich über Wasser. Noch! Die Zukunft seines pädagogischen Kleinods hängt auch davon ab, dass es überregionale Bedeutung gewinnt. Warum nicht durch Jugendliche aus Berlin-Brandenburg, nahm ich den Faden auf. Wer mich kennt, weiß: Nach dem Urlaub, in Berlin und im Bundestag, wird das Erlebte nachgearbeitet.
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