„12 x 3“ - ein eigener Rückblick auf 2011

Die „Fokushima-Katastrophen“ holten selbst hart gesottene Atom-Fans vom Glauben. Vom „Afrikanischen Frühling“ weiß niemand, was wird. Namens der „Euro-Krise“ wurden parlamentarische Demokratien kalt gestellt. Schließlich revoltierten Hunderttausende in Russland. Panta rhei! Insgesamt bleiben mehr Fragen als Antworten, auch in Deutschland. Mein Team versucht anhand www.petrapau.de einen alternativen Rückblick - zwischen Sonne und Titanic.

Januar

Bereits im Vorfeld einer Konferenz der Zeitung „junge Welt“ wurde DIE LINKE mit einer „Kommunismus-Debatte“ beglückt. Die meisten Medien nahmen das Geschenk dankbar an. Das Super-Wahljahr 2011 war eröffnet. CDU/CSU und die FDP inszenierten eine „aktuelle Stunde“ im Plenum des Bundestages. Petra Pau beschrieb ihre Sicht in einer „Aktuellen Notiz“.

Eine Enquete-Kommission befasst sich mit dem Thema „Internet und digitale Gesellschaft“. Kompetenz ist gefragt. Deshalb sollten interessierte Bürgerinnen und Bürger als „18. Sachverständiger“ online an der Arbeit beteiligt werden. Das forderte auch DIE LINKE. Doch CDU/CSU und FDP verweigerten mit ihrer Mehrheit die Mittel für die nötige Mit-Mach-Software.

Jeweils am 27. Januar gedenkt der Bundestag der Befreiung des KZ Auschwitz. Gastredner war diesmal Zoni Weisz, ein Überlebender des „vergessenen Holocaust“ an Sinti und Roma. Die Mahnung war eindringlich, die Betroffenheit groß. Was nichts daran änderte, dass am Jahresende Tausende Sinti und Roma gnadenlos aus Deutschland ins ungewisse Kosovo abgeschoben wurden.

Februar

Aus ganz Europa versuchen seit Jahren Neo-Nazis in Dresden aufzumarschieren und die Geschichte des 2. Weltkrieges umzudeuten. 20.000 engagierte Bürgerinnen und Bürger verhinderten das zum zweiten Mal. Was sie nicht ahnten: Die Sicherheitsbehörden des „Freistaates“ überwachten alle Antifaschisten. Petra Pau klagt inzwischen juristisch dagegen.

Mit 19 Anträgen versuchte DIE LINKE im Bundestag erneut, bestehendes Renten-Unrecht zu Lasten Ostdeutscher aufzuheben. Wieder erfolglos. CDU/CSU und FDP widersprachen wortreich, SPD und Grüne stimmten mit Nein oder sie enthielten sich. Und so bleibt: Selbst „Ossis“, die am 3. 10. 1990 als „Einheitsdeutsche“ geboren wurden, werden benachteiligt.

In Magdeburg fand ein "Parlamentarier-Tag" der LINKEN „für eine Erneuerung der Demokratie“ statt. DGB-Chef Michael Sommer war Gast-Redner. Petra Pau mahnte in ihrem Beitrag, mehr Demokratie nicht auf die Klassiker Wahlen, Abstimmungen, Teilhabe zu beschränken. Was auch bedeutete, dass der Programm-Entwurf der Linkspartei zu kurz greife.

März

Eine dreifache Katastrophe erschütterte Japan - und die Welt: ein Erdbeben, ein Tsunami und Atom-Meiler, die darob außer Kontrolle gerieten. Allein in Berlin, Hamburg, München und Köln demonstrierten rund 250.000 Bürgerinnen und Bürger gegen die Atom-Politik der Bundesregierung. Die lenkte ein und beschloss einen (halbherzigen) Ausstieg aus der Atom-Energie.

„Auf Demokratie-Tour“ war Petra Pau drei Tage lang in Sachsen-Anhalt, Konkret in Regionen, in denen Neo-Nazis besonders präsent sind, und bei Initiativen, die sich dagegen engagieren. Zur Landtagswahl verfehlte die NPD die 5-Prozent-Hürde. Gleichwohl wurde sie zweistellig bei Arbeitslosen, prekär Beschäftigten, jungen Männern und auf dem Lande gewählt.

Aufsteiger K. T. zu Guttenberg erklärte seinen Rücktritt als Bundes-Minister - gehetzt, zerknirscht, verkannt - trotz Rückendeckung von Bundeskanzlerin Merkel. Ende des Jahres droht er aus dem USA-Exil seiner Bayerischen CSU mit Vergeltung und Heimkehr. Er wurde ohnehin von den Falschen und zu Unrecht verstoßen, befand Petra Pau bereits im März 2011.

April

DIE LINKE beschäftigt sich vor allem mit sich. Das behaupten Medien. Das beklagen Mitglieder. Und das stimmt auch. Jedenfalls ist der wahrnehmbare Eindruck verheerend. Petra Pau sprach dazu auf der Hauptversammlung der LINKEN in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf. Sie prophezeite, was sie nicht wollte, und was schließlich dennoch so kam.

Vor 50 Jahren fand in Israel der Prozess gegen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann statt. Eine Ausstellung in der Berliner Gedenkstätte &„Topografie des Terrors“ erinnerte daran. Extra angereist dazu war Gabriel Bach, damals stellvertretender Chefankläger. Er besuchte zudem Petra Pau im Bundestag und gab bei dieser Gelegenheit der Fraktion DIE LINKE ein Interview.

Außenminister Guido Westerwelle will oder soll nicht mehr Vorsitzender der FDP sein. In Umfragen und bei Landtagswahlen ist die Regierungspartei seit Monaten im freien Fall, während die Grünen in lichten Höhen schweben. „Ich kommentiere keine Personaldebatten in anderen Parteien“, sagte Petra Pau dazu im „Wortlaut“, ein Interview der Fraktion DIE LINKE. Aber...

Mai

In der Pressestelle der Fraktion DIE LINKE häufen sich Fragen von Journalisten. „Hat sich Petra Pau zurückgezogen oder wurde sie? Man hört so wenig von ihr!“ Richtig ist: Petra Pau ist erkrankt, an der Stimme. Sie ist zur Kur in einer Spezialklinik im Südwesten und auf dem Weg der Besserung. Aber: Gut Ding will Weile haben und Geduld und Mühe.

Die Präsidien der Französischen Nationalversammlung und des Deutschen Bundestags tagen gemeinsam am Bodensee. Es ging auch um eine stärkere Beteiligung nationaler Parlamente an EU-Entscheidungen. Zum Programm gehörte die Insel Mainau. Hier hatten 18 Nobel-Preisträger übrigens 1955 eindringlich vor atomaren Waffen und Kriegen gewarnt.

Seit längerem beschäftigen sich Linke, von der eigenen Partei oft unbemerkt, mit der digitalen Welt, praktisch, rechtlich, politisch. Nunmehr schalteten sie ein neues Web-Angebot frei, die „Digitale LINKE“. Auch parlamentarische Initiativen von Petra Pau sind vermerkt. Sie leitet als Vizepräsidentin die Informations- und Kommunikations-Kommission des Bundestags.

Juni

„Freiheit trifft Gleichheit“ war ein thematischer Nachmittag auf dem evangelischen Kirchentag in Dresden überschrieben. Petra Pau war für Impulse gefragt und debattierte kontrovers mit Vera Lengsfeld (CDU). Sie stritt für beides - gleichberechtigt - und warb in „Mein Wort zum Podium“ für eine Solar-Revolution und ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Nach der „Kommunismus-Debatte“ wurde der LINKEN nunmehr eine „Antisemitismus-Debatte“ beschert. Wieder forciert durch die Union, wieder nicht ohne eigenes Zutun. Im Bundestag flogen bereits im Mai die Fetzen, von nahezu allen Seiten, beschämend. DIE LINKE reagierte aufgeregt, nicht klärend. Petra Pau agierte u. a. mit einer „Aktuellen Notiz“.

„Kein Artikel des Grundgesetzes wird so oft mit Füßen getreten, wie Artikel 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das monierte Petra Pau in ihrer Rede am Berliner Mahnmal für die verfolgten und ermordeten Homosexuellen in Nazi-Deutschland. Zugleich warb sie für ein neues Magnus-Hirschfeld-Institut. Zumindest die Gründung ist derweil beschlossene Sache.

Juli

Der „Afrikanische Frühling“ war nach den Katastrophen von Fukushima das zweite weltweite Medienereignis 2011. Das offizielle Europa jubelte. Nun wurde publik, dass Deutschland Panzer nach Saudi-Arabien liefert, die wiederum Aufstände in Nachbarstaaten zerschießen. DIE LINKE forderte daraufhin im Bundestag ein Exportverbot - vergebens.

Wie Jahre zuvor auch verbringt Petra Pau ihren Sommerurlaub im bergigen Bayern. Und wie gehabt, ist sie dabei wieder einen Tag lang mit der regionalen LINKEN im Allgäu unterwegs, diesmal auf Ökologie-Spuren: in der Umwelt-Station in Legau, im Bauernhof-Museum Illerbeuren und in der Stadt Kempten, die dank „Solar“ 2020 energieautark sein will.

Mehrfach hatte Petra Pau Interviews zur LINKEN ausgeschlagen. Von den beliebten Personal-Debatten hält sie ohnehin nichts. Nun also doch. „Die Sonne ist eine Linke“, behauptete sie im „Neuen Deutschland“. Es geht um solare Herausforderungen, um falsche Stalinismus-Debatten, um linke Kampagnen gegen Linke und um die laufende Programm-Debatte.

August

Generalsekretäre sollen Beißen und Wüten. So hört man es immer wieder, in Medien, von Parteien. Und so forderte Alexander Dobrindt als solcher namens der CSU ein Verbot der LINKEN. Die Linkspartei fordere einen Systemwechsel, alarmierte er seine weiß-blauen Bierzelt-Schwadrone. „Doch da war doch was“, erinnerte Petra Pau in einer „Aktuellen Notiz“.

Das „Forum Demokratischer Sozialismus“ gilt etlichen innerparteilichen Kampfhähnen und -hühnern der LINKEN als schwer akzeptabler rechter Flügel. Im August publizierte das fds aus aktuellem Anlass eine Dokumentation von Erklärungen der PDS und der LINKEN zum 13. August 1961. Dazu gehören auch frühere und aktuelle Beiträge von Petra Pau.

Ilse Panzer besuchte Petra Pau im Bundestag. Sie ist die Tochter des ermordeten Reichstagsabgeordneten Willi Skamira (KPD) und inzwischen 90 Jahre alt. Im Bundestag finden sich viele historische Zeugnisse deutscher Geschichte. Als Dank für die Gespräche und die Führung übergab Ilse Panzer ein Manuskript ihrer öffentlichen Lesung „Politisches rückwärts gesehen“.

September

Das Handelsblatt publiziert „Das Titanic-Szenario - der Euro steuert auf den Eisberg zu.“ Der Artikel ist erfunden, von Journalisten und Beratern. Prognostiziert wird das Ende der Europäischen Union. „Die LINKE hat die EU nie geliebt. Aber nun ist sie als pro-europäische Partei gefordert, wie nie zu vor“, mahnt Petra Pau und empfiehlt daher die Fiktion.

„Netz für alle“ war die erste „netzpolitische Konferenz der Fraktion DIE LINKE und der Rosa-Luxemburg-Stiftung“ überschrieben. Sie fand in Berlin-Kreuzberg statt und viele Interessierte kamen, auch Petra Pau war dabei. Die digitale Welt bricht - mit viel Widersprüchlichem - mit viel Herkömmlichen. Ein Tagungs-Blog lässt nachvollziehen, was wie diskutiert wurde.

Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus verliert DIE LINKE erneut. Sie hatte zehn Jahre in der Hauptstadt gemeinsam mit der SPD regiert - als Vorzeige-Projekt oder als Hass-Objekt - je nach Sicht. Petra Pau plädiert wenig später für eine kritisch-solidarische Analyse in der gesamten Partei DIE LINKE. Sie wandte sich gegen den linken Slogan „Kurs halten“.

Oktober

Transformation im Kapitalismus und darüber hinaus“ war eine zweitägige Konferenz der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ überschrieben. Es ging darum, eine Alternative wissenschaftlich zu fundieren, die derzeit in der Partei DIE LINKE nicht mehrheitsfähig ist. Prof. Dr. Dieter Klein gab den Impuls, der sofort bei Facebook unter der Überschrift „Das Viereck“ kursierte.

„Occupy“ heißt es weltweit. Eine Protestbewegung gegen die Allmacht der Banken entwickelt sich. Allein am 15. Oktober gab es Demonstrationen in 950 Städten in 80 Staaten. Petra Pau war in Berlin dabei. Tausende gingen allein dort auf die Straße, bunt und bestimmt. Parteien und ihre Symbole waren nicht erwünscht. Sie gelten als Problem, nicht als Lösung, auch DIE LINKE.

96,7 Prozent aller Delegierten stimmten auf einem Parteitag in Erfurt dem Grundsatz-Programm der LINKEN zu. Zwei Monate später wird es per Urabstimmung durch die Mitgliedschaft bestätigt. Es ist ein Kompromiss-Programm und zugleich unter den aktuellen Bundestagsparteien das einzige, das den Kapitalismus nicht für das Ende der Geschichte hält.

November

Als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages weihte Petra Pau in Rotterdam das nunmehr fünfte Denkmal ein, das an der „Kindertransporte“ 1938/39 erinnert. Weitere stehen in Berlin, Gdansk, London und Wien. Historisch geht es um rund Zehntausend jüdische Kinder, die das faschistische Deutschland noch gen England verlassen konnten und so dem Holocaust entkamen.

Eine Mordserie deutscher Neo-Nazis wird publik. Politiker und Medien geben sich erschüttert oder sind es sogar. Sie lebten offenbar lange in einer Parallel-Welt. Und auch weiterhin ist Aufklärung Mangelware. Der Schock wird eingeschläfert. Geheimrunden sollen klären, warum Geheimdienste versagt haben. Petra Pau äußerte sich dazu „Im Wortlaut“ der LINKEN.

Eine unabhängige Kommission legt einen Expertenbericht „Antisemitismus in Deutschland“ vor. Demnach sind antijüdische Stereotypen in allen Schichten der Gesellschaft abrufbar. Eine Strategie gegen Antisemitismus indes gäbe es nicht. Darüber, über „Gleis 17“, sächsische Verhältnisse und eine besondere Museumsführung spricht Petra Pau im „Interview der Woche“.

Dezember

In Berlin fand eine internationale Roma-Konferenz „Willkommen daheim?“ statt. Veranstalter waren die Linksfraktionen im EU-Parlament, im Bundestag, im Abgeordnetenhaus sowie die Rosa-Luxemburg-Konferenz. Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet und aus weiteren europäischen Staaten waren gekommen.

Professor Wilhelm Heitmeyer und Team stellen den vorerst letzten Jahresbericht der Langzeituntersuchung „Deutsche Zustände“ vor. Verkürzt geht es darin um „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Sie nimmt zu. Sein Resümee über zehn Jahre Bundespolitik: Das Soziale wird ökonomisiert, die Demokratie entleert und die gesellschaftliche Solidarität schwindet.

Im Plenum des Bundestags wird über die Nazi-Mord-Serie, seine Hintergründe und das offensichtliche Versagen der Sicherheitsbehörden debattiert. Petra Pau sprach für die Fraktion DIE LINKE. Derweil geht der parteipolitische Streit über die parlamentarische Aufklärung weiter. DIE LINKE fordert einen Untersuchungsausschuss, die Grünen auch, die SPD zögert.

Petra Pau,
31. 12. 2011

 

 

31.12.2011
www.petra-pau.de

 

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