1. |
Ich habe noch die entsetzten Gesichter in Erinnerung, als die Nazi-
Mordserie der so genannten Zwickauer Zelle publik wurde.
Entsetzen auch hier im Bundestag, quer durch alle Fraktionen.
Wir sollten uns dieses Innehalten bewahren und nicht gleich wieder ins
parteipolitische Klein-Klein verfallen. Ich finde: Das sind wir auch allen
Opfern und ihren Angehörigen schuldig.
|
2. |
Zumal viele Fragen weiterhin offen sind. Deshalb hat DIE LINKE diese
Debatte beantragt. Es geht um die Frage, wie viele Menschen in
Deutschland seit 1990 von Nazis getötet wurden.
Die Recherche seriöser Journalisten belegt 138 Todesopfer. Hinzu
kommen aktuell die zehn Morde der Nazi-Zelle. Also insgesamt 148. Das
sind erschreckende Zahlen.
|
3. |
Die Bundesregierung verharrt auf Nachfrage der LINKEN bei 48
Todesopfern. Die Differenz ist gravierend. Die Bundesregierung verweist
dabei lapidar auf die Angaben der Landesregierungen.
Sie könnte auch auf die Berichte aller Ämter für Verfassungsschutz
verweisen. Stets wurde verneint, dass es systematische rechtsextreme
Gewalt oder gar Nazi-Terror gäbe. All das gehört zum Problem.
|
4. |
Wir haben offenbar eine gravierende Fehlstelle in der offiziellen
Wahrnehmung rechtsextremer Gefahren. Was wiederum bedeutet: Ist die
Analyse falsch, dann ist auch alles falsch, was darauf fußt.
DIE LINKE wiederholt daher ihre Forderung: Wir brauchen endlich eine
partei-politisch unabhängige Beobachtungsstelle gegen
Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.
|
5. |
Zu den übergeordneten Fragen gehören auch die Rolle der V-Leute und
damit der Beitrag des Staates bei der Duldung oder gar Unterstützung
rechtsextremer Strukturen und gewalttätiger Nazis.
Spätestens jetzt dürfte klar geworden sein: V-Leute sind keine netten
Informanten, sondern gekaufte Spitzel und bezahlte Täter. Deshalb fordert
DIE LINKE: Die V-Leute sind abzuschalten, unverzüglich, alle.
|
6. |
Die offenen Fragen betreffen nicht nur Versäumnisse oder Beihilfen von
Landesbehörden in Thüringen, Sachsen, Niedersachsen oder Hessen. Sie
gelten auch Bundesbehörden. Auch sie müssen geklärt werden.
Aber nicht durch ein handverlesenes Trio des Bundesinnenministers. Das
nährt ja nur den Verdacht, dass vertuscht und verdrängt werden soll. Die
Aufklärung muss unvoreingenommen, radikal und transparent sein.
|
7. |
Deshalb sollten endlich auch zivilgesellschaftliche Initiativen zu Rate
gezogen werden. Sie sind offensichtlich kompetenter, als die meisten
Behörden. Wir sollten sie endlich stärken und nicht länger verprellen.
Der Kampf gegen Rechtsextremismus wird in und mit der
Zivilgesellschaft gewonnen - oder verloren. Da hilft kein ad-hoc-
Aufstand. Dazu gehört ein langer Atem Anständiger und Zuständiger.
|
8. |
Es gibt inzwischen den Bericht einer unabhängigen Expertenkommission
zum Antisemitismus. Er kommt zu dem Schluss: Es fehlt an einem
politischem Gesamtkonzept im Kampf gegen Antisemitismus.
Dasselbe Manko haben wir beim Rechtsextremismus. Die falschen und
verengten Zuständigkeiten der Bundesregierung gehören dazu. Kurzum:
Die großen Fragen vertragen keine kleinen Antworten.
|
9. |
Schließlich: Wir haben eine Krise der EU. Es geht nicht nur um Finanzen.
Sozialabbau, Demokratieabbau und eine allgemeine Verunsicherung
werden forciert. Was glauben sie, wem das in die Hände spielt?
Nahezu in ganz Europa sind Rechtspopulisten und Rechtsextreme auf
dem Vormarsch. Mit innerer Hochrüstung ist dem nicht zu begegnen,
nicht mit Vorratsdatenspeicherung, nicht mit Spezialeinheiten.
Deshalb nochmals: Wir schulden der Demokratie große Antworten.
|