Rückblick 2009 – 12 x drei

2009 war in Deutschland gerüttelt voll mit „20-Jahre-Fest-Spielen“ und „60-Jahr-Feiern“. Die einen gefielen sich darin, andere schüttelten den Kopf, noch mehr hatten ohnehin andere Sorgen. Mein Team bietet anhand meines „Webs“ erneut eine alternative Sicht an: „12 x 3“, drei ausgewählte Ereignisse je Monat.

Januar

Wurde Rosa Luxemburg wirklich in der „Gedenkstätte der Sozialisten“ begraben? Seit 2009 hegen Historiker und Mediziner Zweifel daran. Sie sind nicht ausgeräumt. Dessen ungeachtet kamen traditionell am 2. Sonntag des neuen Jahres wieder 80.000 aus nah und fern nach Berlin-Friedrichsfelde, um an die 1919 ermordeten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zu erinnern.

Rot-Rot in Hessen schien seit 2008 möglich. Aber vier SPD-Abgeordnete boykottierten das Links-Bündnis. Es kam zu Neuwahlen. Sie gingen letztlich zugunsten des vordem abgewählten Roland Koch (CDU) aus. Auch Petra Pau war 2009 erneut im Hessischen Wahlkampf unterwegs. DIE LINKE wurde - trotz aller Anfeindungen - zum 2. Mal in den „Wiesbadener“ Landtag gewählt.

Das „Forum Demokratischer Sozialismus“ der Partei DIE LINKE beriet am 17. Januar im „Karl-Liebknecht-Haus“. Es wurden zwei Erklärungen beschlossen: zur EU-Wahl „Europäische Integration statt nationalstaatlicher Borniertheit“ und auf Antrag von Petra Pau zum eskalierenden Nah-Ost-Konflikt „Frieden jetzt: Für Israel, für Palästina, für Menschenrechte“.

Februar

Mit vier Festakten an einem Tag wurde in Deutschland der „Weimarer Verfassung“ gedacht, die vor 90 Jahren in Kraft trat. DIE LINKE hatte aus diesem Anlass zu einer szenischen Lesung ins National-Theater Weimar geladen. Es war hoffnungsfroh überfüllt. Petra Pau fiel der historische Part von Friedrich Neumann (DDP) zu, eines liberalen Ur-Opas von Guido Westerwelle.

„Interview der Woche“ ist eine Standard-Rubrik im Web-Angebot der Fraktion DIE LINKE. Petra Pau griff diesmal den gerade publik gewordenen Datenskandal bei der Bahn AG auf und das Versagen der Politik an. Dabei war zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht einmal bekannt, dass das Bundes-Unternehmen dabei alle 240.000 Mitarbeiter total im geheimen Visier hatte.

Der Förderverein der Gehörlosen der neuen Bundesländer e. V. hatte ins „Wilhelm Merten Haus“ nach Berlin, Prenzlauer Berg, geladen. Sehr viele kamen, manche von weither angereist. Auf dem abendlichen Programm stand ein politischer Dialog mit Petra Pau. Das Themen-Potpourri reichte von zumeist fehlenden Untertiteln bei TV-Nachrichten bis - wie fast immer - zu „Hartz IV“.

März

Dank Jan Korte fand im Bundestag eine Anhörung zu „Kriegsverrätern“ statt. Diese hatten sich zwischen 1939 und 1945 der Wehrmacht verweigert, galten in Deutschland aber deshalb noch immer als Straftäter. Im September 2009 hob der Bundestag diese juristische Altlast endlich auf, wobei die Unions-Parteien sich erneut weigerten, dies gemeinsam mit der Fraktion DIE LINKE zu tun.

Petra Pau reiste sechs Tage durch Israel. Sie besuchte Mahn- und Forschungs-Stätten zum Holocaust und sie beriet sich mit zahlreichen Experten über moderne Formen einer wirksamen Erinnerungskultur. Zeitgleich eröffnete die Rosa-Luxemburg-Stiftung ein Büro in Tel Aviv. Petra Pau illustrierte in ihrer Symposiums-Rede ihre aktuelle Sicht auf „Sozialismus und Freiheit“.

„Wir zahlen nicht für eure Krise!“ waren am 28. 03. weltweit zahlreiche Kundgebungen gegen ungezügelten Kapitalismus überschrieben. In Berlin demonstrierten über 20.000 Leute, auch Petra Pau. Die „Montags-Demos“, auf denen seit 2004 gegen „Hartz IV“ protestiert wird, gibt es ebenfalls noch. Petra Pau war im Burgenlandkreis und sprach mit Betroffenen in Weißenfels.

April

17 Jahre lang währte der Kampf mehrerer Bürgerbewegungen in der Kyritz-Ruppiner Heide gegen die Reaktivierung des „Bombodrom“ als Militärareal für die Nato. Zum Ostermarsch war Petra Pau daher wiederum in Fretzdorf. Nach zahlreichen juristischen Niederlagen teilte das Bundesverteidigungsministerium nun mehr im Sommer seinen Verzicht auf den Bombenabwurfplatz mit.

Dem Bundestag lagen drei Anträge für direkte Demokratie auf Bundesebene vor, je einer von der FDP, der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grünen. Das Ansinnen scheiterte zum x.-mal an der CDU/CSU und der SPD. Petra Pau sprach in der Plenar-Debatte für DIE LINKE. „Mehr Demokratie e.V.“ startete daraufhin eine bundesweite Kampagne. Der Verein sucht weiterhin Unterstützer.

Mit viel Prominenz und noch mehr Geld ungeklärter Herkunft führte die Initiative „Pro Reli“ eine Kampagne gegen den verbindlichen Ethik-Unterricht an Berliner Schulen. „Ethik“-Fürsprecher, wie Petra Pau, versuchte man durch Gerichte in Köln zu „zähmen“. Am 26. April kam es dann zur finalen Berliner Volks-Abstimmung. Sie endete mit einem Fiasko für „Pro Reli“.

Mai

Serge und Beate Klarsfeld wurden weltbekannt für ihr Engagement gegen jedwede Verharmlosung der NS-Zeit, insbesondere in Deutschland. Beide besuchten Berlin auf Einladung der Fraktion DIE LINKE. Gregor Gysi schlug sie für das Bundesverdienstkreuz vor. Petra Pau erinnerte mit ihnen auf dem Bebel-Platz an die faschistischen Bücherverbrennungen anno 1933.

In Berlin wurden 500 Entwürfe für ein „Einheits- und Freiheits-Denkmal“ vorgestellt. Die Fraktion DIE LINKE hatte die Jubel-Idee mehrfach abgelehnt, weil sie der Geschichte nicht gerecht wird. Der Deutsche Bundestag beschloss sie dennoch. Gleichwohl fand kein Modell den Segen der Jury. Zu Recht nicht, befand Petra Pau in einer „Aktuellen Notiz“: „Des Kaisers neue Freiheit!“

Horst Köhler wurde mit den Stimmen der CDU/CSU und der FDP zum zweiten Mal Bundespräsident. Das Votum war hauchdünn. Für DIE LINKE hatte der Schauspieler Peter Sodann kandidiert. Er zog monatelang durch die Lande und traf dabei zunehmend Volkes Stimme. Dafür wurde er in vielen Medien heftig gescholten. Er erhielt dennoch zwei Stimmen mehr, als DIE LINKE hatte.

Juni

Das „Fest der Linken“ ist eine erst 2008 begründete Doppel-Veranstaltung der Linkspartei und der Tageszeitung „Neues Deutschland“ in der Kultur-Brauerei Prenzlauer Berg. Wieder kamen Zehntausende aus der gesamten Bundesrepublik deshalb nach Berlin. Der Mix aus Politik, Kultur und Volksfest mausert sich zur Tradition. Auch Petra Pau bestritt wieder mehrere Podiums-Diskussionen.

In den Staaten der Europäischen Union wurde ein neues EU-Parlament gewählt. DIE LINKE in Deutschland schnitt dabei mit 7,5 % zwar besser ab als 2004, aber schlechter als intern erhofft. Sie behauptete sich zugleich gegen den Trend, denn EU-weit erlebte die Linke einen Einbruch. Noch mehr „verloren hat vor allem die Demokratie“, notierte Petra Pau nach der Wahl.

Die „Heinz-Schwarzkopf“-Stiftung bot in Berlin ein dreitägiges Seminar über Antisemitismus in Europa an. Daran nahmen vorwiegend Schülerinnen und Schüler teil. Das jugendliche Interesse überraschte selbst Petra Pau, die auf Wunsch des Veranstalters den Eröffnungs-Vortrag hielt. Darin spann sie einen Bogen vom alten zum neuen Antisemitismus, mit Parallelen und Differenzen.

Juli

Im Plenum des Bundestages gab es auf Antrag der FDP eine Generaldebatte zur Wahrung der Grundrechte in der Bundesrepublik Deutschland. Petra Pau sprach für die DIE LINKE und warnte vor einem systematischen Umbau eines demokratisch verfassten Rechtsstaates zu einem präventiv agierenden Sicherheitsstaat. CDU/CSU und SPD empörten sich zunehmend vernehmbar.

Nach Plänen der Bundesregierung sollen rund 300 ost-deutsche Seen privatisiert werden. Das Ansinnen geht auf eine Regelung aus dem Einheits-Vertrag zurück und betrifft ca. 15.000 Hektar Wasserfläche. Umwelt-Verbände schlagen Alarm und initiieren eine der bislang größten elektronischen Massen-Petitionen an den Deutschen Bundestag. Die Entscheidung ist noch offen.

Das Bundesverfassungsgericht rüffelt die Bundesregierung. FDP, Linke und Grüne hatten geklagt, weil die Regierung Untersuchungsausschüssen und damit dem Bundestag wichtige Zeugnisse aus Geheimhaltungsgründen vorenthalten hatte. Bei dem Versuch, den Bundeswehr-Schlag bei „Kundus“ aufzuklären, wird indes das alte Spiel versucht: Geheim geht vor Transparenz.

August

„Disput“ heißt das Mitglieder-Magazin der Partei DIE LINKE. Es erscheint monatlich und kann abboniert werden. „Schiedsrichterin, Aufsichtsrätin, Diplomatin“, ist in der Augustausgabe ein Artikel von Petra Pau über ihre Aufgaben einer Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags überschrieben. Auch Stefan Heym und der Verfassungsschutz kommen in dem Beitrag vor.

Wieder einmal wurde Petra Pau zum „Bonn-Berlin-Umzug“ befragt, diesmal von der Abendschau des rbb. Sie plädierte für den Komplett-Umzug aller Ministerien vom Rhein an die Spree - aus finanziellen und aus ökologischen Erwägungen. Aber nicht in Wahlkampf-Zeiten, wo die parlamentarische NRW-Übermacht immer enger zusammenrückt, als klug ist, auch innerhalb der Linken.

Das Superwahljahr 2009 nahm seinen Lauf. Am 30. August wurden im Saarland, in Sachsen und in Thüringen neue Landtage gewählt. DIE LINKE bekam jeweils über 20 Prozent aller Stimmen. Die CDU wurde abgewählt. Das gab Aufwind für die bevorstehende Bundestagswahl. Und ganz praktisch stand die Frage im Raum: Wer hält die CDU im Amt? - Die SPD oder die Grünen?

September

Seit den 1970er Jahren lädt der Berliner Senat emigrierte Jüdinnen und Juden zu Besuch ein. Sie mussten bzw. konnten zwischen 1933 und 1945 dem NS-Regime und damit dem Holocaust entkommen. Erneut empfing Petra Pau als Vize-Präsidentin die inzwischen hoch betagten Damen und Herren im Bundestag zum Gespräch. Viele wagten sich erstmals wieder nach Deutschland.

Europaweit protestierten am 12. 09. Bürgerinnen und Bürger gegen ihre zunehmende Überwachung und für mehr Datenschutz. „Freiheit statt Angst“ war die Demonstration in Berlin überschrieben. Petra Pau sprach für DIE LINKE auf einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus. Maßgeblichen Anteil an der Massen-Demo hatte wiederum der „AK Vorrats-Datenspeicherung“.

Am 27. 09. wurde der 17. Bundestag gewählt. DIE LINKE bekam erstmals zweistelligen Zuspruch und das bundesweit. Die Unions-Parteien wurden klar abgemahnt, die SPD erlebte ein Desaster. Ein 5-Parteien-System ist Fakt. Petra Pau errang ihr viertes Direktmandat für den Bundestag, diesmal sogar mit 47,8 Prozent aller Erst-Stimmen in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf.

Oktober

Die Fraktion DIE LINKE konstituierte sich bei Rheinsberg - nunmehr noch größer, bunter, westlicher und weiblicher. Ein 10-Punkte-Sofortpogramm wurde beschlossen. Überraschend kandidierte Oskar Lafontaine nicht wieder als Co-Vorsitzender. Die Medien spekulierten darob ungezügelt. Aber auch innerhalb der Linkspartei konnte so mancher nicht sein „Maul halten.“

Heidi Knake-Werner (DIE LINKE), seit 2002 Sozial-Senatorin im rot-roten Berliner Senat, übergibt ihr Amt an Carola Bluhm (DIE LINKE). Sprecher zahlreicher Sozial-Verbände sowie von Initiativen für Integration bedanken sich auf dem Empfang im Roten Rathaus bei HKW ausdrücklich. „Stil und Inhalt“ linker Regierungspolitik unterschieden sich wohltuend von bisher erlebtem.

Pro Jahr kommen zwei, drei Dutzend Besuchsgruppen zu Petra Pau in den Bundestag. Manche bleiben besonders in Erinnerung. So eine Auswahl junger Bundeswehr-Offiziere: geschultes Personal mit zumeist klaren Feindbildern über die DDR und DIE LINKE. Oder eine Delegation deutsch-englischer Journalisten. Sie wiederum waren ungewohnt aufgeschlossen und neugierig.

November

„Was tun gegen Rechtsextremismus - helfen Verbote?“, war eine gut besuchte Podiumsdiskussion mit Petra Pau in Stadthagen überschrieben. Zugleich droht neues Ungemach. CDU/CSU und FDP haben Rechts, Links, Islam und SED per Koalitionsvertrag zu einem extremistischen Einheits-Brei verrührt. Damit ist offen, welche Initiativen gegen Rechtsextremismus noch gefördert werden.

Im Karl-Liebknecht-Haus tagte die Bundesarbeitsgemeinschaft „Bürgerrechte und Demokratie“ der Partei DIE LINKE. Petra Pau ist eine von drei Sprecher(innen). Die BAG-Mitglieder drängen darauf, die Programm-Debatte innerhalb der Linkspartei zügig zu beginnen. Außerdem soll rund um den 11. 09. 2010 die 2. Datenschutzkonferenz der Linken stattfinden.

Als Vize-Präsidentin vertrat Petra Pau den Bundestag auf einer Konferenz von Parlamentspräsidenten ost-europäischer EU-Staaten. Anlass war der 20. Jahrestag der „samtenen Revolution“. Sie nutzte ihren Aufenthalt in Prag zugleich für Gespräche mit Repräsentanten der Föderation der jüdischen Gemeinden in Tschechien und zu einem Besuch im Jüdischen Viertel.

Dezember

Das „Swift-Abkommen“ erlaubt US-Geheimdiensten Einblicke in alle Konto-Bewegungen von Bürgerinnen und Bürger der EU. Es wurde mit Duldung von Bundes-Innenminister de Maizière (CDU) vereinbart. Dazu gab es eine nachträgliche Plenar-Debatte im Bundestag. Petra Pau lehnte namens der Linksfaktion das Abkommen und das Verfahren als „undemokratisch“ ab.

Polizei-Auslands-Einsätze sind unbemerkte Normalität. Sie finden vorwiegend in Krisengebieten statt, auch in Afghanistan. Petra Pau nahm in Ahrensfelde an einem Jahres-Empfang für so eingesetzte Polizisten teil. Sie fordert weiterhin einen „Parlamentsvorbehalt“, so dass kein Polizist länger ohne Begründung und ohne Beschluss des Bundestags ins Ausland geschickt werden darf.

In Berlin-Charlottenburg werden jeden Donnerstag koschere Lebensmittel für Bedürftige verteilt. Fast alle sprechen russisch. Petra Pau besuchte die Synagoge. Zu den Hartz-IV-Helfern des Rabbis gehören Professoren für Pädagogik, Kultur, Mathematik. Ihre Qualifikationen gelten hierzulande nichts. Seit langem fordert DIE LINKE die Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse.

2009 Unterwegs: Als linke Abgeordnete und Vizepräsidentin des Bundestages engagierte ich mich natürlich in Berlin, allemal im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf. Aber ich war auch wieder bundesweit und weiter unterwegs:
 
zum Beispiel in
Ahrendsfelde, Altenburg, Arnstadt, Bad Nenndorf, Blumenstadt, Engelsbach, Erkner, Essen, Frankfurt a. M., Fretzdorf, Fürstenberg, Füssen, Grünstadt, Joachimsthal, Kaufbeuren, Köln, Lauingen, Limburg, Mindelheim, Naumburg, Oberstaufen, Pinneberg, Pirmasens, Rain am Lech, Rheinsberg, Schmölln, Sonneberg, Stadthagen, Sternberg, Weimar, Weißenfels, Winnenden, Wörishofen, Zeitz, Zweibrücken.
 
Außerdem in:
Annecy-le-Vieux, Gdansk, Haifa, Jerusalem, London, Prag, Tel Aviv, Ramallah,
 
Petra Pau,
30. 12. 2009

 

 

30.12.2009
www.petra-pau.de

 

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