Aktuelle Notiz: Extremismus-Falle
von Petra Pau
Berlin, 22. November 2009
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In der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und FDP steht: Vereinbart wurde die Fortführung der vom Bund geförderten Programme gegen Rechtsextremismus als ‚Extremismusbekämpfungsprogramme' unter Berücksichtigung der Bekämpfung linksextremistischer und islamistischer Bestrebungen sowie die Erstellung eines Jahresberichts (...) zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
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Inhaltlich bedeutet das: Links, Rechts, Islam und SED werden zu einem dumpfen Brei verrührt. Damit übernimmt die neue Regierungskoalition die Totalitarismus-Theorie, ein schon immer umstrittenes Kampf-Theorem aus der Zeit des Kalten Krieges. Prof. Dr. Butterwegge hat diese Irrlehre erneut und aktuell kritisiert. Nachzulesen unter http://www.jungewelt.de/2009/11-19/001.php?sstr=Butterwegge.
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Praktisch bedeutet das: Die ohnehin mageren und stets unsicheren 24 Millionen Euro, die der Bund bislang für Projekte gegen Rechtsextremismus und für dessen Opfer bereitgestellt hat, werden gevierteilt, also minimiert. Der Kampf gegen alte und neue Nazis wird vernebelt und geschwächt. Obendrein werden alle zivilgesellschaftlichen Initiativen angehalten, sich dieser fatalen Logik zu unterwerfen.
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Wer es tut, wird belobigt. Exit ist eine wichtige Initiative, die versucht, jungen Leuten den schwierigen Ausstieg aus der Neo-Nazi-Szene zu erleichtern. Noch vor Jahresfrist war die Exit-Zukunft finanziell bedroht. Auch DIE LINKE hatte dagegen aufbegehrt. Nun heißt es im Koalitionsvertrag: Aussteigerprogramme gegen Extremismus werden wir weiterentwickeln, ihre Finanzierung sicherstellen...
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Also alles auf gutem Wege? Im Gegenzug wurde im Newsletter von Exit unkommentiert eine Erklärung der CDU verbreitet. Darin wird die oben kritisierte Gleichsetzung aller vermeintlichen Extremismen als Erfolg gefeiert. Es lohnt den Streit nicht, ob Exit-Aktivist Bernd Wagner dies tut, weil er inzwischen so denkt, oder weil er damit lediglich sein wichtiges Projekt finanziell absichern will.
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Das eigentlich fatale und gefährliche ist: Gegen Rechtsextremismus hilft nur ein (partei)übergreifendes Engagement der Zivilgesellschaft mit einem langen Atem. In vielen Orten und Regionen gibt es das, zuweilen Konflikt beladen, aber sehr oft erfolgreich. Die neue Regierungs-Koalition versucht nun genau das zu torpedieren. Sie schwächt damit zivilgesellschaftliches Engagement, anstatt es verlässlich zu stärken.
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