Sehr geehrter Alexander Arent,
Sie hatten mich am 13. August 2007 nach rot-roten Bestrebungen in Berlin gefragt. Demnach soll das ASOG (Allgemeines Gesetz zum Schutz der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung) und mit ihm Befugnisse der Polizei erweitert werden. Ich versprach, mich kundig zu machen. Das tat ich, nun meine Meinung dazu.
Grundsätzlich stimme ich einem Kommentar in der Berliner Zeitung zu. Der Autor schrieb sinngemäß: Die einzelnen Vorhaben sind nicht das Problem. Aber die Richtung stimmt bedenklich. Worum geht es:
Erstens sollen bei Super-Veranstaltungen Video-Aufnahmen helfen, etwa bei der Koordinierung von Hilfs- oder Rettungsmaßnahmen. Das halte ich für unbedenklich, möglicherweise so gar für hilfreich, zumal keine Aufzeichnungen erlaubt werden sollen. Die Befugnis gilt nicht für übliche Straßen- oder Volksfeste, sondern nur für Ausnahmeveranstaltungen mit Hunderttausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Zweitens soll es der Polizei ausnahmsweise möglich sein, den Aufenthaltsort von gefährdeten Personen via Handy zu orten. Wohlgemerkt: Nicht von so genannten Gefährdern, sondern von Personen, die zum Beispiel suizid-gefährdet sind oder die, weil chronisch krank, eine schnelle medizinische Hilfe benötigen. Bleibt es bei dieser Beschränkung und bei einer kontrolliert, engen Auslegung dieser Befugnis, kann auch das vernünftig sein. Ich merke allerdings an: Viel hängt von der konkreten Gesetzesformulierung ab. So muss zum Beispiel ausgeschlossen werden, dass ein gewalttätig, wütender Mann seine Ehefrau mit dem Vorwand suchen lässt, sie wollte sich das Leben nehmen.
Drittens geht es wieder um Video-Einsätze, diesmal bei Verkehrskontrollen. Zum Eigenschutz der Polizisten sollen diese demonstrativ mitgefilmt werden, wobei die Aufnahmen umgehend zu löschen sind. Da sich nachweislich Vorfälle mehren, bei denen Polizisten bei solchen Kontrollen angegriffen werden, zuweilen auch mit Schusswaffen, könnten Videoaufnahmen die Hemmschwelle entsprechender Täter heben. Ich finde die Video-Lösung ziviler, als wenn Polizisten mit vorgehaltener Pistole vor Bürgerinnen und Bürger treten.
Viertens sollen Video-Aufnahmen der Bahn-AG und der BVG der Polizei leichter zugänglich gemacht werden. Das ist der Punkt, der mir am meisten Bauchschmerzen bereitet. Denn er steht am Ende einer Kette, die vorhersehbar war: Erst wird aus Kostengründen Personal abgebaut. Die dadurch verursachte Sicherheitslücke wird mit Überwachungstechnik gefüllt. Und schließlich sollen die so entstandenen Aufnahmen allseitig verwendbar sein. Dies ist dasselbe Domino-Spiel, das wir vom TollCollect-Mautsystem kennen.
So weit mein aktueller Stand. Derzeit laufen noch die parlamentarischen Debatten um den Feinschliff im Berliner Abgeordnetenhaus.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau
26. September 2007
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