Sehr geehrter Heiko Jens Samoleit,
Seit Günter Grass selbst eingeräumt hat, dass er als 17 Jähriger zur Waffen-SS gezogen wurde, gibt oder gab es einen großen Medienrummel. Manches davon fand ich überzogen oder verlogen. Oder politdeutsch gesagt: Die Debatten waren wenig aufklärerisch. Ich zähle Ihre mail an mich dazu.
Sie nehmen einen Satz aus meinem Brief und stellen ihn willkürlich in den Kontext zu anderen ausgewählten Sätzen. Was also ist Ihr wirklicher Vorwurf, wenn Sie schreiben: Ehrlich gesagt finde ich es beschämend, eine derartige Einschätzung des Friedensnobelpreisträgers, gerade von Ihnen, Frau Pau, lesen zu müssen?
Für Nachlesende empfehle ich: http://www.petrapau.de/aktuell/presse/060816_grass.htm.
Dort finden Sie den Wortlaut meines Briefes.
Für meine persönliche und öffentliche Intervention habe ich viel Zustimmung erhalten, in den Medien und per e-mail. Es gab aber auch noch ganz andere Kritik. Etwa: Ich hätte DDR-Kleingärtner mit der Waffen-SS gleichgesetzt und mithin die DDR mit dem Nazi-Regime. Ja, wo denn?
Ich habe im kritisierten Brief kein Urteil über Günter Grass gefällt. Ich habe nicht über die NS-Zeit geschrieben, auch nicht über die DDR. Ich habe ‚lediglich' angemerkt, dass die ‚offizielle' Bundesrepublik alt und neu ein anhaltendes Problem damit hat, mit der Geschichte und mit Personen kritisch, realistisch und zugleich vernünftig umzugehen. Und dabei bleibe ich.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau
4. September 2006
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