Brief an Günter Grass

Zur aktuellen Diskussion hat Petra Pau, Vizepräsidentin des Bundestages, gestern einen Brief an Günter Grass geschrieben. Hier folgen Auszüge:

Sehr geehrter Günter Grass,

Sie haben eingeräumt, dass Sie als 17-Jähriger gegen Ende des 2. Weltkrieges der Waffen-SS angehörten. Sie sprachen spät darüber, aber nun ist es raus.

Was Ihnen seither widerfährt, bedaure ich sehr. Gewiss, Sie sind eine öffentliche und preisgekrönte Persönlichkeit. Aber das erklärt nicht alles.

Ich unterstelle: Sie hatten Gründe für Ihr Schweigen und Sie haben Gründe für Ihr Reden. Ich muss Sie nicht teilen. Aber ich kann Sie respektieren.

Zugleich bitte ich Sie zu bedenken. Dasselbe erfahren unzählige Ostdeutsche seit 16 Jahren. Es wird nicht differenziert, es wird nicht gewogen, sie werden eingetütet und abgestempelt. Vielleicht können Sie das jetzt nachvollziehen.

Im offiziellen Bayern gilt sogar schon als verdächtig, wer zu DDR-Zeiten dem Kleingartenverband oder einem Anglerverein angehörte. Dumpfsinn? Ja!

Sie haben einmal gemahnt, wir Deutschen hätten nicht gelernt mit unserer Geschichte umzugehen. Ihr Zitat wird derzeit gegen Sie gesetzt. Es stimmt dennoch, nicht pauschal, aber noch immer und viel zu oft.

Ich wünsche daher, Ihre späte Offenbarung wird weniger zum Anlass für besser wissende Polemik genommen und stattdessen mehr für bessernde Besinnung.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau
 

Berlin, den 16. August 2006

 

 

16.8.2006
www.petra-pau.de

 

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