Premiere ohne Gysi - Die „rote Petra“ soll den Wiedereinzug der PDS in den Bundestag sicherstellen

Von ddp-Korrespondentin Christina Schultze, 27.4.2002

Berlin (ddp). Gregor Gysi ist nur Zaungast. Erstmals muss die PDS bei der Bundestagswahl im Herbst ohne ihr Zugpferd auskommen. Der Frontmann der Linkssozialisten hat sich mit seinem Einstieg in die rot-rote Berliner Landesregierung endgültig von der bundespolitischen Bühne verabschiedet. Statt mit flotten Sprüchen zu jonglieren, schlägt sich Berlins Wirtschaftssenator inzwischen mit Aktenbergen herum. Sein Erbe als Spitzenkandidat in der Hauptstadt tritt nun die ehemalige PDS-Landeschefin Petra Pau an. Der 38-jährige Rotschopf soll den Wiedereinzug der Partei in den Bundestag sicherstellen.

Auch wenn die PDS-Strategen noch so viel Optimismus versprühen, am 22. September könnte es eine Zitterpartie werden. In Umfragen schwankt die Partei bundesweit zwischen fünf und sechs Prozent.
Und noch vermag niemand zu sagen, ob sich die Machtteilhabe in Berlin und der dort anstehende harte Sparkurs rächen werden. Ein Ergebnis wie bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im Oktober 2001, als es die PDS auf 22,6 Prozent brachte, ist aber wohl kaum zu erwarten.

Sollten die Genossen diesmal bundesweit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, wären sie auf den Gewinn von drei Direktmandaten angewiesen, um erneut den Sprung in den Bundestag zu schaffen.
Auch diese Bürde muss der Berliner Landesverband tragen. Zwar gibt die Spitze selbstbewusst die Parole aus, mindestens fünf Sitze direkt holen zu wollen, doch Zweifel sind angebracht. Die größeren, neu zugeschnittenen Wahlkreise in Berlin kommen eher den politischen Konkurrenten entgegen. Außerdem stellen sich neben Gysi auch die PDS-Wirtschaftsexpertin Christa Luft und der ehemalige Gewerkschafter Manfred Müller nicht mehr zur Wahl.

Dass die „rote Petra“ ihren Berliner Wahlkreis Marzahn/Hellersdorf gewinnt, gilt als wahrscheinlich. Immerhin hat die Vize-Bundesvorsitzende in der PDS-Hochburg, die seit 1990 durchweg von Gysi erobert wurde, ein Heimspiel. Auch die Berliner Landtagsabgeordnete Gesine Lötzsch, die in Lichtenberg/Hohenschönhausen antritt, kann sich Chancen ausrechnen.
Dagegen ist der Ausgang im Berliner Ost-West-Wahlkreis Kreuzberg/Friedrichshain offen. Zwar schickt die PDS dort die prominente, parteilose Ex-Bürgermeisterin des Bezirks, Bärbel Grygier, ins Rennen, aber die muss sich mit zwei bekennenden West-Linken auseinandersetzen. Sowohl Altmeister Christian Ströbele von den Grünen als auch der junge Sozialdemokrat Andreas Matthae wollen ihr den Sieg streitig machen.

In Pankow liefert sich die politisch weitgehend unbekannte Studentin Sandra Brunner ein Duell mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD). Der stellvertretende SPD-Vorsitzende, der 1994 und 1998 den damaligen PDS-Kontrahenten Stefan Heym und Petra Pau unterlag, hat diesmal eindeutig die besseren Karten. Als chancenlos gilt selbst in den eigenen Reihen der bundespolitische Nobody Ernst Welters, der in Treptow/Köpenick um ein Direktmandat kämpfen will. Seit 1990 hatte dort der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Siegfried Scheffler (SPD), die Nase vorn. Gegen ihn konnte vor vier Jahren nicht einmal PDS-Bundeschef Lothar Bisky etwas ausrichten.

Auch der Bezirk Mitte, um den sich der Berliner PDS-Landesvorsitzende Stefan Liebich bewirbt, dürfte der Konkurrenz zufallen. Schon gar keine Hoffnungen auf ein Direktmandat kann sich die Partei im tiefen Westen der Stadt machen. Trotz einiger Zuwächse in den vergangenen Jahren steht sie dort auch zwölf Jahre nach der Wiedervereinigung noch immer auf verlorenem Posten.
 

 

 

27.4.2002
www.petrapau.de

 

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