Die Würde des Menschen ist unantastbar. So gibt es das Grundgesetz vor.
Ich ergänze: Aller Menschen, nicht nur der Schönen und Reichen, nicht nur der Deutschen und Weißen. Das Würdegebot gilt auch für alle Sinti & Roma, für jene, die schon immer hier leben, und für jene, die hierzulande Zuflucht suchen.
In meinem Heimatbezirk Berlin Marzahn-Hellersdorf gab es in der Nazi-Zeit ein Zwangslager für Sinti & Roma. Spätestens zu den Olympischen Spielen 1936 sollte Berlin Zigeuner-frei sein. Für die meisten Insassen war der so genannte Zigeuner Rastplatz nur eine Durchgangsstation in Konzentrationslager der Nazis und damit in den organisierten Völkermord.
Heute gibt es dort eine Gedenkstätte. Der Ort heißt Otto-Rosenberg-Platz. Mindestens einmal im Jahr erinnern wir dort an die Nazi-Gräuel und geloben, dass sich so etwas nie wiederholen darf, für niemanden.
Aber um mit Bert Brecht zu sprechen: Die Verhältnisse sind nicht so, wie es das Grundgesetz vorschreibt. Forscher haben es voraus gesagt: Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nimmt zu, ebenso die alltägliche Gewalt, auch gegen Sinti und Roma. Für diese Entwicklung gibt es politische Gründe. Aber sie sind keine Rechtfertigung - für niemanden und nirgends.
In etlichen, vor allem ost-europäischen Staaten gelten Sinti & Roma noch immer oder schon wieder als Menschen zweiter oder dritter Klasse. Einige dieser Länder sind Mitglied der Europäischen Union. Folglich gelten sie a priori als sicheren Herkunftsstaaten. So werden Opfer des Faschismus verhöhnt und die Würde von Menschen verpönt. Auch deshalb setze ich hinter den Friedens-Nobel-Preis für die Europäische Union viele Fragezeichen.
Aber auch hierzulande läuten Alarmglocken. Hass und Gewalt haben Konjunktur, auch gegen Sinti & Roma, nicht nur am rechten Rand.
Der aktuelle Ruf wir sind das Volk meint im Klartext: Ihr nicht!
Damit sind auch Sinti & Roma gemeint. Umso mehr müssen wir Artikel 1 Grundgesetz verteidigen - heute, am Romaday und noch mehr im Alltag.
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