Für ihre Einladung danke ich Ihnen. Ja, das gehört sich so. Und ich meine es ehrlich und ernst. Ich werde keine Gewissheiten verkünden, sondern Sorgen teilen und Widersprüche aufzeigen. Zugleich spreche ich zu Ihnen als Linke. Meine Pro-Themen als Innenpolitikerin sind Bürgerrechte und Demokratie, meine Kontra-Themen sind Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Das alles ist höchst aktuell. Stichworte wie PEGIDA hierzulande oder Trump in den USA gehören dazu, aber nicht nur sie.
Genug der Vorrede.
1. Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ging dieses Jahr an Carolin Emcke. Die Resonanz auf ihre Dankrede war zwiespältig, also nicht nur gut.
Ein Feldgottesdienst der Zivilgesellschaft, wie bei der Allerweltstheologin Margot Käßmann, hieß es in der Welt. Bei Spiegel online war zu lesen: Antje Vollmer und die Betroffenheit sind zurück. Vollmer heißt jetzt Carolin Emcke! Sie ahnen, ich teile diese Verrisse nicht. Vielmehr empfehle ich ihre Rede und noch mehr ihr aktuelles Buch Gegen den Hass!
Womit wir bereits mitten im Thema sind. Gedanken gegen den Hass werden preisgekrönt, weil sie bitter nötig sind. Allemal in einem Land, in dem 2015 Gutmensch zu einem Unwort gekürt wurde. Und das, obwohl oder weil sich geschätzt 8 ½ Millionen Bürgerinnen und Bürger für Geflüchtete, also Menschen in Not engagierten? Ich halte dies für die größte Solidarbewegung der letzten Jahrzehnte. Sie verdient keinen Spott, sondern höchste Anerkennung.
Zugleich grassiert Hass, ebenso Gewalt: gegen Dinge, gegen Werte, gegen Menschen. Betroffen und gemeint sind alle, denen die Menschenwürde universell und die Demokratie unverzichtbar sind.
Seit zwei Jahren explodiert die Zahl rassistischer und rechtsextremer Straf- und Gewalttaten bundesweit, nicht nur im Osten. Sie richten sich gegen Geflüchtete, gegen Journalistinnen und Journalisten, gegen Politikerinnen und Politiker, gegen Polizistinnen und Polizisten, gegen Bürgerinnen und Bürger, letztlich gegen alle, die nicht ins rechts-nationale Weltbild passen: zunehmend unverhohlen, keineswegs nur am rechten Rand, sondern inmitten der Gesellschaft.
2. Wir erleben eine bedrohliche Entwicklung, allerdings eine mit Ankündigung.
Ich war dabei, als Prof. Wilhelm Heitmeyer (Uni Bielefeldt) am 11. November 2011 in Berlin die Ergebnisse einer Langzeitstudie vorstellte. Zehn Jahre lang hatten er und sein Wissenschaftsteam Deutsche Zustände untersucht. Das Fazit in Kürze: Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nimmt zu, ebenso die Akzeptanz von Gewalt als Politikersatz. Sie hatten wohl in beidem Recht.
Wobei gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mehr meint, als Rassismus oder Antisemitismus. Dazu gehören ebenso die Erniedrigung von Arbeits- und Obdachlosen, von Schwulen und Lesben, auch von Menschen mit Behinderungen, kurzum von allen, die in den klein-karierten Weltbildern der PEGIDAs als fremdartig und unwürdig abgestempelt werden.
Ja, als Unwürdige! Obwohl Artikel 1 Grundgesetz besagt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wohl bemerkt: Aller Menschen, nicht nur der Schönen und Reichen, nicht nur der Deutschen und Weißen!
Und Artikel 2 Grundgesetz gebietet: Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.
Und wieder gilt: aller Personen, nicht nur von Pass-Germanen.
Für beide Gebote gibt es weder Ausnahmen, noch Obergrenzen.
3. Die Eingangsartikel des Grundgesetzes bergen Geschichte, schlimme Geschichte, deutsche Geschichte. Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen und so genannte Asoziale, sie alle galten in Nazi-Deutschland als fremd, als undeutsch und gefährlich. Sie wurden systematisch verfemt, verfolgt, vergast, ebenso politisch Andersdenkende.
Jüngst las ich aus aktuellem Anlass erneut die Rede vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985. Sie wurde legendär, weil damit erstmals ein hoher Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland (alt) den Sieg über Nazi-Deutschland als Tag der Befreiung würdigte. Aber er hatte viel mehr gesagt und gemahnt:
Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Haß zu schüren. Die Bitte an die jungen Menschen lautet:
Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Haß
gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder Türken,
gegen Alternative oder Konservative,
gegen Schwarz oder Weiß.
Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.
Lassen Sie auch uns als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben.
Ehren wir die Freiheit.
Arbeiten wir für den Frieden.
Halten wir uns an das Recht.
Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.
Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge.
Soweit Richard von Weizsäcker vor über 30 Jahren.
Führt ein Vergleich von PEGIDA mit den historischen Wurzeln der Nazi-Zeit zu weit? Darüber lässt sich streiten. PEGIDA ist ebenso wenig eine faschistische Bewegung, wie die AfD eine Nazi-Partei ist. Und doch gefährden beide extrem die Demokratie. Sie schüren genau den Hass, vor dem Richard von Weizsäcker gewarnt hatte. Und sie finden Zuspruch.
3. Vielfach wird die AfD als populistisch bezeichnet und damit negativ markiert. Nun wird das Adjektiv populistisch gern mal bemüht, um anders Denkende zu verteufeln. Ich kenne das als Linke. Wer den Kapitalismus als System in Frage stellt, wird schnell als populistisch beschimpft und zuweilen als Verfassungsfeind beobachtet. Auch das kenne ich aus eigener Erfahrung.
Aber Wissenschaftler unterscheiden wohlweislich zwischen populär und populistisch. Populär meint allgemeinverständlich. Welcher Politiker und welche Partei wollte das nicht gern sein, bürgernah und verstanden? Populistisch ist etwas anderes. Ich umschreibe es am Beispiel PEGIDA. Ihr Schlachtruf lautet Wir sind das Volk! Bürgerrechtler aus DDR-Zeiten haben sich bereits vehement gegen diese Anleihe verwahrt. Denn damals war der Ruf Wir sind das Volk emanzipatorisch gemeint, heute soll er ausgrenzen.
In PEGIDA-Lesart bedeutet Wir sind das Volk, wir und nur wir sind das Volk, niemand sonst! Wer anders denkt, anders glaubt, anders lebt, anders liebt, anders aussieht gehört nicht dazu. Das aber ist wider die Demokratie. Denn Demokratie basiert auf einer widersprüchlichen Vielfalt und nicht auf einer bornierten Einfalt.
Eine elitäre Einheit kann auch mit einem Führer leben. Eine widersprüchliche Vielfalt braucht demokratische Regeln und liberale Umgangsformen.
Und deshalb sage ich: Ja, PEGIDA und all die IDAs sind demokratie-gefährdend. Und da die AfD sich zunehmend als parlamentarischer Arm von PEGIDA versteht, ist sie es als Partei ebenso. Das alles macht es nicht leichter, schon gar nicht, wenn man nach den Wählern der AfD und ihren Motiven fragt - und nach den Ursachen.
4. Rechtspopulistische Parteien sind europa-weit auf dem Vormarsch, aktuell auch in den USA. Es muss also etwas Übergreifendes geben, das Rechtspopulismus begünstigt. Das halte ich für eine wesentliche Frage.
Denn angenommen, die AfD zerlegt sich als Partei durch innere Querelen selbst, wie manche hoffen, so bleiben doch die Grundstimmungen, die sie tragen.
Und die heißen verknappt: zunehmende Unsicherheit und Zukunftsängste sowie eine gefühlte und häufig ja auch tatsächliche Unmündigkeit.
Damit komme ich noch mal auf Prof. Wilhelm Heitmeyer und auf die Langzeitstudie über Deutsche Zustände zurück. Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nimmt zu, ebenso die Akzeptanz von Gewalt, hieß ihr Befund. Sie nannten dafür auch Ursachen, wieder in Kurzform: Das Soziale wird ökonomisiert und die Demokratie entleert. Salopper gesagt: Die Gemeinschaft und die Zugehörigkeit werden zunehmend vom Geld bestimmt. Wobei Reiche immer reicher und Arme immer zahlreicher werden.
Gesellschaftlich ist es noch schlimmer: Die extrem Reichen entziehen sich,
die besonders Armen werden abgestoßen. Und die verbindende Mitte schwindet.
So zerfällt die Gesellschaft.
Zugleich fallen allzu viele Entscheidungen, ohne Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen. Beispiel Europäische Union: Sie ist wahrlich kein Hort von Demokratie und Transparenz. Hinzu kommt: Wie oft stellen regierende Parteien ihre eigene Politik als alternativlos dar, mithin als Gott gegeben?
Neoliberal bedeutet populär übersetzt in etwa das:
Das Soziale wird kleingeschrieben, die Freiheit der Wirtschaft groß.
Die Politik entmachtet sich dabei selbst und folglich auch die Demokratie.
Kanzlerin Angelika Merkel hat sogar eine marktgerechte Demokratie gefordert. Also einen weiteren Rückzug der Politik zugunsten des Kapitals. Das ist übrigens auch der Kern millionenfacher Kritik an TTIP,
dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der USA und der EU.
Andere Studien bekräftigen die Heitmeyer-Analyse. So auch von Wissenschaftlern für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung. Sie empfahlen bereits 2012 dringend einen Politikwechsel. Dazu gehörte für sie: Die EU müsse endlich sozial und solidarisch fundiert und die Macht der Banken gebrochen werden. Auf allen Ebenen bedürfe es mehr Mitbestimmung, auch direkte Demokratie. Anderenfalls, so ihre Warnung schon damals, könnten Widersprüche explodieren.
Und das ist jetzt offenbar der Fall. Die aktuelle "Mitte-Studie" 2016 spricht von einem tiefen Spalt, mitten durch die Gesellschaft, kaum überbrückbar, keineswegs kurzfristig. Zwar will eine klare deutsche Mehrheit eine freiheitlich-demokratische Grundordnung. Aber eine neu-rechte Minderheit radikalisiert sich dagegen. Diese wird obendrein von Medien überpräsentiert, also befördert.
5. Wobei ich aus meiner Sicht Dreierlei anmerke.
Erstens: Jene Politiker, die zu Recht warnend den Finger wider PEGIDA strecken, aber zugleich ungerührt ihren Anteil an gesellschaftlich negativen Entwicklungen ignorieren, verschärfen die Lage, anstatt sie zu entspannen.
Zweitens gilt für alle, die sich bedrängt fühlen oder verunsichert sind:
Nichts davon rechtfertigt Hass und Gewalt gegen andere Menschen.
Kleiner Einschub, um Vereinfachungen vorzubeugen: Neoliberale Politik enthemmt ohnehin vorhandene rechte und rassistische Einstellungen.
Und wir finden rechte Positionen nicht nur dort, wo Zukunftsängste zehren.
Es gibt Standardfragen, mit denen Soziologen versuchen, rechte Einstellungen auszumachen. Ich nehme mal drei aus dem aktuellen Sachsen-Monitor:
Die Verbrechen des Nationalsozialismus werden in der Geschichtsschreibung übertrieben. Eine mögliche Antwort: Stimme voll zu!:
Selbstständige 6%, Angestellte und Arbeiter 7%, Beamte 16 %.
Jeder Bürger hat das Recht, notfalls seine Überzeugungen mit Gewalt durchzusetzen. Eine mögliche Antwort: Stimme voll zu!:
S elbstständige 3%, Arbeiter und Angestellte 8%, Beamte 16 %.
Juden versuchen Vorteile daraus zu ziehen, dass sie während der Nazi-Zeit die Opfer gewesen sind. Mögliche Antwort: Stimme eher oder voll zu!:
Selbstständige 18 %, Angestellte 23 %, Arbeiter 33 %, Beamte 39 %.
Nun ist das Beamtentum kein Berufsstand, der von Hartz-IV und Altersarmut bedroht ist. Umso mehr sollten diese Umfragen aufmerken lassen. Und damit niemand auf die Idee kommt: Ach Sachsen, das kennt man ja. Rund die Hälfte der Staatsdiener im Freistaat wurde 1990 importiert, ist also west-sozialisiert.
Wie angekündigt nun Drittens: Überall, wo Nazis Freilauf haben und Antifaschisten kriminalisiert werden, ist etwas faul im Staate.
Ein aktuelles Beispiel: Irmela Mensah-Schramm. Seit Jahren überklebt oder übersprüht sie Nazi-Symbole und Hass-Botschaften. Jüngst wurde sie dafür wegen Sachbeschädigung verurteilt. Nun ist sie dafür zum zweiten Mal angeklagt. Wenn der designierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wirklich ein Mutmacher für Demokratie sein will, wie er sagt, dann sollte er als erste Amtshandlung Irmela Mensah-Schramm empfangen und würdigen.
6. Zurück zu PEGIDA und zur AfD: Sie geben vor, das christlich-jüdische Abendland zu verteidigen. Ich halte das für Zynismus pur. Sie erinnern sich sicher an die Auseinandersetzungen in der AfD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg. Auslöser waren antisemitische Positionen ihres Abgeordneten
Dr. Wolfgang Gedeon. Er hatte das Judentum als inneren und den Islam als äußeren Feind der westlichen Welt bezeichnet und obendrein den Holocaust geleugnet.
Wirklich distanziert hat sich die AfD davon nie.
Ein anderer Lautsprecher der AfD ist Björn Höcke.
Er rief tobenden Demonstranten in Sachsen-Anhalt zu:
Ich stehe hier und atme Geschichte. (...) Ich will, dass Magdeburg und Deutschland nicht nur eine tausendjährige Vergangenheit haben. (...)
Ich will, dass sie auch eine tausendjährige Zukunft haben.
Und ich weiß, ihr wollt es auch!
Wer dahinter Anspielungen auf Hitlers tausendjähriges Reich vermutet,
dürfte so falsch nicht liegen und ihn wohl verstanden haben.
Nun höre ich gelegentlich, PEGIDA, auch die AfD, seien ein Fall für den Verfassungsschutz. Ich teile solche Auffassungen nicht.
Denn erstens gilt auch für bösartige Aussagen die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit. Es sei denn, es handelt sich um direkte Aufrufe zu Straftaten oder um die Leugnung des Holocaust.
Dann aber sind ohnehin die Polizei und die Justiz zuständig.
Und schließlich sollte niemand, der die Rolle der Ämter für Verfassungsschutz im NSU-Nazi-Mord-Desaster kennt, ausgerechnet vom Inlandsgeheimdienst Lösungen erwarten. Gefragt ist die gesellschaftliche Auseinandersetzung.
Hinzu kommt ein weiteres: Rechte Stichwortgeber für PEGIDA und Hass hierzulande heißen ja nicht nur von Storch, Petry oder Baumann. Sie kommen auch aus der Mitte der Gesellschaft, von Sarrazin, Buschkowsky, zuweilen auch von Seehofer. Sie alle sind gefragte Medienstars und Bestseller.
Richtig ist:
Die AfD ist rechtpopulistisch im Auftreten und rechtsradikal in der Substanz. Oder wie AfD-Mitgründer Hans-Olaf Henkel inzwischen meint: Die AfD ist NPD-light. Wie sehr PEGIDA von Nazis unterwandert und Protagonisten der AfD mit Neo-Nazis vernetzt sind, dazu empfehle ich ihnen das aktuelle Buch von Prof. Hajo Funke: Von Wutbürgern und Brandstiftern.
7. Noch ein paar spezielle Gedanken zum Antisemitismus:
Er war hierzulande immer präsent. Rund ein Viertel der Deutschen hegt Ressentiments gegen Jüdinnen und Juden. Das ist schlimm genug. Die Antworten auf meine regelmäßigen parlamentarischen Anfragen an die Bundesregierung besagen: Woche für Woche gibt es im statistischen Schnitt einen antisemitischen Angriff auf jüdische Einrichtungen. Diese offiziellen Zahlen stapeln extrem tief.
Zugleich bereichern jüdisches Leben und jüdische Kultur die Bundesrepublik Deutschland wieder, trotz Holocaust. Hinzu kommt, dass immer mehr junge Israelis Deutschland spannend finden. Das ist im Wortsinn wunderbar. Gleichwohl weiß ich, dass die Sorgen und Ängste vieler Jüdinnen und Juden hierzulande nicht abnehmen, im Gegenteil.
Die Radikalisierung Neu-Rechter gibt dazu ebenso Anlass, wie die Sorge, Flüchtlinge könnten manifesten Antisemitismus im kargen Gepäck haben.
Eine Befürchtung, die ja nicht unbegründet ist. Denn viele, die vor Krieg und Elend flüchten, wurden vordem von klein auf antisemitisch geprägt.
Ja, das ist ein Problem. Die unabhängige Experten-Kommission gegen Antisemitismus wird ihren aktuellen Bericht demnächst dem Deutschen Bundestag vorstellen. Es wird eine sehr kritische Analyse sein, mit drängenden Forderungen. Ich teile beide. Zumal: Antisemitismus ist keine Spezialfrage für jüdische Gemeinden, sondern eine Generalfrage für uns alle.
Umso mehr unterstütze ich Initiativen, wie in meiner Heimatstadt Berlin. Hier haben sich Christen, Muslime und Juden zusammen gefunden, um für jüdische, muslimische, christliche Kinder eine gemeinsame Tagesstätte zu gründen. Es waren Frauen. Und ich gestatte mir den Zusatz. Solch Engagement finde ich viel lebensnaher, als die Querelen in der Jüdischen Gemeinde Berlin.
8. Was also tun? Die Demokratie ist gefährdet, zunehmend durch PEGIDA und die AfD. Aber sie kamen nicht aus dem Nichts. Ob Vergleiche mit der Vor-Nazi-Zeit angebracht sind, mag jede und jeder für sich wägen. Gleichwohl will ich ein Zitat des Schriftstellers Erich Kästner in Erinnerung rufen. Er sagte 1956:
Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf ...
Es gibt noch eine zweite Mahnung. Denn die Faschisten kamen 1933 nicht an die Macht, weil die NSDAP so stark war, sondern weil die Demokraten zu zerstritten waren. Beide Lehren drängen, finde ich!
Damit habe ich allerdings einen weiteren Widerspruch eingeblendet.
Wenn neoliberale Politik rechts-populistische Bewegungen befördert,
dann bedarf es Bündnisse gegen alle, die neoliberale Strategien verfolgen.
Parteipolitisch hieße das aus linker Sicht: gegen CDU/CSU, FDP, SPD, zuweilen auch Grüne und selbstverständlich gegen die AfD.
Wenn wiederum rechtspopulistische Gefahren durch alle Demokraten,
auch durch alle demokratischen Parteien, gemeinsam abzuwehren sind,
dann erfordert das wiederum Bündnisse von CDU/CSU bis zur Linken.
Sie ahnen das Problem. Es muss dennoch gelöst werden.
Mein Fazit:
Die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland ist eine Lehre aus der Nazi-Zeit. Ich halte sie für unvollständig. Sie wird obendrein bedroht. Und doch und gerade deshalb ist sie als libertäre, offene und vielfältige Zukunft zu verteidigen.
Dabei dürfen sie mich auf ihrer Seite wähnen.
|