1. Seit einem Jahr habe ich es vom Verfassungsschutz schriftlich.
Petra Pau ist eine Gute. Sie wird nicht mehr beobachtet.
Das bleibe auch so. So lange Petra Pau eine Gute bleibt.
So steht es sinngemäß in einem Kölner Gerichtsprotokoll. Nicht schriftlich, nur mündlich wurde mir mitgeteilt, was die Einschränkung so lange bedeute.
Sollte ich in der Partei DIE LINKE eine Führungsposition anstreben, dann stelle sich die Beobachtungsfrage sofort neu.
Klarer kann man ein Amt nicht politisch missbrauchen.
Ich prozessiere übrigens weiterhin gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und zwar auf vollständige Einsicht aller Akten über mich.
Die wird mir weiterhin verweigert und das mit zwei Begründungen.
Die erste ist eine spitzfindige juristische. Die zweite ist erhellender:
Man müsste zu viele Beamte zu lange abstellen, um meine Akten für die Einsicht zu präparieren. Dieser Aufwand sei nicht vertretbar.
2. Nun komme ich zu meiner eigentlichen Geschichte.
Ich war Mitglied in dem Bundestags-Untersuchungsausschuss, der sich mit der NSU-Nazi-Mord-Serie und dem Staatsversagen befasste.
Wir schauten in Abgründe.
Das staatliche Versagen war total und komplex.
Im Zentrum des Desasters agierten die Ämter für Verfassungsschutz.
Ein Beispiel von vielen möge das verdeutlichen:
Carsten S. wuchs in Berlin-Neukölln auf. Nach der deutschen Einheit zog er nach Königs-Wusterhausen um.
Sein Ruf als Hardcore-Nazi reichte bald weit über die Mark Brandenburg hinaus.
Anfang der 1990er Jahre versuchte er gemeinsam mit Kumpanen einen Nigerianer zu erschlagen, zu verbrennen, zu ersäufen.
Er bekam dafür eine langjährige Haftstrafe.
Von da an wurde er für den Verfassungsschutz interessant. Sie warben Carsten S. in der JVA als V-Mann an.
Intern hieß er von nun an Piatto.
Sein V-Mannführer chauffierte ihn verlässlich zu Nazi-Treffen und -Konzerte und zurück. So konnte Piatto im Knast auch ein Nazi-Hetzblatt produzieren, dass in der Szene hoch gelobt wurde.
Später absolvierte er in Sachsen ein Praktikum, mit gutem Zeugnis. Das war wichtig, denn es wurde ein vorzeitiges Haftende angestrebt. Außerdem hatte er eine Festanstellung in Aussicht, hieß es.
Das überzeugte die Richterin. Sie glaubte an seine Re-Sozialisierung. Carsten S., alias Piatto, kam also mit der klaren Auflage frei, er solle sich künftig konsequent von der Nazi-Szene fern zu halten.
Allerdings hatte man der Richterin nicht die ganze Wahrheit gesagt. Sein Praktikum hatte er nämlich in einem Nazi-Szene-Laden absolviert und seine Festanstellung sollte eine neue Filiale desselben in Berlin-Brandenburg sein.
Der Verfassungsschutz Brandenburg hatte die Justiz betrogen, um seinen V-Mann verlässlich in der Nazi-Szene zu verankern und so möglicherweise an Interna heranzukommen.
Lieferte Piatto Informationen? Ja, schon in seiner Knastzeit. Zum Beispiel dass drei untergetauchte und gesuchte Kameraden Geld und Waffen brauchen, weitere Anschläge planen und sich womöglich ins Ausland absetzen wollen.
Gemeint war das NSU-Trio. Doch das und mehr erfuhren die ermittelnden Kriminalämter nie. Der Schutz der Quelle Piatto war dem Verfassungsschutz wichtiger, als ein Ermittlungserfolg.
Unter dem Strich: Der Verfassungsschutz hat die Verfassung nicht geschützt, sondern dessen Feinde. Er hat die Nazi-Szene gestärkt und Ermittlungen gegen die NSU-Clique verhindert. Klarer kann man sich nicht disqualifizieren.
Ich habe den damaligen V-Mann-Führer übrigens gefragt, ob er heute, im Rückblick, alles wieder so machen würde, wie damals? Klare Antwort: Ja!
Inzwischen ist er Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen.
Es gibt andere Gründe, die gegen die Ämter für Verfassungsschutz sprechen, zum Beispiel das Grundrecht auf Meinungsfreiheit.
Die geheime Schnüffelpraxis widerspricht ihm.
Mein NSU-Beispiel soll illustrieren, warum ich darüber hinaus fordere:
Die unsägliche V-Leute-Praxis ist generell zu beenden und die Ämter für Verfassungsschutz sind als Geheimdienste aufzulösen.
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