Zeigen wir ihnen allen die rote Karte!

Rede von Petra Pau auf der Gegenkundgebung zu einem NPD-Aufmarsch in Berlin-Schöneweide

1. Ich bin Mitglied im Untersuchungsausschuss des Bundestages, der sich mit der NSU-Nazi-Mordserie und dem Desaster Sicherheitsbehörden befasst.

Es geht um eine einzigartige Raub- und Mordserie, 13 Jahre lang.
Aber wer nur das sieht, verliert die Wirklichkeit aus dem Blick.

Bevor die NSU-Bande im Jahr 2000 ihr erstes Opfer in Nürnberg hinrichtete, waren in der Bundesrepublik Deutschland seit 1990 bereits 105 Menschen aus rechtsextrem-rassistischen Gründen umgebracht worden: erschlagen, erschossen, ertränkt, verbrannt.

Auch daran erinnere ich heute und dagegen stehen wir auf.

2. Die NSU-Mordserie war rassistisch, die Ermittlungen trugen rassistische Züge. Die offizielle Politik meidet das Wort „Rassismus“:, wie der Teufel das Weihwasser. Aber das Problem lässt sich nicht Wegschweigen.

Wir sind auch deshalb hier, weil wir Rassismus ächten, egal wer ihn schürt.

3. Die NPD ist eine rassistische Partei. Aber sie hat Stichwortgeber aus der Mitte der Gesellschaft. So war es 1992/93 auch.

Damals brannten Tag für Tag ein Asylbewerber-Heim oder eine Unterkunft von Migrantinnen und Migranten. Das waren Pogrome. Gegen Menschen.

Die Bundespolitik reagierte damals, indem sie das Recht auf Asyl de facto aus dem Grundgesetz strich.

So wurden menschenverachtende Rassisten nicht bestraft, sondern bestärkt.
Das war das Klima, in dem das NSU-Nazi-Trio sozialisiert wurde.

Das dürfen wir nicht vergessen.

4. Wir erleben heute ähnliches. Im Tiergarten wird feierlich ein Mahnmal für die Sinti und Roma eingeweiht, die von den Nazis ermordet wurden.

Zur selben Zeit eröffnet Innenminister Friedrich eine aktuelle Kampagne gegen lebende Sinti und Roma. Das dürfen wir nicht durch gehen lassen.

5. Noch mal zum NSU-Untersuchungsausschuss: Wir stoßen auf Belege, bei denen Spuren zu Antifaschisten sehr ernst genommen, Spuren in die Nazi-Szene aber konsequent ausgeblendet wurden. Das ist skandalös.

Aber auch das ist nicht nur Vergangenheit, sondern genauso Gegenwart. In Sachsen werden Antifaschisten vor den Kadi gezerrt und verurteilt.
Zugleich werden Nazis verharmlost und laufen gelassen.

Ich bin heute hier, weil wir gegen Nazis demonstrieren.

Und ebenso aus Solidarität mit Tim aus Berlin und Pfarrer König aus Jena. Sie und wir wehren den Anfängen, die längst keine mehr sind.

6. Und auch das will ich noch sagen:

Eine neue Partei schickt sich an, Unheil zu predigen: die so genannte Alternative für Deutschland, kurz AfD.

Sie gibt vor, im Namen vieler gegen den Euro zu sein.
Sie tritt in promovierten Nadelstreifen auf und hat sehr viel Geld im Rücken.

Ihr Programm heißt: „Nationale Enge und soziale Kälte, zum Wohle Deutschlands über Andere und Arme.“

Einige ihrer Verfechter meinen sogar: Wer vom Staat lebe, solle nicht mehr Wählen dürfen, zum Beispiel Arbeitslose und Rentner.

Solche Planspiele sind undemokratisch, asozial und antieuropäisch. Ich lehne sie ab. Zeigen wir auch ihnen die rote Karte!
 

 

 

1.5.2013
www.petra-pau.de

 

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