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Ich begrüße alle versammelten Verfassungsschützerinnen und Verfassungsschützer. Denn Bürgerinnen und Bürger, die ihre und aller Daten schützen, sind im besten Sinne zugleich Verfassungsschützer.
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Viel wurde in diesem Jahr feierlich über 60 Jahre Grundgesetz geredet. Sonntags. Der Verfassungs-Alltag sieht anders aus und ist überhaupt nicht feierlich. Das nehmen wir nicht länger hin und deswegen sind wir hier.
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Lasst mich das Volkszählungs-Urteil von 1983 in Erinnerung rufen. Es begründete vor über 25 Jahren den Datenschutz als verbrieftes Grundrecht. Sinngemäß urteilte das Bundesverfassungsgericht damals:
Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen können, wer was über sie weiß, sind nicht mehr souverän. Wer als Bürger nicht mehr souverän ist, kann als Staatsbürger auch kein Souverän sein. Eine Demokratie ohne Souveräne aber ist undenkbar. (So weit das Urteil)
Es geht also nicht darum, ob die eine oder der andere von uns einen Daten-Koller hat. Es geht darum, ob die Demokratie künftig überhaupt noch eine Grundlage hat. Das ist die Dimension, die uns umtreibt.
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Und die Erosion ist weit gediehen. Immer weniger wissen noch, wer was über sie weiß. Die Angriffe auf ihre Souveränität kommen von Staats wegen und von privat. Beides lehnen wir entschieden ab.
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Ein Synonym für die zunehmende Erosion von verbrieften Bürgerrechten heißt Vorratsdatenspeicherung. Über 30.000 Bürgerinnen und Bürger haben dagegen eine Klagegemeinschaft gebildet. Ich gehöre dazu.
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Alles wird erfasst und gespeichert: Wer hat wann von wo mit wem telefoniert. Wer hat wem eine SMS oder E-Mail geschickt. Wer hat wann welche Web-Seite angeklickt. Alles von allen.
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Jede und jeder wird von Staats wegen als potenzieller Terrorist behandelt. Das stellt das Grundgesetz auf den Kopf. Denn das Grundgesetz schützt die Bürger vor Begehrlichkeiten des Staates. Und so soll es auch bleiben.
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Aber die Anschläge auf das Grundgesetz nehmen zu und sie kommen näher. Aber sie kommen nicht von Terroristen, sie kommen auch nicht von Extremisten, sondern von vermeintlichen Sicherheits-Spezialisten.
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Einmal angenommen: Nur jeder Zweite in Deutschland telefoniert täglich, verschickt eine SMS sowie eine E-Mail und klickt eine Webseite an, dann ergibt das allein in sechs Monaten rund 50 Milliarden Datensätze.
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Ein Sack Flöhe hüten ist einfacher. Allein schon wegen der Menge ist alles Geschwätz über Datensicherheit unsinnig. Datenvermeidung ist und bleibt noch immer der beste Datenschutz.
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Aber wenn ich über unsichere und unsinnige Vorratsspeicherung rede, dann meine ich nicht nur Telekommunikationsdaten. Die Attacken beginnen viel früher und alltäglicher. Ich spreche über Hartz-IV.
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Wer von Hartz IV betroffen ist, muss 150 bis 180 ganz persönliche Daten über sich und sein Umfeld preisgeben. Das würden die Ackermänner und Zumwinkels nie tun.
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Oder anders gesagt: Wer arm dran ist, verliert auch noch seine Bürgerrechte. Bürgerrechte gelten nur noch für die so genannten Schönen und Reichen. Auch das ist ein Skandal und auch das ist nicht hinnehmbar.
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Fast genau vor einem Jahr hatte Bundesinnenminister Schäuble zu einem Datengipfel geladen. Voraus gegangen waren Skandale bei der Telekom, bei der Bahn und in anderen Betrieben.
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Ich habe bereits damals gesagt. Der so genannte Daten-Gipfel war bestenfalls ein Hügelchen. Und was ist danach herausgekommen? Nicht einmal ein Häufchen mehr an Datenschutz. Auch das muss sich ändern!
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Das geltende Datenschutzrecht stammt noch immer aus der Zeit, als mit dem Bleistift geschrieben und mit dem Röhrenradio gehört wurde. Wir brauchen endlich ein Datenschutzrecht fürs 21. Jahrhundert.
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Und wir brauchen eine neue Bürgerrechtsbewegung. Sie wächst rund um den Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung. Und ich hoffe und wünsche, dass sie noch viel breiter und agiler wird.
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Denn derzeit erleben wir den systematischen Umbau eines demokratisch verfassten Rechtsstaates zu einem präventiv agierenden Sicherheitsstaat. Lasst uns gemeinsam dagegen aufbegehren!
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