Artur Becker wurde keine 33 Jahre alt. Nach der Schule und seiner Lehre verband er sein Leben mit kommunistischen Idealen und mit den Kämpfen der Arbeiterklasse in den 1920er und -30er Jahren.
Er war Jugendfunktionär. Er war Reichstagsabgeordneter. Er vertrat Deutschland in der Kommunistischen Jugend-Internationale. Er musste früh aus Hitler-Deutschland fliehen.
Er organisierte Widerstand gegen den faschistischen Putsch in Spanien. Schließlich war er Politkommissar im Thälmann-Batallion bei den 11. Internationalen Brigaden. Dort, in Spanien, wurde er umgebracht.
Bis 1995 erinnerte eine prominente Ost-Berliner Straße an Artur Becker. Dann wurde sie rückbenannt und wieder Winrich von Kniprode gewidmet, einem Hochmeister des Deutschen Ritter-Ordens im 14. Jahrhundert.
Maßgeblich beteiligt am Sieg der Faschisten im Spanischen Bürgerkrieg war die deutsche Legion Condor. Umjubelt kehrte sie nach Berlin zurück. Ihr zu Ehren heißt eine West-Berliner Straße noch immer Spanische Allee.
Die Erinnerung an den Antifaschisten Artur Becker wurde aus dem Stadtbild genommen, weil er Kommunist war. Die Erinnerung an die faschistische Legion Condor nicht, weil sie siegreich war.
Das ist eine zynische Interpretation. Sie stimmt so simpel auch nicht. Aber umso wichtiger ist es, dass wir heute an Artur Becker erinnern, der vor genau 70 Jahren als Spanien-Kämpfer ums Leben kam.
Mein zweiter Gedanke folgt einer Fußnote in der Biografie Artur Beckers. Anfang 1932 wurde er von seiner Funktion als Vorsitzender des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands abgelöst.
Damals wurde innerhalb der Kommunistischen Bewegung hart um die richtige Strategie gegen den Faschismus gerungen. Manche erklärten seinerzeit die Sozialdemokratie zum Hauptfeind der Arbeiterklasse.
Artur Becker hingegen strebte möglichst breite antifaschistische Bündnisse an und wurde genau dafür gemaßregelt. Dieses Links-Sektierertum war ein großer historischer Fehler.
Die Nazis kamen nicht an die Macht, weil die NSDAP so stark war. Sie kamen an die Macht, weil die Demokratie und die Demokraten so schwach waren. Diese Lehre sollten wir auch heute beherzigen.
DIE LINKE versteht sich als antifaschistische Partei. Das gehört zu unserem Grundverständnis. Und daran darf es auch keine Zweifel geben, nicht im Programm und nicht im Alltag.
Aber ich mag keinen Wettstreit darum, wer der bessere Antifaschist sei. Wir brauchen möglichst breite Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, für Demokratie und Toleranz.
In diesem Sinne hat sich gerade ein Berliner Ratschlag für Demokratie gebildet. Es ist ein Personen-Bündnis, das weitere Initiativen inspirieren, vernetzen und unterstützen will.
Die Spanne ist breit und widersprüchlich. Die Morgenpost gehört dazu, Hertha BSC und Ver.di, außerdem die Akademie der Künste, die Jüdische Gemeinde und der Handelsverband Berlin-Brandenburg.
Die Berlin Marketing GmbH ist dabei und die Katholische Kirche, ebenso das Neue Deutschland und der Berliner Senat. Die Türkische Gemeinde ist vertreten und viele andere mehr.
Mein dritter Gedanke: Ich frage Monat für Monat die Bundesregierung, wie viele Straf- und Gewalttaten sie mit rechtsextremistischem Hintergrund registriert hat. Der Befund ist alarmierend.
Stündlich werden bundesweit 2 ½ Straften ausgewiesen, täglich 2 ½ Gewalttaten und wöchentlich eine Schändung von jüdischen Friedhöfen. Das ist der statistische Schnitt und die offiziellen Zahlen stapeln tief.
Die realen Vorfälle sind vielfältiger und zahlreicher. Und das heißt: Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sind hierzulande längst auch wieder eine Gefahr für Leib und Leben.
Deshalb sage ich abschließend auch: So lobenswert und so gut gemeint es ist, ein erneutes NPD-Verbot zu fordern, das gesellschaftliche Problem ist größer und alltäglicher. Auch daran sollte uns Artur Becker erinnern.
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