Aktuelle Notiz: Unklares um Klar

von Petra Pau
Berlin, 28. Februar 2007

Eine Zeitung bat mich, ein PRO zur Begnadigung von Christian Klar zu schreiben. Den KONTRA-Part würde ein CDU-Mann übernehmen. Ich habe das abgelehnt, weil ich finde: Ob der Ex-RAF-Terrorist Christian Klar vorzeitig aus der Haft entlassen wird oder nicht, das ist die alleinige Gewissensentscheidung des Bundespräsidenten. Partei-Politiker sollten sich da tunlichst raushalten.

Trotzdem ist ein großes Getöse ausgebrochen, seit bekannt wurde, dass Klar der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz ein Grußwort gewidmet hat. Seine Kernbotschaft: Den Plänen des Kapitals müsse eine Niederlage beschieden werden, „um die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen“. Diese Meinung gilt nun vielen als Beleg für die Unverbesserlichkeit von Christian Klar.

FDP-Politiker versteigen sich sogar zu der Behauptung, mit dieser Botschaft stelle Christian Klar die Grundordnung der Bundesrepublik in Frage und das mache in gemeingefährlich. Und wie selbstverständlich schießt auch die Union aus allen Rohren. Sie nimmt den RAF-Häftling beim Wort, um ihn in der linksextremistischen Ecke einzumauern, so als gelte die Meinungsfreiheit nicht.

Die Geschichte der RAF ist nicht meine, ich kenne Christian Klar nicht und ich weiß auch nicht, was er wirklich denkt und vorhat. Auch deshalb habe ich es abgelehnt, ein PRO für seine Begnadigung zu schreiben. Aber was er gesagt hat, dass kann man täglich von Gewerkschaftern hören, von Sozialisten, von Juso, von sozialorientierten Unions-Politikern oder umweltbesorgten Kirchen-Leuten.

Folglich müssten sie alle gemeingefährlich sein. Und das scheint wohl auch die Generalbotschaft zu sein, die rund um das Grußwort von Christian Klar verfestigt werden soll: Kapitalismus-Kritik ist verboten! Dabei birgt bereits das geltende Grundgesetz einen ganzen Kanon kapitalismuskritischer Grundsätze. Wer sie ernst nimmt, muss die herrschenden Verhältnisse in Frage stellen.

Und so verrät die aufgeregte Debatte über Christian Klars Grußbotschaft mehr über die Verfassung seiner Kritiker, als über den Häftling selbst. Denn dessen Haltung, zum Beispiel über die Morde, für die er zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, bleibt noch immer weit gehend im Dunkeln. Das wiederum öffnet die Tür für ausufernde Spekulationen, an denen ich mich nicht beteiligen möchte.

Diese Ungewissheit schwebt übrigens auch über den Veranstaltern der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Denn das bestellte und dort verlesene Grußwort war ja offensichtlich gerade deshalb gefragt, weil Christian Klar als RAF-„Aktivist“ in „imperialistischer“ Haft ist. Es war so zu sagen eine Solidaritäts-Adresse für Christian Klar. Und auch die teile ich ausdrücklich nicht.
 

 

 

28.2.2007
www.petra-pau.de

 

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