Aktuelle Notiz: Wer schreibt der bleibt, oder?

von Petra Pau
Berlin, 31. August 2004

Es wird wieder demonstriert. Einige Hundert, sagen die einen. Zig-Tausend, meinen andere. Der Unterschied zählt etliche Nullen oder ein großes Vielfaches. Das führt zu der Frage: Wie ermittelt man eigentlich die Teilnehmerzahl bei Demonstrationen? Meine Erfahrung sagt: Es gibt verschiedene Methoden.

1. 

Die Zähl-Methode
Man geht durch die Massen, Reihen oder Grüppchen und zählt sie, Mann für Mann und Frau für Frau. Das ist eine sichere, aber schwierige Variante. Sie kostet viel Zeit und Nerven und sie benötigt viel Stillstand, damit niemand mehrfach gezählt und keiner übersehen wird.

2. 

Die Quadrat-Methode
Man weiß, wie viele Demo-Teilnehmer auf einen Quadrat-Meter passen. Der Kundgebungsort hat eine gewisse Größe. So lässt sich multiplizieren. Und variieren, je nach dem, ob die Leute locker beieinander oder dicht gedrängt stehen.

3. 

Die Mittel-Methode
Man nehme die Angaben der Polizei mal zwei. Oder man halbiere die Zahl der Veranstalter. Heraus kommt ein Mittelwert, der wahrscheinlich wahr ist, aber nicht muss. Denn beide zählen zielstrebig mit Eigensinn. Dadurch entstehen extreme Zahlen, nach oben und nach unten.

4. 

Die Polizei-Methode
Die Zahlen der Polizei weichen oft kräftig von den tatsächlichen ab. Böse Zungen meinen, das liege an der Bildung. Meine Erfahrungen sagen etwas anderes. Finden die zuständigen Polizei-Schätzer die jeweilige Demo gut, dann pokern sie heftig hoch. Wenn nicht, dann stapeln sie extrem tief.

5. 

Die Negativ-Methode
Die Kriterien, wann die Polizei eine Demo gut und wann schlecht findet, bedürfen weiter gehender Analysen. Grob lässt sich sagen: Sind die Polizisten vom Einsatz negativ betroffen, zum Beispiel an Wochenenden oder in der Ferne, dann werden sie grob kleinlich, im Einsatz und beim Zählen.

6. 

Die Positiv-Methode
Fühlen sich die Polizisten von einer Demo positiv betroffen oder brauchen sie eine Aufwertung, dann werden sie großzügig. Deshalb schwappt die Demo- und Teilnehmer-Statistik immer ins Astronomische, wenn die Gewerkschaft der Polizei gerade Tarifverhandlungen führt.

7. 

Die Olymp-Methode
Man glaube niemandem, nicht den Medien, nicht den Veranstaltern, nicht der Polizei. Wer Teilnehmer-Zahlen fälscht und in Umlauf bringt, ist ohnehin langweilig. Nicht die Statistik zählt, sondern der angeblich olympische Gedanke. Nämlich, dass man selber zählt und nicht abgeschrieben wird -in Athen, montags und überhaupt.
 

 

 

31.8.2004
www.petra-pau.de

 

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