Aktuelle Notiz: forsch, aber falsch

von Petra Pau
Berlin, 5. September 2008

1. 

Natürlich hatte ich sofort die Medien am Ohr. Sagen Sie mal, Frau Pau, was sie von den aktuellen Aussagen Oskar Lafontaine auf der Klausur der Brandenburger Linken halten. Ich habe natürlich nichts gesagt, denn ich kannte die vermeintlichen Aussagen von Oskar Lafontaine nicht. Also äußere ich mich dazu auch nicht, schon gar nicht öffentlich.

2. 

Inzwischen weiß ich: Oskar hat zurückgeschlagen. Er hat sich zur Vereinigung von KPD und SPD zur SED 1946 geäußert. Er hat sich zur Gründung der Ost-SPD 1989 geäußert. Und er hat sich zu Ex-Ministerpräsident Stolpe geäußert. Jeweils offenbar als Offensiv-Antwort auf die aktuellen „Kreuzzüge“ der Union und der SPD gegen DIE LINKE.

3. 

Ich hätte das nicht getan, nicht im Grundsatz und nicht im Detail. Ich halte diese Antwort auf Diffamierungen der Linkspartei sogar für falsch. Im Grundsatz, denn insbesondere die CSU, aber auch andere Parteien, schwingen derzeit mit Vorsatz die Geschichtskeule gegen DIE LINKE. Sie versuchen dadurch von den aktuell-politischen Problemen abzulenken.

4. 

Würde ich die Geschichtskeule nun mit derselben Dreistigkeit zurückwerfen - Auge in Auge und Zahn um Zahn - so würde ich zum Mitablenker, also zum Gehilfen der Union. Zur Wahl indes stehen die aktuelle Politik und die jeweiligen Angebote der Parteien. Also sollten wir nichts befördern, was einen kulturlosen Nebenschauplatz begünstigt.

5. 

Aber auch im Detail melde ich Widerspruch an, sogar heftigen. Nach allem, was ich weiß, hat Oskar Lafontaine der SPD vorgeworfen, dass die Ost-SPD 1989 von Ibrahim Böhme, einem MfS-Mitarbeiter, begründet wurde. Wahrscheinlich ist das richtig, aber das spricht nicht gegen die SPD, sondern gegen das MfS und damit gegen die SED.

6. 

Oskar Lafontaine hat, nach allem, was ich lese, den IM-Verdacht gegen Manfred Stolpe, seinerzeit SPD-Ministerpräsident in Brandenburg, erneuert. Dazu gab es allerdings einen parlamentarischen Ausschuss im Landtag Brandenburgs. Er wurde - anerkannt - von Lothar Bisky geleitet und er hatte Manfred Stolpe von dem IM-Vorwurf entlastet.

7. 

Noch schwieriger wird es bei Äußerungen zur Geschichte. Wenn Politiker Geschichte bewerten, dann tun sie das fast immer politisch motiviert. Das habe ich getan, 2001. Das hat Oskar Lafontaine getan, 1996 und 2008. Nur, Oskar Lafontaine hat 2008 als Vorsitzender der Linkspartei genau das Gegenteil von dem betont, was er 1996 als SPD-Chef gesagt hatte.

8. 

8. Ich aber bleibe dabei: DIE LINKE wird nicht vorankommen, wenn sie ihre Fehler in der Vergangenheit beschönigt oder sie mit den Fehlern anderer aufrechnet. Das kann zwar kurzfristig Eindruck schinden. Aber es hilft langfristig nichts. Mein Credo bleibt: Ich bin aus DDR-Erfahrung Demokratin geworden und ich bin aus BRD-Erleben links geblieben.
 

 

 

5.9.2008
www.petra-pau.de

 

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