Aktuelle Notiz: Noch strampelt die SPD im Sumpf

von Petra Pau
Berlin, 4. März 2008

1. 

Anfang der 1990er Jahre gab es einen klaren Beschluss der SPD: Mit der PDS wird es niemals und nirgends eine Zusammenarbeit geben. Das galt bis 1994. Dann wurde in Sachsen-Anhalt das so genannte Magdeburger Modell vereinbart. Die Landes-SPD ließ sich durch die Landes-PDS tolerieren und konnte so die CDU aus der Landesregierung verdrängen.

2. 

1998 folgte die erste rot-rote Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Bündnis von SPD und PDS wurde nach den Wahlen 2002 erneuert und hielt bis 2006. 2001 kam es selbst im lang geteilten Berlin zu Rot-Rot. 2006 gab es in der Hauptstadt eine Zweitauflage dieser Regierungs-Koalition aus SPD und PDS, nunmehr Linkspartei.PDS.

3. 

2007 wurde die Partei DIE LINKE gegründet. Sie hat eine Fraktion im Bundestag und sie hat Landtags-Fraktionen in allen neuen und nunmehr auch in vier alten Ländern. Diese bundesweite Präsenz der neuen Linken hatte sich seit den Bundestagswahlen im September 2005 abgezeichnet. Das viel zitierte 5-Parteiensystem wird zum parlamentarischen Normalfall.

4. 

Doch wieder schwor die SPD Eide. Noch Anfang 2008 meinte der SPD-Vorsitzende Kurt Beck: Mit der „so genannten Linken“ wird es keinerlei Kooperation geben, nicht im Westen, nicht im Bund. Dann wurde daraus „keine aktive Zusammenarbeit“. Seit dem 25. Februar obliegt es nun den SPD-Landesverbänden, wie sie es mit der Linkspartei halten.

5. 

Im Bund aber, so beteuerte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nochmals, schließe sich jede Zusammenarbeit kategorisch aus. Denn auf Bundesebene gäbe es zwischen der SPD und der Linkspartei „unüberbrückbare Gegensätze (...), insbesondere in der Außen-, Sicherheits-, Finanz- und Wirtschaftspolitik“. Das stimmt allerdings.

6. 

Sicherheitshalber schob Hubertus Heil noch ein weiteres Argument nach. Man wisse im Übrigen auch gar nicht, was diese Linke eigentlich wolle. Denn sie habe ja nicht einmal ein Parteiprogramm. Das plappern seither alle Landesbedenkenträger der SPD pflicht- und wortgetreu nach. Aber auch das ist ein Einwand aus dem Schlafwagen, real-politisch irrelevant.

7. 

Politische Bündnisse werden nicht über Partei-Programme geschlossen. Maßgeblich sind die jeweiligen Wahlprogramme, auf deren Grundlage wechselseitig Kompromisse gefunden werden oder eben nicht. Die SPD hatte übrigens bis Dezember 2007 ein 18 Jahre altes Parteiprogramm. Sie selbst hatte es längst abgelegt, war seit 1998 programmatisch nackt.

8. 

Aktuell hat die SPD ein Vierfachproblem. Das erste: Die SPD, und nicht etwa Gysi oder Lafontaine, hat DIE LINKE auf die deutsche Tagesordnung gesetzt. Ihre unsoziale Agenda-Politik brachte die WASG hervor. Und die 2005 erzwungenen Neuwahlen zum Bundestag beförderte DIE LINKE, erst als Fraktion, dann als Partei, und beides bundesweit.

9. 

Das zweite Problem der SPD: Sie will bislang nicht wahrhaben, was sie selbst bewirkt hat. Bis zu den Hamburger Bürgerschaftswahlen hielt sie sich die Augen zu. Wie kleine Kinder, die glauben: Was ich nicht sehe, das gibt es auch nicht. In der Philosophie nennt man so etwas subjektiven Idealismus, in der Politik spricht man von Realitätsverlust.

10. 

Das führt zwangsläufig zum dritten Problem der SPD. Immer schneller folgt jedem Schwur ein Meineid. Und immer öffentlicher geraten sich die Parteiflügel der SPD und ihre Protagonisten in die Haare. Die Unions-Berater und die FDP-Lobbyisten feixen. Sie verteilen längst das Fell eines Bären, der versucht, sich selbst zu zerlegen - eine historische Tragödie.

11. 

Das vierte Problem offenbart sich exemplarisch in Hessen. Dort hat die SPD maßgeblich mit Themen der Linkspartei ihren Wahlkampf gegen die CDU geführt und gewonnen. Ihr erstes Wahlziel hat die SPD damit erreicht. Zugleich hat sie ihr zweites Wahlziel verfehlt: DIE LINKE wurde trotzdem in den Hessischen Landtag gewählt.

12. 

Nun ist die SPD ist in der Zwickmühle: Lässt sie DIE LINKE in Hessen links liegen, dann verrät sie ihren Botschaften in Hessen und damit ihre Wählerschaft. Sie begäbe sich zudem in eine sklavische Gefolgschaft zur CDU. Öffnet sie sich aber zur Linkspartei, dann muss die Bundes-SPD über sich hinauswachsen und eigene Fehler eingestehen. Beides tut weh.

13. 

Noch hat die Bundes-SPD weder eine taktische und noch eine strategische Linie. Der Kurs schlingert und der Kapitän schwankt. Sie strampelt im Sumpf und findet folglich keinen Halt. Noch singt sie auf Parteitagen inbrünstig: „Mit uns zieht die neue Zeit!“. Aber längst droht ihr das Menetekel: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“.

14. 

Hessens SPD-Vorsitzende Ypsilanti will nun die Starre aufbrechen und mit den Grünen eine Minderheitsregierung bilden, toleriert von der Linkspartei. Die wiederum muss damit ohne parlamentarische Probezeit ein politisches Meisterstück schaffen, und zwar stellvertretend für die gesamte LINKE. Denn entscheidend ist nur, was hinten raus kommt.
 

 

 

4.3.2008
www.petra-pau.de

 

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