DIE LINKE. ist da, wie weiter!

Rede von Petra Pau auf der Kreismitgliederversammlung DIE LINKE. in Frankfurt/Main
30. Juni 2007

1. 

Ich hatte am 16. Juni 2007 den Parteitag zu leiten. Tags zuvor tagten wir noch getrennt. Die WASG hie, die Linkspartei.PDS da. Noch einmal wurde um Ultimaten und Kompromisse gefeilscht. Noch einmal wurden offene Briefe mit harschen Tönen ausgetauscht. Noch einmal wurde das Trennende im Gemeinsamen gesucht. Das war am Freitag.
Völlig anders der Sonnabend. Die Wände waren weg. Wir waren plötzlich in einem riesigen Saal und wir füllten ihn. Allein die Größe beeindruckte. Es gab räumlich kein hie und da mehr, nur noch Landesverbände der neuen Linkspartei. Sie war über Nacht offiziell registriert worden. Nun wurde das Bühnenbild durch große Lettern ergänzt: DIE LINKE - Punkt.
Man hätte den Punkt auch durch ein Ausrufezeichen ersetzen können. Irgendwie spürten alle: Hier passiert was Großes und sie gehören dazu. Punkt 9.20 Uhr konnte ich also als Tagungsleiterin verkünden: „DIE LINKE hat das Licht der Bundesrepublik erblickt!“ So ein Erlebnis macht Mut und deshalb möchte ich diese Stimmung gern an euch weitergeben.

2. 

Parallel dazu tagte die FDP in Baden-Württemberg. Ein Journalist kommentierte genüsslich: Die Liberalen veranstalteten ihren Bundesparteitag in der Stuttgarter Porsche-Arena an der Mercedesstraße. Die neu vereinigte Linke begnügte sich dagegen mit einem schlichten Tagungshotel am Neuköllner Schifffahrtskanal in Berlin.
Nun, ganz so schlicht war das Berliner Tagungshotel nicht und es hat auch Geld gekostet, für Linke viel Geld. Aber zurück zur FDP: Westerwelle versucht DIE LINKE wie seinerzeit Franz-Josef Strauß zum Hauptfeind für die Demokratie und für die Freiheit aufzubauschen. Und da kann ich nur sagen: Wer das braucht, der muss schwach drauf sein!
Richtig ist allerdings: Für die FDP steht Platz drei auf dem Spiel. DIE LINKE hat das Zeug, bundesweit zweistellig zu werden und so die Grünen und auch die FDP hinter sich zu lassen. Um diese Chance geht es nun. Sie wird uns nicht geschenkt. Wir müssen sie nutzen. Und um auch das zu sagen: Es könnte auch vorgezogene Bundestagswahlen geben.

3. 

Meine Lieblings-Erklärung zur Gründung der neuen Linkspartei stammt übrigens von meinem SPD-Kollegen Ludwig Stiegler. Das ist der Bayer mit dem unausziehbaren roten Pullunder. Er meinte allen ernstes: Über der Linken liege (Zitat) „der Fluch der Spaltung der Arbeiterbewegung“! Mein Kompliment: Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen.
Die SPD hat dafür gesorgt, dass Arbeitnehmer in Ost und West geteilt bleiben. Die im Osten müssen noch immer für weniger Lohn länger arbeiten. Die SPD hat mit Hartz IV dafür gesorgt, dass Arbeiter ohne Arbeit verarmt werden. Und die SPD hat dafür gesorgt, dass Arbeiter mit Arbeit bis 67 arbeiten müssen. Das und mehr ist es, was spaltet.
Ludwig Stiegler hat alle diese Spalt-Beschlüsse mit beschlossen, auch die unsoziale Gesundheitsreform. Er sitzt im Glashaus, er schmeißt mit Steinen und er wundert sich, dass es dabei in seiner SPD scheppert und nicht bei uns. Nur vier Tage nach dem Gründungs-Parteitag wurden allein im Karl-Liebknecht-Haus 2.000 neue Partei-Eintritte registriert. Das zählt!

4. 

Ich habe mir am Montag nach unserem Gründungs-Parteitag die traditionellen Pressekonferenzen der anderen Parteien auf Phoenix angeguckt. Eine nach der anderen flimmerte über den Bildschirm. Erst die CDU, dann DIE LINKE., danach die SPD, dann die CSU, schließlich die FDP und die Grünen. Sie alle hatten nur ein Haupt-Thema.
Die CDU sprach über DIE LINKE. DIE LINKE sprach über DIE LINKE. Die SPD sprach über DIE LINKE. Die CSU sprach über DIE LINKE. Die FDP sprach über DIE LINKE. Auch die Grünen sprachen über DIE LINKE. Kurzum: Soviel kostenlose Werbung hatte die LINKE. in der langen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie.
Diese neue Aufmerksamkeit hat einen weiteren Grund. Denn bis dato war auf die Linke in der Bundesrepublik Deutschland stets Verlass. Sie hatte immer einen immanenten Hang zur Spaltung. Nun ist das Gegenteil passiert. Wir haben uns vereinigt. Das ist neu und das lässt nun in den Strategie-Zentralen der anderen Parteien die Alarmglocken läuten.

5. 

Darüber können wir uns freuen. Wir sollten aber nicht frohlocken. Es gibt strategische Fragen, die lediglich ruhig gestellt wurden. Ich nenne nur das Stichwort „Regierungsbeteiligungen“ Und es gibt programmatische Fragen, die zwischen der PDS und der WASG strittig blieben. Ich verweise als Beispiel auf das Verhältnis von sozialen und Freiheitsrechten.
Und es gibt kulturelle Differenzen. Es gibt Unterschiede aus der Geschichte. Und es ist auch etwas anderes, ob man im Westen als neue Linke um 5-Prozent plus kämpft oder ob man im Osten als Volkspartei um 20 oder 30 Prozent ringt. Lasst uns diese Unterschiede sachlich annehmen und kulturvoll lösen, also pluralistisch und solidarisch.
Nun noch eine Erfahrung, auch aus der Zeit, als ich mit Gesine Lötzsch allein im Bundestag agierte. Wir waren uns einig: Wir selbst sind letztlich nicht wichtig. Wichtiger war und ist: Politik, Politik, Politik und immer an die Wählerinnen und Wähler denken. Viele setzen jetzt große Hoffnungen in die neue LINKE. Wir dürfen sie nicht egoistisch enttäuschen.
 

 

 

30.6.2007
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

Linkspartei.PDS: Reden & Erklärungen

 

Lesbares

 

Startseite