Aktuelle Notiz: Wossi-Ping-Pong

von Petra Pau
Berlin, 13. Oktober 2006

Drunter geht's nicht, wird's Nichts

1. 

Da ich dies schreibe, ist Freitag der 13. - Oktober 2006. Die Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sind aus den Schlagzeilen, nicht aus dem Sinn. Sie waren Niederlagen, für alle Parteien, denn die Wahlbeteiligung war nochmals gesunken. Und sie waren fatal für die Linkspartei.PDS, allemal in Berlin. Seither kreuzen sich Deutungen und Versuche, die miesen Ergebnisse der Linkspartei.PDS für die eigene Ansicht zu vereinnahmen und gegen andere zu wenden. Mit Analyse hat das alles wenig zu tun. Aber es ist Usus.

2. 

Besonders kurzsichtig ist inzwischen Konrad Weiß. Er war einer der namhaften Bürgerrechtler zu DDR-Zeiten. Nun hat er in der „Netzeitung“ kommentiert, warum seiner Meinung nach die NPD in Mecklenburg-Vorpommern mit rund sieben Prozent in den Landtag gewählt wurde. Schuld „am Desaster von Schwerin“ sei Ministerpräsident Ringsdorf (SPD), der die NPD-gleiche PDS als Regierungspartei acht Jahre lang hoffähig gemacht habe. Weiß übersieht geflissentlich, um nur einen Kurzschluss zu nennen, dass die NPD im absolut CDU-dominierten Sachsen schon vordem nationalistische Siege feiern konnte. Sein Hass auf die DDR verstellt ihm schlicht die Sinne.

3. 

Damit steht er nicht allein. Ein Journalist, der sich links wähnt, schrieb in seinem Blitz-Kommentar: „Die Ossis, die jetzt im Berliner Landesverband (der Linkspartei.PDS) noch im Küchenkabinett geduldet werden, sind entweder Quoten-Zonis oder wessifizierte DDR-Hasser. Etwa der ehemalige und der aktuelle Vorsitzende, Stefan Liebich und Klaus Lederer: Mit der Wolf-Kabale verbindet sie die Absage an den Klassenkampf und den Antiimperialismus und die Bedienung ihrer Randgruppen-Klientel. Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden und sich oft auch keine Kita, kein Schwimmbad und keine warme Wohnung mehr leisten können.“

4. 

Natürlich: Kommentare wollen pointiert sein. Aber zugleich macht der Ton die Musik. Den angestimmten Marsch lehne ich ab. Und es sind absurde Vorwürfe. „Hartz IV“ hat Rot-Grün erfunden, nicht die Berliner Linkspartei. Die hat verhindert, dass - wie anderen Ortes - Hartz-IV-Betroffene massenhaft umziehen müssen, und sie hat Asylsuchende in Wohnungen vermittelt, statt in Lager. Was also soll das Streufeuer a lá Elsässer und wohin soll es führen? Zumal: Der ach so kluge „junge Welt“-Autor hat „nebenbei“ eine Honorar-Stelle bei der Bundstagsfraktion DIE LINKE. Bislang war es nicht üblich, dass aus der Fraktion heraus gesudelt wird. Wir haben Besseres zu tun. Ich jedenfalls.

5. 

Und das führt mich zu der Frage: Was will Herr Elsässer eigentlich wirklich sagen: Schluss mit allem „Randgruppen-Klientel“, mit „Multikulti“, mit „Gendermainstreaming“ und mit der „schwulen Subkult“? Oder anders gesagt: Die neue Linke sollte sich stramm auf die soziale Frage konzentrieren - für Hetero-Deutsche? Mit solchen Parolen macht man aus einer linken Partei eine rechte. Der Wessi Elsässer und der Ossi Weiß könnten so gut miteinander Wossi-Ping-Pong spielen. Sie wären sicher ebenbürtige Partner, wenn es um die Linkspartei.PDS und die neue Linke geht. Wobei ich glaube: Konrad Weiß würde den vermeintlichen "Rand" nicht so kaltblütig abschreiben.

6. 

Warum nehmen wir uns nicht selbst ernst? „Gemeinsam wollen wir eine Partei bilden, wie es sie in Deutschland noch nicht gibt - Linke einigend, demokratisch und sozial, feministisch und antipatriarchal, offen und plural, streitbar und tolerant, antirassistisch und antifaschistisch, eine konsequente Friedenspolitik verfolgend.“ (Zitat aus Programmatische Eckpunkte). Zumal: Eine Partei, wie sie nach meiner Lesart Elsässer vorschwebt, gibt es schon. Sie heißt NPD. Mein Credo bleibt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, und zwar aller! Deshalb muss die neue Linke konsequent eine soziale Partei sein und ebenso eine Friedens-Partei, aber zugleich immer auch eine moderne sozialistische Bürgerrechtspartei. Drunter geht's nicht. Anders wird's nichts.
 

 

 

13.10.2006
www.petra-pau.de

 

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