Bürger-und Menschenrechte sind universell
Rede von Petra Pau auf der 1. Tagung des 10. Parteitags der Linkspartei.PDS in Halle am 29. April 2006
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1. |
Wir können die Mediengesellschaft gut finden. Wir können die Mediengesellschaft schlecht finden. Aber eines können wir nicht:
Wir können die Mediengesellschaft nicht einfach weg beschließen.
Und deshalb mache ich mir seit Tagen Gedanken: Was wird die öffentliche Botschaft von diesem, von unserem Parteitag sein? Und was wird die Schlagzeile vom parallel tagenden Parteitag der WASG sein?
Ich sage euch mein Negativ-Szenario. Vom WASG-Parteitag wird die Schlagzeile geliefert: Adé neue Linkspartei? Und von unserem Parteitag wird berichtet: Münster - Gera - Halle! Die PDS ist wieder bei sich!
Und genau das will ich nicht!
Wir haben bundesweit über vier Millionen Wähler.
Das ist ein millionenfacher politischer Vertrauens-Vorschuss.
Wir haben die Chance auf eine bundesweit neue Linke.
Das ist historisch einmalig in der Bundesrepublik Deutschland.
Und wir haben drängende Probleme, im Land und weltweit.
Die sind unser Kampffelder und nicht "linke" Profil-Neurosen.
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2. |
Nun aber zu meinem eigentlichen Anliegen. Ich danke allen, die mir nach der Wahl zur Vize-Präsidentin des Bundestages gratuliert haben. Und ich wiederhole gern was ich danach gesagt habe.
Ich werde keine unpolitische Vize-Präsidentin sein. Meine Kern-Themen bleiben Bürgerrechte, mehr Demokratie und dazu gehört natürlich immer wieder der Kampf gegen den Rechtsextremismus, und zwar bundesweit.
Und weil ich das ernst meine, will ich auch zwei ganz klare Ansagen machen: eine in die Partei hinein und die zweite ins Land hinaus.
Zur Partei:
Ich stehe zum Grundkonsens der PDS. Dazu gehört der unwiderrufliche Bruch mit dem Stalinismus als System. Und das schließt jede Relativierung von Menschenrechts-Verletzungen aus, die im Namen des Sozialismus begangen wurden oder begangen werden.
Zum Land:
Genauso konsequent weise ich alle Versuche zurück, den aktuellen Rechtsextremismus zu verharmlosen oder ein Gleichheitszeichen zwischen Nazi-Barbarei und DDR zu setzen.
Wer das tut oder versucht - ich nenne nur Brandenburgs CDU-Innenminister Schönbohm - der hat aus der Geschichte nichts gelernt und der hat in der Politik nichts verloren.
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3. |
Das Doppel-Signal, das ich gern von unserem Parteitag hätte, heißt:
Wir starten gemeinsam mit der WASG eine spürbare Kampagne für einen gesetzlichen Mindestlohn von 8 Euro je Stunde.
Wir haben sie gerade gestartet.
So ein gesetzlicher Mindestlohn ist sozial. Denn von Arbeit muss man leben können. Und so ein gesetzlicher Mindestlohn ist wirtschaftlich. Denn er würde den Binnenmarkt von seiner Schwindsucht heilen.
Hinzu kommt: Eine gemeinsame Kampagne der Linkspartei.PDS und der WASG ist allemal sinnvoller, als das Bild von der ewig zerstrittenen Linken, das derzeit geliefert wird.
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4. |
Deshalb sage ich als Berlinerin auch in aller Deutlichkeit: Ich habe nicht für den Bundestag kandidiert und ich wurde auch nicht in den Bundestag gewählt, um trotzkistische WASG-Sekten zu unterstützen.
Ich komme aus einer PDS, die eine andere Gesellschaft will. Und ich komme aus einer PDS, die sich als Partei für den Alltag versteht. Für beides habe ich mich 16 Jahre engagiert und ich werde es weiter tun.
Als bürgerrechtliche Linke sage ich aber auch:
Wer partout im Wolken-Kuckucks-Heim revoluzzern will, der soll das dort nach Herzenslust tun. Aber bitte nicht mit mir und nicht mit uns!
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5. |
Noch mal zurück zum Mindestlohn. Er ist für mich eine Vorstufe für eine soziale Grundsicherung, und zwar für alle, für jede und jeden. Und eine soziale Grundsicherung wäre auch eine bürgerrechtliche Grundsicherung.
Denn im Gegensatz zu Hartz IV entfiele mit einer sozialen Grundsicherung der ganze staatliche Datenklau, zu dem ALG II-Empfänger gezwungen werden. Was natürlich ein Unding ist.
Mein Appell bleibt: Bürger- und Menschenrechte sind universell. Sie gelten zunehmend nur noch für die Schönen und Reichen. Und das will ich nicht. Darüber lasst uns streiten und nicht über uns.
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