Wir sind zum Kampf bereit
Rede von Petra Pau auf der 2. Tagung des 10. Landesparteitags der Linkspartei.PDS Berlin
am 7. April 2006
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1. |
Integration
Wir hatten in dieser Woche im Land und im Bund zum Teil dieselben Debatten. Im Abgeordnetenhaus wurde über Bildungspolitik diskutiert, im Bundestag auch. Im Abgeordnetenhaus war die Integration Thema, im Bundestag ebenfalls. Und wir können sicher sein: Beide Komplexe werden auch im Berliner Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen.
Und da finde ich: Darauf sind wir konzeptionell gut vorbereitet. Und wer dabei welche Argumente bedient, auch das wurde diese Woche auch überdeutlich, im Bundestag und im Abgeordnetenhaus.
Nehmen wir die Unions-Parteien: Wenn es um Migration und Integration geht, dann sind das für die CDU und CSU klare Fälle für die Innenpolitik. Wenn wir als LINKE über Migration und Integration sprechen, dann eingebettet in die Soziale Stadt. Das ist ein gravierender Unterschied.
Wenn die CDU über Migration und Integration spricht, dann vor allem mit Forderungen wie Bestrafen, Einsperren und Ausweisen. Das ist gefährlich und einfältig. Wir wollen keine Einfalt, wir wollen Vielfalt, denn Vielfalt ist ein gesellschaftlicher Reichtum. Also lasst uns dafür als LINKE gemeinsam weiter kämpfen, im Bund und in Berlin.
Ich bin in den letzten Monaten viel herumgekommen. Und wo es sich anbot, habe ich für Euer, habe ich für das Berliner Integrationskonzept geworben. Und immer wenn ich mit Fachkundigen dazu ins Gespräch kam, wurde mir bescheinigt: Berlin hat derzeit das modernste Konzept erarbeitet, das bundesweit im Angebot ist.
Diese Erfahrung wollte ich Dir, liebe Heidi, und allen, die daran mitgearbeitet haben, unbedingt sagen. Denn es ist ein gutes Gefühl, wenn man in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen so ein Lob über die eigene Partei hört. Aber auch das gehört zur Bilanz nach vier Jahren Rot-Rot. Und deshalb haben wir als Berliner Linkspartei.PDS allen Grund, damit selbstbewusst umzugehen.
Dass wir das können, zeigt nicht nur ein Blick auf die Plattitüden der CDU/CSU. Friedbert Pflüger hat sie übrigens alle gepaukt. Von eben solcher Güte sind die Deutsch-Tests, die derzeit in CDU-regierten Ländern wie Pilze aus dem Boden schießen.
Mein liebster ist noch immer der aus Baden-Württemberg. Ihr wisst schon: Demnach sollen es muslimische Frauen schau finden, wenn ihre Söhne schwul sind. Und demnach sollen sich muslimische Männer freuen, wenn sie endlich eine Frau zur Chefin bekommen.
Nach diesen Vorgaben müsste Benedikt XVI. in Baden-Württemberg ausgedeutscht werden. Denn er würde nie eine Frau über sich dulden und über einen schwulen Sohn darf er sich auch nicht freuen.
Das ist Integrations-Politik a lá CDU. Berlin soll weltoffen, tolerant, sozial und modern sein. Und dafür haben wir nun mal die besseren Konzepte. Also nutzen wir sie auch im Wahlkampf.
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2. |
Bildungs-Politik
Auch mit einem zweiten Thema liegen wir goldrichtig: Mit der Reform des Bildungswesens. Die Debatte ist nach den Ereignissen rund um die Neuköllner Rütli-Schule voll entbrannt. Aber es geht nicht nur um diese Hauptschule. Das Grundübel liegt tiefer, es liegt am System.
Spätestens seit den wiederholten PISA-Studien wissen alle: Das Land der Dichter und Denker hat im internationalen Vergleich ein großes Bildungsdefizit. Das ist ein aktuelles Thema und das ist ein Zukunftsthema. Und es spricht für uns, dass wir seit langem an wirklichen Reformen im Bildungswesen arbeiten.
Die CDU will im Prinzip, das alles so bleibt wie es ist. Und auch die anderen Parteien sind nach meiner Beobachtung eher zögerlich. Dagegen haben unsere Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker eine gute Vorarbeit geleistet. Wir wollen ein integratives Schulsystem. Das steckt hinter dem Slogan skandinavisch schlau.
Dieser Systemwechsel geht nicht von Heute auf Morgen. Aber jeder Marathon beginnt nun mal mit dem ersten Schritt. Und den sollten wir jetzt auch gehen. Und lasst Euch bitte nicht beirren. Denn auch in der Bildungspolitik agiert die CDU als konservativer Scharlatan.
Ihr Lieblingsargument ist: Dort, wo die Union regiert, gäbe es im Ländervergleich die besten PISA-Ergebnisse. Auf den ersten Blick scheint das sogar zu stimmen. Aber spätestens der zweite Blick zeigt, wie klein kariert und elitär die CDU denkt und verfasst ist.
Im internationalen Vergleich sind die Unterschiede zwischen Bayern und Mc-Pommern nämlich marginal. Die stolze Bundesrepublik Deutschland insgesamt kann mit den Bildungserfolgen anderer Länder nicht mehr mithalten. Das ist die traurige Wahrheit. Und dort, wo die Bildungs-Welt aus Unions-Sicht in Ordnung scheint, genau da ist die soziale Auslese am größten.
Unsere Fraktion im Abgeordnetenhaus hat seit Monaten an Alternativen gearbeitet. Was übrigens auch heißt: Sie hat zugleich Berechnungen angestellt, was ein Systemwechsel im Berliner Bildungswesen kosten könnte. Das gehört zur Seriosität linker Radikalität.
Ich kenne derzeit in der Parteien-Landschaft nichts Vergleichbares, das politisch von anderen Parteien ernsthaft vertreten wird Wir können es und auch das gehört zur Bilanz der letzten Jahre und auch damit können wir als LINKE selbstbewusst in den Wahlkampf ziehen.
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3. |
Bürgerrechte
Wir haben die Chance, dass am 17. September nicht nur gewählt wird. Wenn alles gut geht, kann am Wahltag zugleich eine Volksabstimmung über mehr Demokratie in Berlin stattfinden. Ihr kennt meine Meinung:
In Sachen direkter Demokratie ist die Bundesrepublik Deutschland ein EU-Entwicklungsland. Das wurde vielen spätestens wieder bewusst, als es um die EU-Verfassung ging.
Dank Rot-Rot wurde in Berlin schon vieles verbessert, insbesondere auf Bezirksebene. Und es gehört zu den Treppenwitzen des Vor-Wahlkampfes, dass sich ausgerechnet die Berliner CDU nun emsig an Bürgerentscheidungen beteiligt, die sie lange aus Prinzip abgelehnt hatten.
Nun müssen sie nur noch lernen, wie direkte Demokratie wirklich funktioniert. Als es um Unterschriften gegen die teilweise Umbenennung der Koch-Straße in Rudi-Dutschke-Straße ging, wurde Friedbert Pflüger eilends vorgeschickt, auf das er medienträchtig unterschreibe.
Das war natürlich Unsinn. Pflüger mag ein flotter Hannoveraner sein. Ein guter Berliner ist er deshalb noch lange nicht. Er war schlicht nicht unterschriftsberechtigt.
Ich greife dieses Beispiel allerdings auch aus einem zweiten Grund auf. Ich wünsche mir nämlich, lieber Harald, dass Du Dich als Berliner Spitzenkandidat meiner Partei öfter medienträchtig zeigst, natürlich regelgerecht.
Du hast das Image eines fleißigen Arbeiters. Das ist gut so. Aber damit allein gewinnt man keine Wahlen. Wahlkampf ist Öffentlichkeitsarbeit. Und deshalb würde ich Dich zum Beispiel gern öfter in der rbb-Abendschau sehen - und nicht nur Wowereit, Pflüger oder deine Staatssekretäre.
Zurück zu Bürgerrechten. Wenn es gelingt, im Berliner Abgeordnetenhaus die nötige Zweidrittel-Mehrheit für mehr Demokratie auch auf Landesebene zu schaffen, dann ist das auf jeden Fall ein Erfolg für die Linkspartei.PDS.
Und wenn das gelingt, dann hat Rot-Rot auch hier die Hauptstadt, vor allem aber die Berlinerinnen und Berliner, aufgewertet. Auch damit kann ich gut in den Berliner Wahlkampf gehen. Und das werde ich gerne tun. Und ich soll euch sagen: Alle vier Berliner Bundestagsabgeordneten sind zum Kampf bereit und nicht nur sie. Also lasst uns gemeinsam starten!
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