Für eine 3. Erneuerung

Beitrag für das Treffen des Netzwerkes Progressive Linke am 3. Juni 2023 in Berlin

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Liebe progressive Linke,

ich grüße euch aus Israel, kann also nicht unmittelbar an der Beratung heute teilnehmen. Deshalb will ich auf diesem Weg zwei Gedanken zustimmend zum Antrag „Die LINKE neu begründen“ zur Diskussion beisteuern.

Erstens: Bereits seit Geraumen werbe ich für eine 3. Erneuerung unserer Partei, inklusive programmatischer und strategischer Debatte.
Die 1. Erneuerung war 1989/90. Aus einer vordem stalinistischen Einheitspartei wurde eine plurale Ost-Partei des Demokratischen Sozialismus mit Westablegern.
Die 2. Erneuerung datiert 2005-07. Mit der Vereinigung von Linkspartei.PDS und WASG entstand eine gesamtdeutsche Protestpartei gegen die Agenda 2010, für soziale Gerechtigkeit.
Die 3. Erneuerung sollte zu einer linksalternativen Pro-Partei des 21. Jahrhunderts führen.
 

Das führt zweitens zu der Frage, was Linkssein im 21. Jahrhundert bedeutet?
Dazu biete ich meinen Rück- und einen Ausblick in 12 kurzen Punkten an:

 1. 

Von politisch links war erstmals im Zuge der französischen Revolution anno 1789 –1799 die Rede. Seither ging es Linken stets um die Anerkennung der Gleichheit der Menschen und gegen jedwede Unterdrückung.

 2. 

Ich finde: Links ist alles Bestreben, Artikel 1 Grundgesetz – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – im wahren Leben zu verankern - aller Menschen, nicht nur der Schönen und Reichen und nicht nur der Deutschen und Weißen.

 3. 

Für Linke gibt es drei Generalthemen: Soziale Gerechtigkeit, Frieden sowie Bürgerrechte und Demokratie. Das war so und das bleibt so. Gleichwohl gibt es im 21. Jahrhundert historisch neue Herausforderungen.

 4. 

Eine ist die nahende Klimakatastrophe. Sie ist die größte soziale Herausforderung, droht sie doch die Menschheit und überhaupt alles Leben zu vernichten. Schon deshalb kann die Linke das Thema nicht den Grünen überlassen.

 5. 

Die zweite Herausforderung ist die Digitalisierung. Sie ermöglicht historisch neue Möglichkeiten der Kommunikation, bricht aber auch mit dem Datenschutz, mithin mit der Demokratie – und ist deshalb nicht nur ein Thema für Piraten.

 6. 

Bereits Friedrich Engels hatte betont: neue, bis dato nicht bekannte Produktivkräfte, ermöglichen den Aufstieg in eine neue Gesellschaftsordnung: neue Möglichkeiten pro Energie und neue Möglichkeiten der Kommunikation.

 7. 

Ohne Dampf-, später Elektroenergie und ohne Telegrafie, später Telefonie wäre der Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus nicht möglich gewesen. Sie waren die Basis für entsprechende politische Ambitionen.

 8. 

Der Sozialismus sowjetischer Prägung, also auch die DDR, scheiterte auch deshalb, weil es keine neuen Formen der Energie und der Kommunikation gab. Es fehlte eine materielle Basis, die über den Kapitalismus hinaus drängte.

 9. 

Könnte es nun sein, dass die Solaroption im weiten Sinne und die Digitalisierung miteinander genau ein solches antikapitalistischen Potential bergen? Und entfalten können, vorausgesetzt, es wird politisch entsprechend gefördert?

10. 

Der Kapitalismus drängt seinem Wesen nach auf Konzentration und Expansion, militärisch inklusive. Maßstab ist der Mehrwert der Produkte. Solar und Digital ermöglichen dezentrale Lösungen, wobei der Gebrauchswert maßgebend wird.

11. 

Es gibt auch in Deutschland Regionen, die bereits energie-autark sind, also unabhängig von großen Konzernen. Zugleich sind weltweit Beispiele bekannt, wonach durch 3D-Drucker sogar Häuser und Autos produziert wurden, also wieder ohne Profiteure.

12. 

Das alles sind noch Ausnahmen von der Regel. Aber sie bergen dezentrale und basis-demokratische Lösungen, mithin materielle antikapitalistische Alternativen. Eine LINKE der Zukunft muss sich dieser Themen annehmen, als Pro-Partei.

Zusammengefasst:

Linke müssen natürlich sozial engagiert, also Rote sein, aber zugleich Grüne und Piraten. Jede Mahnung, die LINKE müsse sozial und sonst nichts sein, ist aus dem vorigen Jahrhundert.

Solidarische Grüße

Petra Pau
 
 

 

 

3.6.2023
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