Sozial, solar, digital
Rede von Petra Pau auf der Hauptversammlung der LINKEN Marzahn-Hellersdorf am 23. April 2022
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0. |
Als ob die Wahldesaster bei den zurück liegenden Wahlen nicht genug wären, haben wir es zudem mit einer innerparteilichen Sexismus-Debatte und mit einem Vorstand in Auflösung zu tun.
Wir schauen in einen tiefen Abgrund.
Mittwoch gab es eine Sondersitzung des Bundesvorstandes, jetzt tagt er gleich weiter. Katina Schubert hat dazu gesprochen.
Ich unterstütze ausdrücklich den dringlichen Antrag der Jungen LINKE zur Umsetzung des Beschlusses vom Mittwoch. Ich merke dazu an: die Hilfe und Prävention müssen professionell organisiert werden, das darf nicht aufs Ehrenamt abgewälzt werden ...
Vor reichlich einer Woche hatte ich der Bundesgeschäftsstelle unserer
Partei ein Positionspapier zur Diskussion übermittelt. Es wurde nicht veröffentlicht. Ich werde es u. a. der nächsten MaHeLi anbieten.
Und auch jetzt werde ich mich inhaltlichen Fragen widmen.
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1. |
Wir leben im 21. Jahrhundert. Und das unterscheidet sich aus meiner Sicht in zwei Punkten von den vorherigen.
Negativ: Die Menschheit ist rasant dabei, sich und überhaupt alles Leben zu vernichten. Ich spreche von der drohenden Klimakatastrophe.
Positiv: Die Menschheit hat neue Produktivkräfte entwickelt,
ich meine die Solaroption im weiten Sinne und die Digitalisierung,
die Miteinander über den Kapitalismus hinausweisen können.
Natürlich nicht im Selbstlauf,
sondern nur bei einer entsprechenden Politik.
Das sind zwei herausragende Punkte, weshalb ich sage:
DIE LINKE braucht eine dritte Erneuerung,
inklusive programmatischer und strategischer Debatte.
Wir müssen eine gefragte linke Zukunftspartei werden,
natürlich sozial, also Rote, aber zugleich Grüne und Piraten.
Das habe ich schon vor unserem Wahldebakel 2021 gesagt,
das meine ich seither erst Recht.
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2. |
Bei meinen Gedanken über das 21. Jahrhundert hatte ich
eine Option bisher zu meist ausgeblendet: die Gefahr eines atomaren Weltkrieges. Seit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands
auf die Ukraine ist dieser Punkt wieder brandaktuell.
Dabei darf es für eine Friedenspartei DIE LINKE
keinerlei Geeiere geben: Der Aggressor heißt Putin und sein Clan.
Wir stehen solidarisch an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer.
Wir verdammen aber auch nicht pauschal Russinnen und Russen.
Wir unterstützen alles, was Frieden schafft.
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3. |
Alle demokratischen Parteien, von CSU bis LINKE, haben im Bundestag Russlands Aggression gegen Ukraine verurteilt.
Damit endeten aber auch die Gemeinsamkeiten.
Nahezu im Handstreich hat Bundeskanzler Scholz die deutschen
Militärausgaben erhöht, um sofort 100 Mrd. Euro
und grundsätzlich auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP).
Diese Hochrüstung lehnt DIE LINKE ab
und hat es auch im Bundestag getan.
Mehr Waffen schaffen keine Frieden. Sie erhöhen die Kriegsgefahr.
Mehr Milliarden für Rüstung bringen keine globalen Lösungen,
nicht in der Klimafrage, nicht bei der Bekämpfung von Armut.
Die Bundestagsfraktion hat einmal durchdekliniert, wie die 100 Mrd. Euro sinnvoll eingesetzt werden könnten: https://100mrd.linksfraktion.de/
Bitte verbreitet diese wirklichen Alternativen.
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4. |
Zig-Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind auf der Flucht,
die meisten in Polen. Zigtausende suchen in Deutschland Schutz.
Deshalb will ich ausdrücklich all jenen danken, die sie,
auch in unserem Bezirk, empfangen und betreuen.
Danke!
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5. |
Nun komme ich noch einmal auf meinen Einstieg zurück,
auf neue Herausforderungen im 21. Jahrhundert.
Ferdinand von Schirach hat 2021 eine Buch
mit dem Titel Jeder Mensch publiziert.
Darin erinnert er an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Europäische Menschenrechtskonvention.
Er mahnt, diese bekannter und einklagbarer zu machen.
Er meint zudem, dass diese im 21. Jahrhundert nicht mehr ausreichen.
Also schlägt er weitere, neue Grundrechte vor.
Drei benenne ich abschließend:
Erstens: Jeder Mensch hat das Recht, in einer
gesunden und geschützten Umwelt zu leben.
Zweitens: Jeder Mensch hat das Recht auf digitale Selbstbestimmung. Die Ausforschung oder Manipulation von Menschen ist verboten.
Drittens: Jeder Mensch hat das Recht, dass ihn belastende Algorithmen transparent, überprüfbar und fair sind. Wesentliche Entscheidungen muss ein Mensch treffen, und nicht künstliche Intelligenz.
Soweit Schirrach zu neuen Grundrechten: geschützte Umwelt, digitale Selbstbestimmung, künstliche Intelligenz.
Mit ihm und ihnen will ich unterstreichen, warum ich für eine neue programmatische Debatte werbe. Wir brauchen sie. Wir müssen im 21. Jahrhundert gefragt sein, gerade auch für junge Linke.
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