Ein anderes Lied, besseres Lied, für eine neue soziale Idee

Rede von Petra Pau auf dem fds-Sondertreffen am 28. Juni 2014 in der „Alten Börse“, Berlin-Marzahn

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1. 

Ein erster Gedanke:
 
Demnächst jährt sich zum 20. Mal die Rede von Stefan Heym als Alterspräsident im Bundestag. Dort sagte er unter anderem:
 
„Toleranz und Achtung gegenüber jedem einzelnen und Widerspruch und Vielfalt der Meinungen sind von Nöten.“
 
Diese politische Mahnung des Demokraten Stefan Heym sollte für demokratische Sozialistinnen und Sozialisten erst recht gelten.
 
Umso weniger verstehe ich, dass Vielfalt in der LINKEN häufig bis in die Parteispitze hinein eher als Last, denn als Lust empfunden wird.
 
Allemal, wenn es um das Forum Demokratischer Sozialismus geht, dem zuweilen selbst sein Links abgesprochen wird. Das muss sich ändern.

2. 

Mein zweiter Gedanke:
 
Ein Buch von Prof. Dr. Dieter Klein heißt „Das Morgen tanzt im Heute“. Er dürfte dem fds nahe stehen, so wie das fds bei ihm Anregung findet.
 
Darin zeichnet er große Transformationslinien, die den Kapitalismus und später Wege zu einem demokratischen Sozialismus öffnen könnten.
 
Keine Revolution, nach deren Einschlag die Sonn ohn' Unterlass scheint, sondern radikale Reformen, die zu einer neuen Qualität führen.
 
Zudem wissen wir von Karl Marx, dass keine Gesellschaftsordnung untergeht, ehe nicht neue Produktivkräfte über sie hinaus weisen.
 
Und in der Tat hatten bisher alle großen gesellschaftlichen Umbrüche stets zwei materiellen Revolutionen zur Voraussetzung:
 
Die Fähigkeit, bislang ungeahnte Energien nutzen zu können, und neue Möglichkeiten für eine bis dato nicht gekannte Kommunikation.
 
Der Kapitalismus übernahm, nachdem fossile Energieträger massenhaft nutzbar und eine verbindende Kommunikation möglich wurden.
 
Und nun frage ich mich und uns: Könnte es sein, dass längst die nächste Revolution naht und dass ausgerechnet die Linke sie verschläft?
 
Die Solarwende kann zu einer Energie-Revolution führen, allemal, wenn sie dezentral forciert wird, gegen die Kartellmacht großer Monopole.
 
Und das fürwahr „Neuland“ Internet eröffnet zudem nie da gewesene Kommunikationsmöglichkeiten im globalen Kontext.
 
Beide bieten - in Wechselwirkung - auch die Basis für grundlegende gesellschaftliche Veränderungen, die natürlich politisch umstritten bleiben.
 
Jeremy Rifkin, der sich nicht als Linker versteht, sieht schon einen dezentralen Kapitalismus mit Demokratiepotenzial am Horizont.
 
Und Hermann Scheer (SPD) sah in einer Solarwende, die weit über die Energie hinausgeht, Grundlagen für einen Demokratischen Sozialismus.
 
Meine Sorge ist: DIE LINKE hat die Gefahren fest im Blick. Das ist wichtig. Aber nicht die Chancen des 21. Jahrhunderts.
 
Unser Kontra ist klar, unser Pro verschwommen. Das zu ändern, könnte ein strategischer Anspruch des fds werden.
 
Wobei klar ist: beide, Gefahr und Chance, erfordern natürlich immer den politischen Kampf, einen gewinnenden.

3. 

Ein dritter Gedanke:
 
Wenn das alles stimmt, dann brauchen wir als Partei neben Sozialengagement und Friedenswille auch Netz- und Solarkompetenz.
 
Und zwar nicht als linke Nischen- oder Hobbythemen, sondern als schlüssiges Angebot der Gesamtpartei DIE LINKE.
 
Ich fände es spannend, wenn sich das fds dieser und weiteren Fragen annehmen und somit Brücken zu weiteren Akteuren schlagen würde.
 
Nicht als Partei in der Partei, wie ich las, sondern im besten Wortsinne als Forum für einen Demokratischen Sozialismus.
 
Übrigens auch für jene, die für ein bedingungsloses Grundeinkommen streiten. Denn die nahende „Industrie 4.0“ wird dieses Thema anheben.
 
Und um einen Wunsch aus den Hessen-Thesen für dieses Treffen aufzugreifen, mit dem Verweis auf ihren fds-Oldi Heinrich Heine:
 
Der oft zitierte „neue Sound“ könnte dann fürwahr ein „anderes Lied, besseres Lied“ sein, einladend für eine wirklich „neue soziale Idee“.
 

 

 

28.6.2014
www.petra-pau.de

 

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