Fernwünsche für Otto Schily

Bundesministerium des Innern
Bundesminister Otto Schily
Alt-Moabit 101 D
10559 Berlin

Allgäu, Juli 2002

Sehr geehrter Herr Otto Schily,

Sie vollenden heute Ihr siebtes Jahrzehnt. Dazu meinen herzlichen Glückwunsch. Nicht immer, Sie wissen es, waren und sind wir einer Meinung. Aber ich finde: das ist gut so.

Wir haben eine Legislatur lang miteinander gerungen, zuweilen im Innenausschuss, gelegentlich via Medien. Halt so, wie es sich zwischen einer Regierung der Mitte und einer Opposition zur Linken gehört.

Als es am 14. 12. 2001 um Ihr zweites „Sicherheitspaket“ ging, hielt ich es eher mit Heribert Prantl von der „Süddeutschen Zeitung“. Er sprach von der „Gründung eines neuen Staatstyps“. Und in der „Berliner Zeitung“, Sie erinnern sich vielleicht, wurde der „Abschied von der liberalen Verfassungsidee“ beklagt.

Ich habe das viel zitierte „Otto-Paket“ als Idee aufgegriffen und als PDS-Werbemittel zum heftigen Verteilen gestalten lassen. Ein Exemplar lege ich diesem Brief bei.

Auch in der „Einwanderungsfrageѻ liegen wir bekanntlich über Kreuz. Dass Sie Ausländer assimilieren wollen, wunderte mich kaum noch. Nur als ich las, Sie seien Sorbe, wurde ich stutzig. „Wieso vergaß er, wie wichtig andere Sitten und Bräuche sind“, dachte ich.

Plötzlich stellte ich mir einen Obst- und Gemüsemarkt vor. Rechts liegen stolz ein paar knackige Spreewaldgurken, links harrt eine Staude leckerer Bananen - etwas verstört. Denn die einheimischen Gewächse, selbst Exoten, sprachen: „Entweder du wirst gurkig wie wir oder wir schicken dich zu den Affen zurück!ѻ

Auf das NPD-Verbot will ich nur kurz eingehen. Das Verfahren ist natürlich verfahren. Allemal, so lange Sie die unsägliche V-Leute-Praxis wichtiger nehmen als das Verfassungsgericht und den Bundestag.

Aber das alles muss Sie zu einem so schönen, runden Jubiläum nicht verdrießen.

Auch nicht der Streit, ob das Renten- und Pensionsalter hochgesetzt oder abgesenkt werden sollte. Ich bin für runter. Aber Ihre 70 Lebensjahre sind ohnehin jenseits des Zwistes. Also wünsche ich Ihnen zum Fest auch, dass Sie Ihren Vorsätzen treu bleiben und sich demnächst schöneren Dingen widmen können.

Mit besten Grüßen

Petra Pau
Stellv. PDS-Vorsitzende
 

 

 

20.7.2002
www.petra-pau.de

 

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