Ein Schloss per Dekret?

Fragen an Petra Pau, stellvertretende Parteivorsitzende der PDS, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Berlin-Beauftragte der PDS-Bundestagsfraktion

Neues Deutschland vom 03.07.2002

Morgen soll im Bundestag über die Gestaltung des Berliner Schlossplatzes debattiert werden. Dabei spitzt sich alles auf die Frage zu, ob das dort zu errichtende Gebäude in den Ausmaßen des Schlosses auch dessen barocke Fassaden erhält, oder ob die Fassadengestaltung in einem Architektenwettbewerb geklärt werden soll. Beide Varianten stehen zur Abstimmung, was stört die PDS?

Dass damit die Schlossplatzdiskussion wieder auf den Kopf gestellt wird. Zuerst soll die Fassade verordnet werden, bevor überhaupt die Nutzung feststeht.

Die Nutzung wurde von einer internationalen Expertenkommission vorgeschlagen: Museen, Bibliothek, ein Veranstaltungsbereich.

Das ist ein Minimum. Eigentlich müssen noch mehr spannende und kritische Geister den Platz beleben, etwa das haus der Kulturen der Welt, Greenpeace oder Mehr Demokratie e.V. Außerdem ist noch offen, wie die Nutzungsempfehlungen umgesetzt werden sollen, wer Bauherr wird und wie das alles finanziert werden kann. Es kann ja sein, dass die Schlossarchitektur den Erfordernissen einer musealen kleinteiligen Nutzung gar nicht entspricht. Deshalb haben Bundesregierung und Senat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Empfehlungen der Experten prüfen und ein Nutzungs- –und Finanzierungskonzept erarbeiten soll. Verordnet der Bundestag jetzt die Fassaden, entzieht er der Arbeitsgruppe die Grundlage.

Die Abgeordneten können sich doch zwischen beiden Varianten entscheiden?

Eine Gruppe in der SPD, voran Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, versucht alles, eine Mehrheit für das Schloss und den Abriss des Palastes der Republik zu organisieren. Der ursprüngliche Antrag von Rot-Grün, der einen Architektenwettbewerb vorsah, wurde deshalb zurückgezogen. Jetzt können die Schlossfans in beiden Fraktionen mit CDU und FDP für das Schloss stimmen. Eine Diskussion über die Empfehlungen der Expertenkommission insgesamt wird so verhindert und alles auf die Frage Schloss oder Nichtschloss verengt.

War die Kommission eine Alibiveranstaltung, um das Schloss zu begründen?

Ihre Ergebnisse werden jedenfalls dazu benutzt. Die Experten haben viel geleistet, um aus dem ideologischen Graben Schloss kontra Palast herauszukommen. Jetzt sind wir wieder mittendrin, weil selektiv das herausgegriffen wird, was manche seit Jahren präferieren: Den Wiederaufbau des Schlosses. Das halte ich nicht nur für undemokratisch, sondern auch für ungehörig sowohl gegenüber der Kommission als auch den Bürgern.

Was meinen Sie mit selektiv?

Die Kommission hatte sich nur mit dünner Mehrheit für die Schlossfreiheit ausgesprochen, aber auch für die Zwischennutzung des Palastes der Republik und die mögliche Einbeziehung von Teilen des Palastes. Das passt aber nicht in den Kram und wird einfach ausgeblendet.

Wie wird sich die PDS-Fraktion verhalten?

Wir haben einen eigenen Antrag eingebracht, der auch diese Intentionen aufnimmt. Wenn er scheitert, werden wir sicher dafür stimmen, über die Fassade einen Architektenwettbewerb entscheiden zu lassen.

Fragen: Bernd Kammer
 

 

 

3.7.2002
www.petra-pau.de

 

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