Streit um Honeckers Amtssitz: PDS-Politiker gegen Elite-Uni

Bundeszentrale für politische Bildung will auch ins Staatsratsgebäude
•  Berliner Zeitung vom 24.4.2002

Ulrich Paul

Erich Honecker residierte hier, später auch Bundesbauminister Klaus Töpfer und Kanzler Gerhard Schröder. Wenn es nach Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) geht, soll im ehemaligen Staatsratsgebäude am Schlossplatz noch in diesem Jahr die geplante Elitehochschule der deutschen Wirtschaft einziehen. Doch dagegen formiert sich jetzt Widerstand - unter anderem beim Koalitionspartner der Sozialdemokraten, bei der PDS.

Die stellvertretende PDS-Fraktionsvorsitzende im Bundestag und Berlin-Beauftrage Petra Pau sagte am Montagabend, sie lehne eine „Privatisierung“ des Staatsratsgebäudes als Eliteschule der Wirtschaft ab. Eine solche Idee entspreche den „Reputationswünschen Berlins“, aber „nicht dem Votum der internationalen Expertenkommission“. Die Kommission empfiehlt, das Staatsratsgebäude als „Medien- und Kommunikationszentrum der Bundeszentrale für politische Bildung“ zu nutzen.

Die Bundeszentrale für politische Bildung will sich den bereits in Aussicht gestellten Standort am Schlossplatz nicht einfach wegnehmen lassen. Die Chance, das Staatsratsgebäude öffentlich zu nutzen, dürfe „nicht vergeben werden“, heißt es in einer Einladung der Bundeszentrale für ein Gespräch mit Vertretern der Kulturszene. Die Generaldirektorin der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB), Claudia Lux, unterstützt das Konzept der Kommission. Es ermögliche der Humboldt-Uni, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der ZLB, ihre Pläne für den Neubau auf dem Schlossplatz bereits im Vorfeld im Staatsratsgebäude zu präsentieren. Sie wisse nicht, ob dies noch möglich wäre, wenn die Elitehochschule das Gebäude nutzen dürfte.

Finanziert werden soll die „European School for Management & Technology“ (ESMT) von Unternehmen. In Wirtschaftskreisen gibt man sich zur Frage einer möglichen Kooperation zurückhaltend. Eine Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung sei nicht ausgeschlossen, hieß es - aber nur, wenn der Platz dafür ausreiche.

Nach Ansicht von Kultursenator Thomas Flierl (PDS), der den Hochschulbetrieb genehmigen müsste, sollte das Staatsratsgebäude so genutzt werden, wie es die Expertenkommission empfiehlt. „Möglichst schnell“ sei in dem Gebäude das empfohlene Informations- und Projektforum einzurichten. Dieses Forum sollte die Bebauung des Schlossplatzes „bis zur Fertigstellung begleiten“. Damit wäre das Gebäude über Jahre belegt.

Ein einheitliches Vorgehen der PDS gibt es in der Frage der Nutzung aber nicht. Im Gegensatz zu Pau und Flierl begrüßt Wirtschaftssenator Gregor Gysi den Vorschlag, die Uni im Staatsratsgebäude einzurichten. „Die internationale Business-School, die sich ja auch nach Osten öffnen will, wäre ein wichtiges integratives Element für den Standort Berlin“, sagt Gysi. „Ich fände es gut, wenn sie zumindest für einen Übergangszeitraum ins Staatsratsgebäude zieht.“ Die letzte Entscheidung hat jedoch der Bund zu treffen. Ihm gehört die Immobilie. Mitte Mai wollen Bundesregierung und Senat über den Bericht der Expertenkommission und die Zukunft des Staatsrats beraten.

Der Sprecher des Regierenden Bürgermeisters, Michael Donnermeyer, versucht unterdessen die Kritik aus der PDS herunterzuspielen. „Frau Pau ist eine Bundestagsabgeordnete.“ Was sie gesagte habe, „das beeindruckt uns wenig“.
 

 

 

24.4.2002
www.petra-pau.de

 

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