Ankündigung

Die Union und der rechte Rand - Strategien der CDU/CSU im Umgang mit Parteien der extremen Rechten

Forum 2000plus
Forum 6: Vorstellung der neuen Studie und Diskussion

München, 11. April 2002

Anfang des Jahres 2002 bot der Rechtspopulist Ronald Schill sich und seine Hamburger Regionalpartei als bundespolitischen Partner für die Union und ihren Spitzenkandidaten Stoiber an. Aus Schills Sicht war dies insofern folgerichtig, als sich die sogenannte Schill-Partei als „CSU des Nordens“ sieht und von einer weitgehenden inhaltlichen Übereinstimmung mit dem Kandidaten Stoiber ausgeht. Die umgehend erfolgten Dementis aus der Union waren Ausdruck der Angst genau dem Bild zu entsprechen, das SPD und Grüne vom politischen Hauptkonkurrenten malen: Eine Union unter Führung von Stoiber, die sich auf der rechten Seite des politischen Spektrums verorten lässt und damit die viel umworbene „Mitte“ frei gibt. In der Tat wäre es geradezu fahrlässig von der Union, auf einen strategischen Partner wie Schill zu setzen, dessen überregionale Träume schnell zerplatzen können. Dennoch offenbarte das Angebot Schills ein Dilemma der Union vor der nächsten Bundestagswahl: Sie steht ohne „natürlichen“ Koalitionspartner da, wohingegen die Sozialdemokratie mit Grünen und PDS zwei nur auf sie ausgerichtete potentielle Partner besitzt und die FDP eine weitere mögliche Option bildet. In einer solchen Situation kann ein möglicher neuer Partner rechts der Union tatsächlich an Bedeutung gewinnen, jedenfalls dann, wenn er ein Spektrum abdeckt, das die Union nicht mit vollem Elan bedienen kann. Wenn Wahlen in der Mitte gewonnen werden, dann muss sich auch ein Kandidat Stoiber hier verorten. Der rechts frei werdende Raum sollte dann von einer Partei besetzt werden, die als möglicher Partner in Frage kommt. Die Schill-Partei würde diesen Anforderungen besser entsprechen als alle bisherigen Parteien rechts der Union, weil sie nicht ohne weiteres als Partei der extremen Rechten identifiziert werden kann.

Aus diesen Spekulationen ergeben sich Fragen nach dem Umgang der Union mit Parteien rechts von ihr, Fragen nach der inhaltlichen Nähe und Distanz der Union zum rechten Rand, Fragen auch nach der Entwicklung in anderen europäischen Ländern, in denen eine Zusammenarbeit zwischen konservativen Volksparteien und Parteien des rechten Randes zu beobachten ist.

„Rechts der Union darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben“, dieses Diktum von CDU/CSU gilt bis heute und für den größten Teil der Nachkriegsgeschichte. Dennoch lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit, um dem Verhältnis der Union zu den vielfältigen Parteien rechts von ihr - von der SRP, über die NPD in den sechziger Jahren bis zu den Reps und der DVU (auch der DSU) in den Neunzigern - nachzugehen. Mindestens personell gibt es hier Verbindungen: Etwa die Gründung der Reps durch ehemalige CSU-Mitglieder (Voigt, Handlos und Schönhuber) oder die Affinitäten des ehemaligen Berliner CDU-Senators Lummer zur extremen Rechten.

Darüber hinausgehend und wichtiger ist das inhaltliche Verhältnis der Union zu den Parteien des rechten Randes. Die oben zitierte Delegitimierungsstrategie ist vor allem taktisch zu verstehen, sagt noch nichts über mögliche inhaltliche Berührungspunkte. Hier lässt sich vielmehr eine Nähe beobachten, etwa im Menschenbild, in der Stellung zu Nation, Volk und Heimat, in der Frage der Zuwanderung und des homogenen Verständnisses der Nation, aber auch in der Stellung zum Sozialsystem, zur gewerkschaftlichen Interessenvertretung und zur Rolle des Staates. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein inhaltlich erneuerter Rechtspopulismus, der den Spagat zwischen traditionellem Rechtskonservatismus und modernem Neoliberalismus wagt. Hier eröffnen sich die strategischen Möglichkeiten von Partnerschaften, wie sie vor allem in europäischen Nachbarländern zu finden sind.

Im Gegensatz zu den meisten Nachbarländern hat sich in Deutschland noch keine Partei rechts der großen konservativen Volkspartei etablieren können; verschiedene Gründe sind hierfür verantwortlich (Spezifik deutscher Geschichte, inhaltliche und personelle Schwäche der rechten Parteien etc.). Der Blick auf Länder wie Österreich, Italien oder das jüngste Beispiel Dänemark verdeutlichen, dass sich rechts etwas tut und dass die hegemoniale Stellung der Sozialdemokratie in Europa wankt. An europäischen Beispielen lässt sich diskutieren, welche Art von Partei als Partner konservativer Volksparteien in Frage kommt und wie die inhaltliche Ausrichtung solcher Verbindungen aussieht.

Wie also gestaltet sich heute und künftig das taktische und inhaltliche Verhältnis der gegenwärtigen Union zum rechten Rand des politischen Spektrums? Was ist von einer durch Stoiber geführten Union auf den traditionellen Feldern rechter Politik zu erwarten? Lässt sich ein genereller Rechtsruck prognostizieren, und an welchen Politikfeldern ist das festzumachen? Welche Differenzen ergeben sich hier auch innerhalb der Union (Beispiel: die Stellung zur Einwanderung)?

Darüber geben Auskunft und diskutieren
am Donnerstag, den 11. April 2002, von 19 bis 21 Uhr,
im DGB-Gewerkschaftshaus, Schwanthalerstr.64, 80336 München

Petra Pau (MdB, Stellv. Vorsitzende der PDS)
Dr. Gerd Wiegel (Uni Marburg, Autor der Studie)

 

 

23.3.2002
www.petrapau.de

 

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