Schizophrene Beamten-Frage

von Petra Pau (MdB), stellv. PDS-Vorsitzende

Wenn im Bundestag „Sitzungswoche“ ist, und das ist rund 20 mal im Jahr, dann richten die Medien natürlich ihr Augenmerk auf das „hohe Haus“. Allemal am Donners-Tag, wenn traditionell große Auseinandersetzungen erwartet werden. Was wiederum heißt: Unliebsames, aus Sicht der Regierungsfraktionen, wird lieber in die Abendstunden oder auf den zuschauerarmen Freitag verbannt. Dort landete auch das „Versorgungsänderungsgesetz 2001“, das am 30. November abschließend verhandelt wurde. Der Titel lässt ahnen, es ging um Versorgungen, die geändert werden sollen. Doch so harmlos-neutral, wie die Überschrift verheißt, ist der Gesetzes-Inhalt keineswegs. Im Kern ging es darum, dass Beamtinnen und Beamte künftig geringere Pensionen erhalten. So wie Rentnerinnen und Rentner durch eine sogenannte Reform ja auch schon die Altersversorgung gekürzt wurde. Ergo hieß das Motto: Was Riester recht ist, muss Schily billig sein. Die Beamtenversorgung ist nämlich nicht Sache des Sozial-, sondern des Innenministeriums. Und in der Tat lautete ein Argument der Befürworter: Wird den einen genommen, dann müssen auch die anderen abspecken, das sei schließlich ein Gebot der Gerechtigkeit.

Natürlich sahen das die Betroffenen anders. Und das sind rund zwei Millionen Feuerwehrleute, Polizisten, Soldaten, Lehrer usw., Männer und Frauen, die dem abgewandelten Spruch vertrauten: „Die Pensionen sind sicher!“ Pustekuchen! Zumal den Beamtinnen und Beamten unter dem Strich noch mehr genommen werden soll, als ‚normalen' Rentnerinnen und Rentnern. Wodurch, das ist eine längere Geschichte. Jedenfalls demonstrierten Betroffene am Tag der Entscheidung ihren Unwillen. Und zwar durchaus in Übereinstimmung mit Sachverständigen, die im Innenausschuss bereits vordem die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes angezweifelt hatten. Was Rot-Grün nicht daran hinderte, es in Windeseile blindlings durch den Bundestag zu peitschen. Die dahinter liegenden Sachprobleme sind real, hausgemacht und grundsätzlich. Real ist die demografische Entwicklung. Die Versorgungskosten wachsen, auch weil die durchschnittliche Lebenserwartung steigt. Hausgemacht ist zum Beispiel, dass der „Staat“ nie Rücklagen gebildet hat, obwohl die Brisanz lange absehbar war. Grundsätzlich geht es um die Frage, ob Renten- und Pensionsfragen solidarisch gelöst werden oder tendenziell nach dem Motto: Keiner trage des anderen Last.

Selbstverständlich hat die PDS-Fraktion nicht nur Nein gesagt, sondern auch mehrere Änderungsanträge gestellt. So wollten wir wenigstens pauschale Kürzung abwenden und einen Ausgleich für ohnehin Benachteiligte, wie Dienstunfähige oder ostdeutsche Beamtinnen und Beamte, einführen - vergeblich.

Das Ganze trägt übrigens durchaus schizophrene Züge hat. Die PDS hält grundsätzlich nicht viel vom Beamtenwesen, kümmert sich aber um dessen soziale Fragen. Andere Parteien finden viele gute Worte für Staatsdiener und -mägde. Wenn es aber um deren Belange und Rechte geht...

Artikel für „Mittendrin“
Berlin, Dezember 2001

[download] als rtf-Datei

 

 

7.12.2001
www.petrapau.de

 

Seitenanfang

 

Innenpolitik

 

Lesbares

 

Startseite