Von der Staatsmitte zum Bürgerforum

Thesen zur zukünftigen Entwicklung und Gestaltung der Spreeinsel zwischen Staatsratsgebäude und Lustgarten und zum Umgang mit dem Palast der Republik
(Pressegespräch am 18. Januar 2000, 11 Uhr, im Karl-Liebknecht-Haus)

Petra Pau, MdB, Berlin-Beauftragte der PDS-Fraktion, Carola Freundl, MdA, Vorsitzende der PDS-Fraktion, Dr. Thomas Flierl,PDS-Baustadtrat von Berlin-Mitte

Die Mitte der Spreeinsel braucht eine funktionelle, städtebauliche und architektonische Neubestimmung. Der nunmehr ein Jahrzehnt währende Leerstand des Palastes der Republik hat diesem zentralen Ort die öffentliche Blick auf den Schlossplatz; Foto: Elke Brosow städtische Nutzung entzogen. Statt den Republikspalast durch einen veränderten Gebrauch inhaltlich neu zu bestimmen und nach dem Ende der DDR zu einem Haus in der nun gemeinsamen Bundesrepublik zu machen - und von daher mögliche Umbauten oder Ergänzungen des Gebäudes zu entwickeln -,  hat man den Palast als öffentliches Gebäude geschlossen und ihn zugleich durch die alternativ vorgetragene Idee des Wiederaufbaus des Stadtschlosses bei gleichzeitigem Abbruch des Palastes zu einem politisch umstrittenen Symbol eines untergegangenen Staatswesens gemacht. Die verzögerte Asbestbeseitigung hat zusätzlich dazu beigetragen, die Erinnerung an einen zu seiner Zeit funktionierenden Ort städtischer Kultur und Kommunikation zu verdrängen. Dagegen führen die Schloßanhänger das Bild einer städtebaulichen Vergangenheit an, ohne finanzierbare Nutzungen eines wiedererrichteten Schlosses benennen zu können und sich dem denkmalpolitisch relevanten Problem des Rekonstruktivismus ernsthaft zu stellen. Die lähmende Kontroverse zwischen den Anhängern der Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses und den Anhängern einer Wiederinbetriebnahme des Palastes der Republik muß zugunsten der Neugewinnung des öffentlichen Stadtraumes auf der Mitte der Spreeinsel überwunden werden.

Die bisherigen Bundesregierungen haben versagt, die öffentlichen Interessen für diesen Ort außerhalb der Bedarfsanmeldungen im Hauptstadtumzug zu erkunden. Sie haben sich damit begnügt, daß Private ihre Interessen bekunden, wenn sie nur das Bedarfsprogramm des Bundes (Gästehaus, Konferenzzentrum mit Hotel, Bibliothek, Ausstellungsflächen, Geschäfte und Restaurants) bei kostenloser Einbringung der Grundstücke) realisieren könnten. Dies ist gescheitert.

Wir wollen den Anlaß der Berufung der Expertenkommission der Bundesregierung nicht ungenutzt lassen, unseren Beitrag zu leisten, die öffentliche Interessenerkundung vor die private Interessenbekundung zu stellen, die existierenden Denkblockaden zu überwinden und so zu einer neuen Kultur der Debatte über die Mitte der Spreeinsel zu kommen.

Hauptstadt Berlin: Orte, Nutzungen und Bedeutungen

Im dezentralen und überwiegend durch die Nutzung von Altbauten geprägten Standortkonzept für Bundesregierung und Parlament haben die Neubauten im Spreebogen, das Bundeskanzleramt und die Funktionsgebäude der Abgeordneten und Fraktionen des Bundestages, wie vor allem das für den Bundestag umgebaute Reichstagsgebäude eine herausgehobene Stellung als bundespolitisches Zentrum erlangt. Nur unweit befinden sich der Sitz des Bundespräsidenten und das Bundespräsidialamt. Auf der Grundlage des preisgekrönten Wettbewerbsentwurfes von Axel Schultes und Charlotte Frank soll in der Mitte des „Bandes des Bundes“ ein Bundesforum errichtet werden - ein Ort der Begegnung und des Austausches von Bürger/innen und Staat. Bislang ist nicht absehbar, wann - und ob überhaupt -, das Bundesforum realisiert wird. Aus städtebaulichen und funktionalen Gründen ist die Schaffung des Bundesforums jedoch unverzichtbar. Das „Band des Bundes“ braucht seine zentrierende Mitte und einen mehr als nur symbolischen Ort der Anwesenheit der sich politisch artikulierender Bürgerinnen und Bürger.

Der am Berliner Roten Rathaus gelegene weiträumige Stadtinnenraum zwischen Alexanderplatz und Spree hat das Potential für die Ausprägung als gesamtstädtisch bedeutsamer öffentlicher Raum und als Ort der Begegnung zwischen Stadtpolitik und Bürgerschaft. Eine funktionelle und gestalterische Differenzierung in innerstädtischen Erholungs- und Veranstaltungsraum, städtischen Versammlungsplatz und Park an der Spree sollte die Gestaltqualitität und Nutzungsmöglichkeiten verbessern.

Innerhalb der Hauptstadtplanung selbst hat die Mitte der Spreeinsel einen wesentlichen Bedeutungswandel erfahren. Während anfangs sogar die Ansiedlung des Bundestages erwogen worden ist, beim städtebaulichen Wettbewerb 1994 noch ein Schwerpunkt für Regierungsinstitutionen vorgesehen war, ist seit 1995 die Freihaltung von administrativen Hauptstadtnutzungen unstrittig. Die noch immer favorisierte Idee, mit einem Kongreßzentrum, Gästehaus und Festsaal bundespolitische Funktionen auf dem Schloßplatz anzusiedeln, widerspricht solchen Intentionen.

Die frühere Staatsmitte sollte nach unserer Auffassung vielmehr als städtischer Ort und neue gesellschaftliche Mitte mit überörtlich bedeutsamen und überwiegend öffentlichen Nutzungen neu definiert werden.

Exkurs: Der Stadtraum Spreeinsel

Die Spreeinsel im Zentrum der alten Mitte Berlins ist ein äußerst unterschiedlich strukturierter Stadtraum und nicht als räumliche Einheit erlebbar: im Norden die Museumsinsel, daran anschließend mit Lustgarten und Schloßplatz die frühere Staatsmitte, das Areal zwischen Werderstraße und Gertraudenstraße als Kultur- und Behördenstandort, die Fischerinsel mit Wohnhochhäusern als südlicher Abschluß. Von Spree, Kupfergraben und Spreekanal umschlossen, war die Spreeinsel einer der Gründungsorte der Doppelstadt Berlin-Cölln. Die städtebauliche Entwicklung erfolgte im wesentlichen in vier Phasen:

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bis zum 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Ausbau der Residenz und der barocken Stadterweiterung (Schloß),

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in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die klassizistische Neugestaltung nach Schinkels Plänen (Altes Museum),

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durch den Ausbau der Metropole des Kaiserreiches (Museumsinsel, Berliner Dom, Marstall, Nationaldenkmal) seit Mitte des 19. Jahrhunderts,

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nach der Kriegszerstörung die Neugestaltung in den 60er und 70er Jahren zu einem repräsentativen Ort Ostberlins als Hauptstadt der DDR.

Der mittlere Teil der Spreeinsel als traditioneller Herrschaftssitz der Hohenzollern - der Kurfürsten, Könige und Kaiser - lag von seiner historischen Entwicklung her ursprünglich azentral zur Bürgerstadt Berlin-Cölln im Osten und Süden, später - infolge der barocken Stadterweiterungen nach Westen - Friedrichswerder, Charlottenstadt, Friedrichsstadt - zentral in der Stadt, war aber nie städtisches Zentrum. Im Verlauf dieser Geschichte entwickelte sich der Bereich westlich des Schlosses zur Schauseite der Hauptstadt Preußens und Deutschlands, während die historische Altstadt mehr und mehr in den Schatten "hinterm" Schloß geriet. Durch die Baumaßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bereich Mitte Spreeinsel erstmals räumlich zum zentralen Ort des historischen Zentrums von Berlin entlang der großen Stadtachse zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz. Diesen Ort heute funktionell und baulich-räumlich für die Gesellschaft neu anzueignen, gehört zu den bedeutendsten Aufgaben in der neuen Hauptstadt Berlin.

Heute wird der mittlere Teil der Spreeinsel - an dem das Schloß einst stand und dem Marx-Engels-Platz weichen mußte - Schloßplatz genannt. Er wird im Westen vom Friedrichswerder und im Osten vom Marx-Engels-Forum begrenzt. Den südlichen Abschluß des Schloßplatzes bildet das ehemalige Staatsratsgebäude, dessen geplanter Abriß zunächst verhindert werden konnte. Allerdings existieren bisher keine Konzepte für eine Nachnutzung nach Auszug des Bundeskanzleramtes. Die Verbindung zwischen Museumsinsel und jetzigem Schloßplatz erfolgt über den Lustgarten. Dieser wurde ursprünglich als Garten und Wandelpark für das Schloß konzipiert. Der Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße (die heute breitere Karl-Liebknecht-Straße) als Verlängerung der Straße Unter den Linden nach Osten am Ende des 19. Jahrhunderts führte zu einer räumlichen Trennung von Lustgarten und Schloß.

Das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Schloß wurde aus politischen Gründen 1950 gesprengt. Die SED-Führung wollte anläßlich der III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten im Sommer 1951 einen zentralen Demonstrationsplatz schaffen, größer als der Rote Platz in Moskau. Auf der gegenüberliegenden Spreeseite (heutiges Marx-Engels-Forum) sollte ein Regierungshochhaus errichtet werden. Diese Pläne wurden Mitte der 60er Jahre zugunsten der Idee eines „Mehrzweckgebäudes“ auf der Spreeinsel aufgegeben. Mit der Eröffnung des Palastes der Republik 1976 war sowohl ein vorzeigbarer Ort für politische Veranstaltungen als auch ein kulturelles Zentrum für die Bevölkerung entstanden. Der große Vorplatz wurde aber weniger als Demonstrationsort, sondern vielmehr als Parkplatz genutzt. Länger als ein Vierteljahrhundert hatte es gedauert, bis die DDR eine eigenen städtebaulichen Ausdruck für den prominenten Ort realisiert hatte.

Der Palast der Republik war nie der Ort politischer Machtausübung gewesen, so wie das Schloß bis zur Novemberrevolution. Das DDR-Parlament hatte keine Macht und die politischen Veranstaltungen hatten eher symbolische Bedeutung. Der Palast der Republik war vor allem ein Volkshaus, ein Veranstaltungs-, Kongreß- und Kulturhaus. In den engen Grenzen der DDR-Gesellschaft waren die Bürgerinnen und Bürger, wie noch nie zuvor in der Geschichte, auf der Mitte der Spreeinsel angekommen.

Im Übergangsbereich zwischen historischem und modernem Zentrum, am Schwenkpunkt der wichtigsten Zentrumsachse besteht heute die Chance, einen neuen städtischen Anziehungspunkt zu gestalten. Es gilt, das im Verlauf der Geschichte entwickelte Maß an Öffentlichkeit und öffentlicher Nutzung auf der Mitte der Spreeinsel nicht zu unterschreiten, sondern zu steigern. Es ist für die innere Einigung der bundesdeutschen Gesellschaft und für die Ausgestaltung der Demokratie eine erstrangige Herausforderung, einen Ort zu schaffen, der alle Bürgerinnen und Bürger angeht und an dem alle Bürgerinnen und Bürger sein können.

Vom solitären Bauvorhaben zum städtebaulichen Entwicklungsprojekt

Das bisherige Konzept, mit einem Solitärbau - ob als Neubau (Spreeinselwettbewerb) oder als Schloßrekonstruktion - die Neugestaltung der Spreeinsel zu erreichen, hat zu keiner realisierbaren Lösung geführt. Die Definition der Nutzung erweist sich als ebenso schwierig wie die Aufstellung eines realisierungsfähigen Finanzierungskonzeptes.

Der Wiederaufbau des Schlosses ist aus baugeschichtlichen, bautechnischen, funktionellen und finanziellen Gründen undurchführbar. Das Stadtschloß war ein mit unzähligen Figuren und plastischen Gestaltungselementen versehenes Bauwerk mit Bauteilen sehr unterschiedlichen Ursprungsalters.

Der Verlust des Berliner Stadtschlosses ist nicht zu ersetzen. Wir müssen den Verlust durch erinnernde Trauerarbeit annehmen, uns nicht aber durch Surrogate über den Verlust hinwegtäuschen. Ein solches Surrogat ist die Forderung nach der Errichtung eines Gebäudes in der Kubatur und mit der Fassade des Berliner Stadtschlosses.

Als temporäre Aktion hat die Simulation der Fassade und ansatzweise der Kubatur des Schlosses eine wichtige Erinnerungsarbeit geleistet. Insbesondere die vorübergehende bauliche Fassung des visuellen Endpunktes der Straße Unter den Linden aus westlicher Richtung verdeutlichte ein ungelöstes städtebauliches Problem. Die Schloßinszenierung war dabei erfolgreich, ohne die für die Kubatur des Schlosses prägnante Kuppel darzustellen. Sie akzeptierte den Palast und bewies indirekt, daß das Schloß keine Lösung für den östlich angrenzenden Stadtraum sein kann. Obwohl sie zur Lösung der mit einem Neubau verbundenen Probleme keinen Beitrag geleistet hat, nährte sie dennoch die Illusion auf den Wiederaufbau des Schlosses.

Anstelle des solitären Großvorhabens schlagen wir vor, ein städtebauliches, schrittweise realisierbares Entwicklungsprojekt in Angriff zu nehmen.

Der heutige Schloßplatz soll als erstes von seinen Rändern her reurbanisiert werden, indem u.a. folgende Maßnahmen realisiert werden:

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die Gewölbe unter dem früheren Nationaldenkmal werden zugänglich gemacht,

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entlang der Schloßfreiheit wird durch Grüngestaltung und temporäre Bauten ein attraktiver Uferbereich geschaffen,

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der Straßenraum zum Lustgarten wird verengt,

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der Vorplatz des Staatsratsgebäudes wird aufgewertet.

Das Gebäude des Palastes der Republik wird nach der Entfernung des Asbestes als technischer Rohbau zurückbleiben, d.h. zumindest Stahlskelett, Raumtragwerke, Decken, Treppen, Aufzugsschächte und Teile der Gebäudetechnik bleiben erhalten - diese Teile repräsentieren insgesamt immerhin noch ca. 50 % des Gebäudewertes. Das in drei Gebäudeteile gegliederte Bauwerk - Kongreßbereich, Foyer und Veranstaltungssaal - sollte aus historischen, funktionellen und ökonomischen Gründen erhalten, umgestaltet und in ein neues städtebauliches Ensemble auf der Mitte der Spreeinsel integriert werden. An diesen Ort gehört ein städtebauliches Ensemble mit öffentlichen Nutzungen, das dem nach Westen führenden Boulevard Unter den Linden ebenso zugewandt ist wie dem Stadtinnenraum nach Osten. Der Palast der Republik hat diese Funktion nach Osten wahrgenommen. Nun besteht die Chance, durch Ergänzungsbauten die Stadt nach beiden Seiten zu verklammern.

Das Hohenzollern-Schloß und der DDR-Palast markierten jeweils auf ihre Weise eine Staatsmitte. Wir plädieren für ein Forumnichtstaatlicher gesellschaftlicher Öffentlichkeit, für ein bürgerschaftliches Gegenstück zum Ort von Parlament und Regierung im Spreebogen: das Bundesforum findet seine Ergänzung im Bürgerforum. Im Spreebogen begegnen sich zukünftig Bürgerschaft und Staat, auf der Mitte der Spreeinsel sollten sich zukünftig die Bürgerinnen und Bürger selbst begegnen können: eine ideale Ergänzung zur Museumsinsel und zum Lindenforum.

Erst über die Bestimmung der zukünftigen Funktion des Ortes lassen sich Aussagen zur städtebaulichen Entwicklung und zum Umgang mit dem Gebäude des Palastes der Repubklik machen.

Der Rückbau auf den Rohbauzustand des Palastes läßt gegenüber der bisherigen Gebäudetypologie wesentliche neue Gestaltungselemente zu, z.B. mit dem Außenraum vernetzte Erdgeschoß- und Uferzonen, begehbare Dachterrassen, außenliegende Treppen und Aufzüge, Solaranlagen und Außenjalousien, Fußgängerstege über die Spree und ggf. auf den Vorplatz bzw. zu den neu zu errichtenden Nachbargebäuden auf dem heutigen Schloßplatz, eine differenzierte Fassadengestaltung, die die innere Dreiteilung des Gebäudes erkennbar werden läßt.

Auf dem heutigen Schloßplatz sollten zunächst (während des demokratischen Ideenfindungs- und Entscheidungsprozesses) Maßnahmen der Entsiegelung, Begrünung und Ausweitung der archäologischen Untersuchungen realisiert werden.

Den Gedanken der baulichen Entwicklung westlich des früheren Palastes aufnehmend, plädieren wir für ein städtebauliches Gesamtkonzept. Danach sollten mehrere Baufelder für jeweils unterschiedliche Nutzungen gebildet werden, die als Ensemble eine städtebauliche Annäherung an die frühere Kubatur des Schlosses erlauben und im mehr oder weniger geregelten Zusammenspiel herausragender moderner Architektur auf die ästhetische Vielfalt des verlorenen Schlosses antwortet. Zwischen den neuen Baufeldern und dem ehemaligen Palast sollte ein System von öffentlichen Wegen, Plätzen, Passagen und Höfen entstehen, das historische Beziehungen aufnimmt und Verbindungen schafft. Die Vielfalt der gewünschten Nutzungen sollte in einer Vielfalt von Gebäuden und Gestaltungsformen zum Ausdruck kommen. Die einzelnen Gebäude können von unterschiedlichen Trägern errichtet und betrieben werden. Historische Spuren der Vergangenheit könnten integriert werden.

Als (variierbares) Nutzungsprogramm für die einzelnen, neuzuerrichtenden Gebäude wird vorgeschlagen:

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Bibliothek (als Ergänzung bei Beibehaltung des dezentralen Standortgefüges der Zentral- und Landesbibliothek), ggf. in Verbindung mit dem geplanten Neubau der Bibliothek der Humboldt-Universität (mit unterirdischer Verbindung zu den Kellern des Palastes und der Möglichkeit, diese großteils als Büchermagazine zu nutzen)

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NGO-Haus (zentrales Gebäude für Nichtregierungsorganisationen mit Möglichkeiten für Ausstellungen, Veranstaltungen, Informationsangebote und Tagungs- und Büroräume)

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Medien-Haus (z.B. mit Pressecafé, Besucherzentren der Rundfunk- und Fernsehanstalten, Journalistenclub)

Als Hauptnutzer der Gebäudeteile des ehemaligen Palastes der Republik schlagen wir das Haus der Kulturen der Welt vor. Diese wesentlich vom Bund getragene Institution hat zum einen in den letzten Jahren ihre herausragende Leistungsfähigkeit beim Kulturaustausch bewiesen, verfügt aber andererseits am jetzigen Standort in der Kongreßhalle im Tiergarten über keine ausreichende städtische Einbindung und über nur beschränkte räumliche Kapazitäten. Allein die Sicherheitserfordernisse des Bundeskanzleramtes und der geplante Hubschrauberlandeplatz im westlichen Spreebogen werden die Arbeitsmöglichkeiten für das Haus der Kulturen der Welt weiter einschränken. Stattdessen sollte das eigens für den Bund geforderte Kongreßzentrum in der jetzigen Kongreßhalle am Rande des Spreebogens und damit in günstiger räumlicher Nähe zu den Bundesinstitutionen eingerichtet werden.

Das Staatsratsgebäude sollte wieder zum Ort des Berliner Stadtforums werden. Die Ausstellung von Stadtmodellen, Information über Planungsvorhaben, Präsentation von Wettbewerben, Veranstaltungen zur Stadtentwicklung, städtischer Festsaal - diese und andere Nutzungsmöglichkeiten sind im Staatsratgebäude erprobt und ohne Umbauten zu verwirklichen. Das Gebäude könnte überdies die Berlin so sehr fehlende Staatliche (städtische) Kunsthalle aufnehmen, der Staatsratsgarten gäbe auch Möglichkeiten zur Präsentation von Skulpturen im öffentlichen Raum.

Das Konzept für die Zukunft des Marstalls als Musikhochschule fügt sich in das differenzierte Nutzungsprogramm der Spreeinsel sehr gut ein und wird von uns daher unterstützt.

Gesellschaftliche Teilhabe, Trägerschaft und Umsetzung:

Stiftung Bürgerforum Spreeinsel

Eine neue gesellschaftliche Mitte auf der Spreeinsel kann nur entstehen durch die Teilhabe und Mitwirkungen der Bürger/-innen der Stadt und des ganzen Landes. Die bisherige Praxis verwaltungsinterner Arbeitsgruppen und nichtöffentlicher Verfahren mit potentiellen Investoren und Interessenten muß beendet werden. Im Vorfeld geplanter Gestaltungswettbewerbe sollte - z.B. in Anlehnung an die Reichstagskolloquien - eine breite öffentliche Diskussion durchgeführt werden. Bisher gemachte Vorschläge für die künftige Gestaltung und Nutzung müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Bürgerinitiativen und Verbände müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Positionen öffentlich darzustellen und den Planungs- und Umgestaltungsprozeß kontinuierlich zu begleiten und zu beeinflussen. Für den Planungs- und Umsetzungsprozeß sollen deshalb Beiräte und Steuerungsgremien geschaffen werden, die eine breite und kontinuierliche Mitwirkung der Öffentlichkeit gewährleisten.

Die Spreeinsel ist Teil des Entwicklungsgebietes Parlaments- und Regierungsviertel. Der Palast der Republik und das Staatsratsgebäude sind Eigentum des Bundes. Der Schloßplatz gehört dem Land Berlin. In einer als Dachverband fungierenden Stiftung für das Gesamtprojekt (z.B. Stiftung Bürgerforum Spreeinsel - Zentrum für Kultur und Demokratie) sollen neben dem Bund und dem Land Berlin alle künftigen Einzeleinrichtungen vertreten sein. Jeder neuer Nutzer soll der Stiftung beitreten.

Eine Übertragung des Staatsratsgebäudes an das Land Berlin kann im Rahmen eines Grundstückstausches realisiert werden.

Die einzelnen Gebäude sollen eigenverantwortlich und eigenwirtschaftlich von den jeweiligen Nutzern errichtet und betrieben werden.

Sichtbarer Auftakt: Infobox auf die Mitte der Spreeinsel

Die Umgestaltung der Spreeinsel-Mitte wird ein langwieriger öffentlicher Prozeß sein. Der öffentliche Prozeß braucht selbst einen Ort, noch besser ein Gebäude, das durch seine Anwesenheit und Nutzung einen Ort vorherbestimmt. Palast der Republik; Foto Elke BrosowEin solches Gebäude-Objekt gibt es: die Infobox. Wir schlagen vor, die demnächst vom Leipziger Platz zu verlagernde und nachnutzbare Infobox als Ort der öffentlichen Ideenfindung, Auseinandersetzung und Realisierungsplanung auf die Mitte der Spreeinsel zu stellen. Als Aussichtsplattform in der Achse der Straße Unter den Linden markiert sie das Problem und deutet die Lösung an: Nur im gesellschaftlichen Dialog kann auf der Mitte der Spreeinsel ein bürgerschaftliches Forum entstehen, eine zivilgesellschaftliche Alternative zum Dilemma zwischen altem DDR-Palast und privater Schloßreplik.

Fotos: Elke Brosow

 

 

18.1.2000
www.petrapau.de

 

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