Sehr geehrter Heinz Krauß,
Ihr Schreiben werte ich als Reaktion auf meinen Beitrag im Neuen Deutschland am 9. August 2014. Sein Thema war das innenpolitische Thema Antisemitismus unter Linken, nicht meine außenpolitische Sicht auf den Nahost-Konflikt.
Gleichwohl ein paar knappe Anmerkungen zu Ihren Gedanken:
1. Der Nahost-Konflikt ist nicht militärisch zu lösen, von keiner Seite. Davon bin ich überzeugt und nicht nur ich.
2. Der politisch sinnvollste Ansatz ist die Zweistaatenlösung mit einem sicheren und souveränen Palästina und einen ebenso sicheren und souveränen Israel.
3. Beide Seiten verhindern bislang eine solche Lösung. Israel z. B. durch den Siedlungsbau und die Hamas, indem sie gegen das Existenzrecht Israels ist.
4. Die Gründung des Staates Israels geht übrigens auf einen Beschluss der UNO zurück, letztlich als Konsequenz aus dem Holocaust in der Nazi-Zeit.
5. Dabei haben wir Jüdinnen und Juden nicht ermutigt, dort zu leben. Viele suchten dort schlicht Überlebensschutz vor dem deutschen Juden-Wahn.
6. In Israel leben übrigens nicht nur Jüdinnen und Juden aus Deutschland, sondern aus ganz Europa, aus Amerika, aus dem arabischen Raum usw..
7. Es ist ein Geschenk an Deutschland, das hierzulande überhaupt wieder Tausende Jüdinnen und Juden leben und unsere Kultur bereichern.
8. Die meisten werden durch den Zentralrat der Juden vertreten, als Deutsche in Deutschland, nicht als Botschafter oder Interessenverband Israels.
9. In den zurückliegenden drei Monaten haben 6.000 jüdische Franzosen vor antisemitischen Angriffen im Raketenhagel auf Israel Zuflucht gesucht.
10. In der Jüdischen Gemeinde Wien spricht inzwischen ein Großteil ungarisch. Sie flohen dorthin vor der offenen Militanz in Ungarn gegen Juden.
11. Auch hierzulande ist der alltägliche Antisemitismus messbar, nicht nur an Einstellungen und Sprüchen, sondern auch an Straf- und Gewalttaten.
12. So kenne ich auch hierzulande viele Jüdinnen und Juden, die erwägen, aus Angst vor erlebten antisemitischen Repressalien Deutschland zu verlassen.
Das sind nur ein paar Stichpunkte und Hintergründe für meinen ND-Beitrag. Sie hatten in diesem Umfang dort natürlich keinen Platz. Aber das Thema Antisemitismus ist nicht delegierbar, schon gar nicht an Israel.
Ebenso wenig hilfreich ist die Behauptung: Ja, es gibt Antisemitismus, aber nicht unter Linken oder in der Partei DIE LINKE. Er ist ein Problem inmitten der Gesellschaft und mithin unser aller Problem, meines jedenfalls.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau
11. August 2014
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