Volksentscheid

Sehr geehrte Frau Pau,

leider habe ich es nicht vor dem Volksentscheid geschafft Sie zu kontaktieren. Der Grund ist ganz einfach. Die PDS war für diesen Entscheid. Es hing in Ihrem Wahlkreis überall der Hinweis „Stimmt mit ja“.

So richtig verstehe ich das aber nicht. Die Sozialdemokraten verkaufen das Tafelsilber und erfinden den Kapitalismus neu. Die FDP schreit der Staat ist kein guter Unternehmer und alle (fast) machen mit. Sogar die Wohnungsbaugesellschaft in Mitte verkauft das IHZ an eine amerikanische Heuschrecke (alles hochstudierte Leute) und mieten jetzt ihr eigenes Haus. Ist ja vielen in Deutschland so gegangen.

Bis hierher habe ich es verstanden. Gier fressen Seele auf. Man hat zwar keinen Gewinn gemacht aber ist an Erfahrung reicher. Nun habe ich aber nicht diese tollen Studienabschlüsse

Aber diese Scheiße hätte ich nicht gebaut.

Wenn Berlin sein Tafelsilber aber zurückkaufen will bestimmt der, der es hat, den Preis. Oder? Ich verkaufe recht billig und kaufe es teuer zurück. Scheiß Idee??? Dann brauche ich noch eine Institution, also eine Art Behörde die das neue Unternehmen verwaltet. Garantiert sehr groß, sehr kostspielig (die kleinen Aufsichtsräte werden finanziell gut zulangen). Vor allem aber sehr behäbig und unflexibel wird dieses Unternehmen sein. „Ich kenne die Behörde, das haben wir schon 1000 Jahre so gemacht und sie ... sie werden da nichts ändern.“

Dann wollen wir grünen Strom produzieren und verkaufen. Alle Berliner wollen das aber nicht, jeder kann frei wählen. Der Strom ist teuer. Ich kann die Preise nicht halten, Es wird ein Zuschussgeschäft für das hochverschuldete Berlin. Die „Anderen“ werden mit Billigstrom den Berliner Traum platzen lassen. Da ist der Faktor Mensch, wenn die Berliner diesen tollen, teuren Öko-Strom nicht kaufen wird das ein Milliardengrab. -Oder?-

Ich habe mit nein gestimmt, da ich Sie aber gewählt habe und Sie dafür sind muss ich ja irgendwie falsch liegen. Oder?

Wir haben ein Haus, uns geht es gut, wir haben eine Solar-Warmwasseranlage und eine Fotovoltakanlage. Wir sind gut gebildet aber eins machen wir nicht. Wir verkaufen nicht das Tafelsilber. Knebelverträge über 20.000 Seiten die keiner versteht und alle machen mit.

Warum bestraft man nicht mal diesen Blödsinn und schafft entsprechende Gesetze.

Gewählte Volksvertreter die im Sinne Ihrer Bürger handeln sollen. Sind Sie das noch? Ich verdiene 600 € weniger als mein verbeamteter Kollege in Bayern. Und warum? Weil im Berliner Abgeordnetenhaus nur kleine Strolche sitzen. Vor Jahren (CDU und SPD) verzockten sie mit Hilfe von geschlossenen Immobilienfonds die Kohle und stürzen Berlin in eine Finanzkrise. Natürlich ist keiner Schuld, die Anderen waren es. Die Schulden haben wir heute noch. Diese sogenannten Volksvertreter brauchen im Übrigen für ihre eigene „Lohnerhöhung nicht einmal vier Minuten. Und die war saftig. Ich weiß wie lange es dauerte. Ich bin öfters dabei und beschütze Sie vor dem „wilden Pöbel“.

Ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte.

So, leider sind es zwei Fragen geworden. Ich warte auf Ihre Antwort.

Danke!

Jochen Wolf
Berlin
4. November 2013

Sehr geehrter Herr Jochen Wolf,

Zuerst zum Volksentscheid: Die dahinter stehende Idee ist weitgehend. Es geht um eine Energiewende, die ökologisch, sozial und demokratisch vollzogen werden soll. Mittelfristig zu 100 Prozent Solarenergie, also weg von Kohle, Gas und Öl, deren Vorräte ohnehin endlich sind, und weg von Atomenergie, da die Risiken unbeherrschbar bleiben.

Diese grundlegende Umstellung soll zugleich dezentral erfolgen. Daraus ergäbe sich die Möglichkeit, das Monopol der Energieriesen zu brechen. Sie wissen es: Derzeit wird der deutsche Strommarkt von vier Unternehmen beherrscht. Wobei von „Markt“ keine Rede sein kann. Die „großen Vier“ diktieren die Gebühren und raffen zugleich Subventionen.

Um das zu ändern, sind zwei Schritte nötig. Erstens: Berlin braucht ein kommunales Stadtwerk, um erneuerbare Energien auszubauen. Zweitens: Berlin muss die Energienetze wieder übernehmen, weil wir sonst auf Gedeih und Verderb von „Vattenfalls“ Gnaden abhängig bleiben. Darum ging es beim Volksentscheid. Beide Ziele fanden sich auch in Slogans der Initiatoren wieder: „Vattenfall den Stecker ziehen!“ und „Netz oder nie!“.

Das vorgeschlagene Modell sah übrigens für das Stadtwerk und das Netzwerk umfangreiche Bürgerbeteiligungen vor, also mehr Demokratie statt hoch dotierter Posten.

Ich bin überzeugt, dass wir um beides nicht umhinkommen: den Umstieg auf erneuerbare Energien und die Zerschlagung der Monopole. Umso eher, desto besser. Manches klingt utopisch. Aber ich empfehle Ihnen den Film von Hermann Scheer „Die vierte Revolution“. Er dokumentiert internationale Beispiele von Städten und Regionen, die dabei schon viel weiter sind als Berlin. Und auch ich beobachte Entwicklungen dieser Art, zum Beispiel in Bayern. So ist die Stadt Kempten auf dem besten Wege 2020 energieautark zu sein, dank eigener Netze und eines eigenen Stadtwerkes, dank zahlreicher engagierter Bürgerinnen und Bürger und einer Stadtregierung, die das befördert, anders als der Berliner Senat.

Nun noch kurz zur Berliner Politik: In den 1990er Jahren wurden zwei kapitale Fehler gemacht. Zum einen herrschte eine Politik des Wahns. Berlin sollte international das Größte werden: Großflughafen, Olympische Spiele, Bankenmetropole und so weiter. Das war die Strategie der CDU und der SPD damals. Sie platzte 2011 mit dem Bankenskandal und trieb die Verschuldung des Landes in Schwindel erregende Höhen. Zum zweiten wurde privatisiert, was nur ging: Wasser, Energie, Krankenhäuser, Wohnungen und so weiter.

Die damalige PDS war gegen beide Fehlentwicklungen und hatte zum Teil bis zum Verfassungsgericht dagegen geklagt. Das änderte natürlich nichts daran, dass die PDS Altlasten mittragen musste, als sie 2002 bis 2011 mit der SPD in Berlin regierte. Das betraf vor allem die über 60 Milliarden Euro Schulden des Landes.

Nun haben auch wir in dieser Zeit bestimmt Fehler gemacht. Aber die beiden Grundübel der 1990er Jahre haben wir gestoppt und begonnen, sie umzukehren, also keine weitere Privatisierung von „Lebensmitteln“ im weiteren Sinne und keine Großprojekte zu Lasten einer sozialen Stadt. Leider verfällt die SPD, nunmehr im Bündnis mit der CDU, wieder in alte Fehler. Ein Vorbote einer großen Koalition auf Bundesebene.

Abschließend plädiere ich immer dafür, Ross und Reiter zu benennen und nicht alle Abgeordneten als nichtsnutze „Strolche“ in einen Topf zu werfen. Und was die Bezüge, Diäten, von Abgeordneten betrifft, kenne ich die einschlägigen Debatten. DIE LINKE im Bundestag hat übrigens die letzten vier Diätenerhöhungen strikt abgelehnt. Alle anderen Fraktionen haben zugestimmt. Da die höheren Bezüge für alle Abgeordneten gelten, Abgeordnete der LINKEN die Mehreinnahmen also auch beziehen, spenden wir diese unisono an soziale oder kulturelle gesellschaftliche Projekte und Initiativen.

Gleichwohl kenne ich Bemerkungen, wie „überbezahlte Schwatzbude“ und schlimmere. Das kann man beides so sehen, das „überbezahlt“ und die „Schwatzbude“. Richtig finde ich es dennoch nicht, eher gefährlich. Deshalb gebe ich gelegentlich zu Bedenken: Die jährlichen Kosten des Bundestages auf 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger umgerechnet, ergibt pro Person rund 10 Euro. Das ist natürlich kein Freibrief für schlechte Politik. Ich mühe mich jedenfalls weiterhin um eine soziale, gerechte, demokratische und friedfertige.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
5. November 2013

 

 

5.11.2013
www.petra-pau.de

 

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