NPD-Verbot und Grundgesetz

Frage: Liege ich mit folgender Meinung richtig oder sind andere Schwerpunkte zutreffender?

Sehr geehrter Herr Caffier, danke für Ihren jahrelangen Kampf und konsequentes Streben hin zu einem 2. Verbotsantrag der NPD. So nahe wie jetzt sind Sie ihrem Ziel noch nie gewesen. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie das schaffen. Ich glaube aber auch, ohne die schrecklichen Taten der NSU wäre es unendlich viel schwerer geworden. Frau Merkel und Andere zweifeln ob das gesammelte Material reichen wird.

Wenn es nicht reichen sollte, dann liegt es nach meiner Meinung an unserem Grundgesetz. Ich bin der Meinung, parallel zum Verbotsantrag müssten die entsprechenden Passagen in unserer Verfassung überarbeitet werden. In der damaligen Zeit, als unser Grundgesetz entstanden ist, war der Wille zur Ausgrenzung des nationalsozialistischen Gedankengutes in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung nicht ausreichend vorhanden. Es hat sich bis heute eine Kultur der Traditionspflege und mangelhafter Geschichtsaufarbeitung erhalten. Es gibt noch heute Straßennamen, Denkmäler, Fernsehsendungen, Bundeswehrkasernen usw. welche nach Nazigrößen benannt bzw. die nationalsozialistischen Taten zur Steigerung von Einschaltquoten benutzt werden.

Auch wenn es dergleichen rechtsextreme Kultur in anderen Ländern gibt, so sollte Deutschland an seine eigene Gesetzgebung härtere Maßstäbe anlegen. Die Kriterien zur Gründung und Verbot von Parteien sollten für Rechtsextreme nicht gelten.

Nicht das Verbot der NPD ist die Hauptaufgabe, sondern das rechte Gedankengut in Teilen der deutschen Bevölkerung zu verändern. Jedem Sympathisanten einer rechtsextremen Partei sollte bewusst sein, das er mit dem Gesetz in Konflikt kommt und sich strafbar macht, wenn er sich dort betätigt. Aber bei der heutigen Gesetzeslage findet er es interessant dort mit zu machen.

Viele Grüße sendet Ihnen
Lothar Hennig,
Mecklenburg-Vorpommern,
7. Dezember 2012

Sehr geehrter Lothar Hennig,

zum aktuell angestrebten NPD-Verbotsverfahren äußere ich mich erst, wenn ich die rund 1.000 Seiten Belastungsmaterial gelesen habe, die die Klage gegen die NPD beim Bundesverfassungsgericht fundieren sollen.

Richtig ist allerdings: Ein Verbot der NPD löst das Problem rechtsextremer und rassistischer Einstellungen bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein nicht. Daran würden auch „schärfere“ Gesetze nichts ändern.

Eine Änderung des Grundgesetzes halte zu diesem Thema übrigens nicht für notwendig. Es ist explizit auf soziale-, Bürger-, und individuelle Freiheitsrechte ausgerichtet und schließt Diskriminierungen aus.

Gelegentlich wird - insbesondere in der LINKEN - über eine antifaschistische Klausel im Grundgesetz diskutiert. Sie wäre ein Gebot, eine Orientierung, viel mehr aber auch nicht.

Ihren Verweis auf die alltägliche und öffentliche Verharmlosung des Faschismus teile ich ausdrücklich, egal ob durch Straßenschilder für Wehrmachtskrieger oder Fernsehfilme.

Hinzu kommt, dass durch die herrschende Politik Antifaschisten häufig mit Nazis gleichgesetzt werden. Zahlreiche Initiativen für Demokratie und Tolerant werden so diskreditiert und behindert.

Abschließend möchte ich Sie auf zwei wissenschaftliche Arbeiten aufmerksam machen, die tiefer schürfen. Das ist zum einen die Langzeitstudie von Prof. Heitmeyer & Team über „Deutsche Zustände“. Und die aktuell von der „Friedrich Eber-Stiftung“ präsentierte Untersuchung „Die Mitte im Umbruch“.

Auf beide habe ich mich jüngst bezogen. Sie finden meine Rede unter:
http://www.petrapau.de/linke/dok/down/121123_vv_mz-hd_rechtsextremismus.pdf.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
10. Dezember 2012

 

 

11.12.2012
www.petra-pau.de

 

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