Sehr geehrter Rüdiger Tinius,
Ihre Sorge über das aktuelle Erscheinungsbild der Partei DIE LINKE teile
ich besorgt. Es gibt Streitereien, die schwer verständlich sind. Es gibt
ungeklärte Fragen, zum Beispiel über die Strategie der Linkspartei, die
zuweilen persönlich, statt sachlich ausgetragen werden. Und es gibt
Leute, die sich inszenieren, wohl wissend, dass sie damit Positionen der
Linkspartei diskreditieren.
Das alles greifen viele Medien genüsslich auf und verstärken so die
Probleme zu Lasten der Linkspartei. Mit Folgen. Vor Wochenfrist war die
Fraktion DIE LINKE in Klausur. Es ging ausnahmslos um Sachthemen, wie
Auswege aus der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, um ein soziales
Gesundheitssystem, und so weiter. Kein einziges dieser Themen fand sich
in den (großen) Medien wieder. Stattdessen gab es (fast) nur Berichte
über Streit in der LINKEN, obwohl es den in Rostock gar nicht gab.
Soviel zu den (maßgeblichen) Medien.
Allerdings gehöre nicht zu jenen, die alles (nur) den bösen
bürgerlichen Medien in die Schuhe schieben. Ob Kommunismus-, Mauer-
oder Castro-Debatte, die Stichworte wurden uns nicht untergeschoben,
sie kamen aus den eigenen Reihen. Das ärgert mich, in Wahlkampfzeiten
umso mehr.
Nun zu ihrer konkreten Frage: Die Hürden für Parteiausschlüsse wurden
schon in der PDS sehr hoch gelegt. Das hat viel mit der Geschichte der
SED (noch mehr der kommunistischen Bewegung) zu tun, wo die
Disziplinierung (bis Eliminierung) Andersdenkender zum Handwerkszeug des
demokratischen Zentralismus gehörte. Der Bruch mit dem Stalinismus
als System schließt auch den Bruch mit solchen Methoden ein. Das
schließt Parteiausschlüsse nicht aus. Aber die Gründe dafür müssen sehr
gravierend sein.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau
5. September 2011
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