Marvi Marmara

Sehr geehrte Frau Pau,

ich würde Sie bitten mir folgende Frage zu beantworten: Weshalb beziehen Sie in der Frage der Blockade von Gaza durch Israel seit 2006 und der der humanitären Aktionen für die notleidende Bevölkerung Gazas, an denen erst kürzlich auch fünf Mitglieder Ihrer Partei beteiligt waren, die Position Israels, statt sich mit der Bevölkerung Gazas solidarisch zu erklären, die einer brutalen Aushungerungsblockade seitens Israel ausgesetzt sieht? Aber nicht nur dies: Immer wieder kommt es vor, dass Israels IDF gezielt Tötungen im Gazastreifen vornimmt, ja sogar außerhalb wie neulich in Dubai passiert, als Mossadagenten einen hochrangigen Hamasfunktionär auf die hinterhältigste Weise in seinem Hotel ermordeten.

Haben Sie keinerlei Kritik an solchen Aktionen und sind das für Sie automatisch Anzeichen von 'Antisemtismus'? Wie definieren Sie dann Antisemitismus?

Ich las heute in der JW den offenen Brief der fünf Mitglieder der Linkspartei, die sich über Ihre Verurteilung der Teilnahme an dem Hilfskonvoi für Gaza beschwerten.

Ich kann ebenfalls nicht verstehen, wie ein Mitglied, das sogar hohe Funktionen in der Linkspartei hat, eine solche prozionistische Position, die genau dem politischem Mainstream bei uns entspricht, einnehmen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard v. Schnehen
16. Juli 2010

Sehr geehrter Gerhard von Schnehen,

wir haben keine Differenz, auch nicht in der Fraktion DIE LINKE, dass die israelische Blockade des Gaza-Streifens unverzüglich beendet werden muss, weil sie unmenschlich und völkerrechtswidrig ist. Es gibt auch keinen Dissens, übrigens neuerdings im gesamten Bundestag nicht, dass die umstrittenen Vorfälle rund um die Schiffsaktion „Free Gaza“ durch eine unabhängige, internationale Kommission untersucht werden soll. Ebenso unumstritten ist, dass z. B. die durch Israel praktizierte Siedlungspolitik ein zunehmendes Hindernis für die ausstehende friedliche Lösung des anhaltenden Nah-Ost-Konflikts ist.

Um all das gibt es keinen linken Streit!

Der aktuelle innerparteiliche Konflikt, den übrigens nicht ich in die Medien gebracht habe, ist ein anderer. Nämlich: War die „Free-Gaza“-Aktion sinnvoll und geeignet, den Nah-Ost-Konflikt zu entkrampfen und damit den Palästinensern zu helfen, übrigens auch allen auf Lösungen und zum Frieden drängenden Bürgerinnen und Bürgern in Israel? Und da habe ich eine andere Einschätzung, als meine zwei Fraktions-Kolleginnen, die dabei waren.

Sie kritisieren die Politik Israels. Das tue ich auch. Aber mit keinem Deut darf dadurch das Agieren der Hamas beschönigt werden.

Als Antwort auf Ihre Frage, was ich unter Antisemitismus verstehe, empfehle ich Ihnen diesen Link:
www.petrapau.de/16_bundestag/dok/090617_antisemitismus-konferenz_schwarzkopf.htm.
Abschließend deuten Sie an, dass „pro-zionistischen Positionen“ für Sie mit Linkssein unvereinbar seien. Hier erschließt sich mir allerdings nicht, was Sie konkret damit meinen. Sollten Sie allerdings der Ansicht sein, dass Linke das Existenzrecht Israels in Frage stellen sollten, dann haben wir in der Tat eine klare politische Differenz.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
z. Zt. im Allgäu, 18. Juli 2010

 

 

18.7.2010
www.petra-pau.de

 

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