Demokratie und Nichtwähler

Liebe Frau Pau,

ich habe mich gerade damit gequält, meinen Gedanken in einer geeigneten Frageform zu hüllen und es wurde mir dabei klar, dass ich in einer - für die Politik (und 'Starwirtschaft') recht üblichen - Form von kompetent vs. unwissend gerate.

Ich möchte mich nicht erdreisten, zu behaupten, ich hätte von der Politik Ahnung oder gar Erfahrung. Dennoch ist es eher ein Statement, was ich auf dem Herzen habe.

Angesichts den niedrigen Wahlquoten ist der Absolutheitsanspruch der Politik im Umgang mit jenen Stimmen, die abgegeben werden und jenen, die Ohnmacht auslösen, weil sie schweigen (um letztendlich verdrängt zu werden), völlig unpassend. Wäre es nicht von Interesse ein System zu finden, wie auch alle enthaltene Stimmen im politischen System erkennbar werden könnten?
Dies wäre strukturell gesehen eine ähnliche soziale Konstruktion wie bei dem Harz-VI empfänger, der als ein 'Sandkorn im Getriebe' wahrgenommen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Joan Lund
Berlin
28. Juli 2009

Sehr geehrter Joan Lund,

Sie haben Recht: Unser Wahlsystem hat einen Defekt und keine Partei kann für sich beanspruchen, eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zu repräsentieren, selbst dann nicht, wenn sie bei Wahlen über 50 Prozent erreicht. Es gibt weitere Gefahren für die Demokratie, subjektive und objektive. Vielleicht haben Sie Lust meinen Vortrag dazu auf den 10. Hannah-Arendt-Tagen im Oktober 2007 in Hannover zu lesen. Sie finden ihn unter
http://www.petrapau.de/person/down/071013_10-hannah-arendt-tage_lang.pdf

Nun gibt es immer wieder Vorschläge, das Wahlrecht zu ändern. Meine Gretchenfrage lautet jeweils: Gibt es hernach mehr oder weniger Demokratie? Da ich für mehr Demokratie bin, konzentriere ich mich nicht auf das Wahlrecht, sondern auf die Einführung direkter Demokratie auch auf Bundesebene, zum Beispiel durch Volksabstimmungen zu Sachthemen. Das Grundgesetz stellt dies in Aussicht (Artikel 20). Aber die CDU/CSU und die SPD im Bundestag verhindern bislang, dass er wirksam wird.

Der Verein "Mehr Demokratie" hat dazu erst jüngst eine neue Kampagne gestartet. Sie finden Sie unter
http://www.mehr-demokratie.de

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
z. Zt. Allgäu, 31. Juli 2009

 

 

31.7.2009
www.petra-pau.de

 

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