Datenschutz

Sehr geehrte Frau Pau !

Bezugnehmend auf jüngste Skandalberichte zum Datenschutz beziehen sich meine Fragen ? Wie glaubwürdig schätzen Sie die Bundesregierung zum Thema Datenschutz ein,wenn mit Hilfe der Hartz 4 Gesetze Antragsteller und Bezieher von Alg2 alle persönlichen Daten offenlegen müssen ? Und die Behörde berechtigt ist Bankdaten abzufragen ? Gibt die Politik bzw.Bundesregierung 100% -tige Sicherheit,daß diese Daten nicht auch an die Öffentlichkeit gelangen können? Werden mit diesen Gesetzen dem Grundgesetz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ nicht Hohn gesprochen?

Rüdiger Tinius
Brandenburg
18. Mai 2009

Sehr geehrter Rüdiger Tinius,

das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach geurteilt: a) Datenschutz ist ein verbrieftes Grundrecht und b) ohne Datenschutz kann es keine Demokratie geben. Das ist die gesellschaftliche Dimension, um die es geht.

Gleichwohl wird der Datenschutz mehr und mehr negiert: privat, von Staats wegen und aus wirtschaftlichen Interessen. Die technischen Möglichkeiten, persönliche Daten zu erheischen, wachsen. Ebenso die Begierlichkeiten, dies auch zu tun. Leider wächst auch die Naivität vieler Bürgerinnen und Bürger, die ihre Daten für ein vermeintliches Schnäppchen allzu leichtfertig preisgeben.

„Hartz IV“ ist ein klassisches Beispiel dafür, dass wer arm dran ist auch noch seine Bürgerrechte verliert. Und natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass die staatlich erhobenen persönlichen Daten sicher seien. Im Gegenteil. Sie werden ja genau deshalb erhoben, um aus Arbeitslosen „gläserne Bürger“ zu machen.

Das, was Sie befürchten, ist also durchaus Kalkül und Programm. Die Vorratsspeicherung aller Telekommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger ist dafür ein weiteres Stichwort. Auch deshalb warne ich seit Jahren vor einem Umbau eines demokratischen Rechtsstaates zu einem präventiven Sicherheitsstaat. Andere sprechen vom Überwachungsstaat.

Einen Lichtblick gibt es. Das ist die neue Bürgerrechtsbewegung rund um den Arbeitskreis „Vorratsdatenspeicherung“. Zwei Pluspunkte sprechen für ihn, leider auch ein Minuspunkt gegen ihn.

Die Pluspunkte: Der AK hat eine Sammelklage beim Bundesverfassungsgericht gegen die Vorratsdatenspeicherung eingereicht. Rund 40.000 Bürgerinnen und Bürger tragen sie mit, auch ich. Außerdem hat der AK im September 2008 rund 70.000 Bürgerinnen und Bürger vereint, die in Berlin gegen die Vorratsdatenspeicherung und weitere Überwachungspotentiale demonstrierten. Auch da war ich dabei.

Der Minuspunkt: Die Gemeinsamkeit droht gerade aufzubrechen. Meines Wissens ist für September 2009 eine weitere Groß-Demo geplant. Daran arbeiten zwei Gruppierungen, die vordem im AK vereint waren und nunmehr offenbar gegeneinander agieren. Ich kenne die Interna nicht und halte sie - auch unbekannterweise - für kleingeistig. Denn es geht um viel mehr und um zu viel.

Als Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft „BürgerInnenrechte und Demokratie“ der Partei „DIE LINKE“ weiß ich, dass wir derzeit Kontakt zu beiden Gruppierungen halten. Noch in der Hoffnung, wir können verbinden, was zusammen gehört.

Im Bundestag wird indes aktuell nichts mehr geschehen, was den Datenschutz wirklich stärken könnte. Die CDU/CSU ist dagegen. Die SPD tönt vor sich hin. Beide haben das Sagen, weil sie die Mehrheit bilden. Und beide haben den allgemeinen Einbruch in den Datenschutz der letzten Jahre mitbeschlossen.

Was viele nicht wissen oder ahnen: Auch die Grünen und die FDP waren mit von der Partie. Sie haben es mit ihrem Hartz-IV-Beispiel trefflich beschrieben. Ich habe das alles zwischen 2002 und 2005 im Bundestag erlebt - dies und weitere Attacken gegen das Grundgesetz und gegen verbriefte Grundrechte.

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
19. Mai 2009

 

 

19.5.2009
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

 

 

Treffpunkt

 

Startseite