Die Zukunft der Linken

frage: Geehrte Frau Pau! Ich unterrichte Geschichte und politische Bildung an einem Gymnasium in Österreich und fahre mit jugendlichen Schülern jedes Jahr einmal nach Berlin (Ihre Geschichte ist de facto mein Steckenpferd)… und nun meine Frage: Wie schwierig ist die Kommunikation zwischen den Mitgliedern der ehemaligen PDS und den westdeutschen Linken und würden Sie mir recht geben, dass langfristig Ihre Neue Partei eine neoliberale SPD ablösen wird?

viele Grüsse
Mario König
Klagenfurt, Österreich
23. Juli 2008

Sehr geehrter Mario König,

zu Ihrer ersten Frage: Die Kommunikation zwischen Ost- und West-Linken ist in der Tat zuweilen schwierig. Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Dazu gehören eine unterschiedliche Geschichte, eine andere Kultur und eine andere Verankerung der jeweiligen Partei-Gliederung vor Ort. In den neuen Bundesländern ist DIE LINKE quasi eine Volkspartei, in den alten ist sie vorwiegend eine Protestpartei. Hinzu kommt, dass sehr viele, die heute im Osten zur Linken gehören, eine Erfahrung tief verinnerlicht haben, die die West-Linke bestenfalls aus dem Fernseher kennen. Ich meine die Wende-Zeit 1989/90. Das führt dann gelegentlich zu der urkomischen Situation, dass West-Linken uns Ost-Linken unsere Geschichte erzählen wollen, wie sie aus ihrer Sicht angeblich wirklich war.

Solcherart Kommunikations-Probleme gibt es aber nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen ehemaligen PDS-lern und ehemaligen WASG-lern. Für die PDS haben Bürger- und Freiheitsrechte immer eine herausragende Rolle gespielt, auch als Lehre aus dem Scheitern des real-existierenden Sozialismus sowjetischer Prägung. Die WASG wiederum war als neue Partei aus den sozialen Protesten in der Ära von Bundeskanzler Schröder hervorgegangen. Für sie hatte daher die soziale Frage absolute Priorität.

Trotz alledem hat die Partei DIE LINKE bisher etwas vollbracht, was viele ihr nicht zugetraut haben. Normalerweise streiten sich Linke bis zur Trennung und dann streiten sie im kleineren Rahmen weiter, bis sie sich wieder teilen, und zum Schluss haben sie erfolgreich den Sektenstatus erreicht. Genau das hat DIE LINKE nicht getan und damit auch manche enttäuscht, die genau darauf gehofft hatten.

Damit bin ich bei Ihrer zweiten Frage: Ich bin weder Prophetin, noch Wahrsagerin. Deshalb weiß ich auch weder, welche politische Rolle künftig DIE LINKE spielen kann, noch, wie die Zukunft der SPD aussieht. Sie können aber davon ausgehen: Ich gehöre nicht zu den Linken, die die SPD zum Hauptgegner erkoren haben. Das hatte die KPD schon einmal in den 1920er Jahren getan. Es war ein fataler Fehler.

Meine aktuelle Erfahrung sagt ohnehin: Bei der aktuellen SPD hängt viel davon ab, in welcher politischen Gesellschaft sie ist, in guter oder in schlechter. Zum Beispiel Berlin: Als die SPD das Land Berlin gemeinsam mit der CDU regierte, da wurden die Wasserbetriebe privatisiert, mit fatalen Folgen für die Berlinerinnen und Berliner. Seit die das Land gemeinsam mit der PDS, nunmehr mit der Partei DIE LINKE regiert, seitdem engagiert sie sich für den Erhalt der öffentlichen Betriebe.

Allerdings stimme ich Ihnen zu: Als neoliberale Partei macht sich die SPD überflüssig. Davon hat die Bundesrepublik Deutschland genügend.

Dennoch mein letzter Tipp: Ich war in meinem ersten Leben in einer Partei, die immer Recht haben wollte. Das interessiert mich heute nicht mehr. In dieser Frage halte ich es ausnahmsweise mit Ex-Bundeskanzler Kohl: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt!“ Wenn DIE LINKE Besseres für die Bürgerinnen und Bürger bewirkt, dann ist das gut und wichtig. Wenn andere Parteien dabei mittun, dann ist das willkommen und besser.

Abschließend: Signalisieren Sie einfach, wann Sie das nächste Mal mit ihren Schülerinnen und Schülern nach Berlin kommen. Vielleicht kann ich ein Stündchen für sie abzwacken. Das ist kein Versprechen, aber allemal einen Versuch wert.

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
z. Zt. im Allgäu
24. Juli 2008

 

 

24.7.2008
www.petra-pau.de

 

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