Sehr geehrte oder sehr geehrter J. Ludwig,
ich unterstelle, dass das Ihr richtiger Name ist. Ich entnehme ihn Ihrer e-mail-Adresse, denn Ihre Frage ist nicht namentlich gezeichnet. Das aber nur nebenbei.
Zudem nehme ich an, dass Ihre Frage durch die Debatte heute im Bundestag inspiriert wurde. Dabei ging es um den aktuellen Abhör-Skandal der Telekom.
Die gesamte Debatte können Sie übrigens via www.bundestag.de nachvollziehen. Meine Rede finden Sie auch unter www.petrapau.de.
Nun aber direkt zu ihrer Frage. Ich kenne den Enkeltrick mit dem Senioren ausgeraubt werden. Und natürlich ist das für die Betroffenen schrecklich.
Das begründet für mich aber nicht die Vorratsdatenspeicherung aller Telekommunikationsdaten, wohl bemerkt: aller und das für sechs Monate.
Denn die Vorratsdatenspeicherung unterstellt, dass jede und jeder ein potentieller Verbrecher oder Terrorist sei. Das ist ein rechtsstaatliches Unding.
Zudem öffnet die Vorratsdatenspeicherung Datenmissbrauch Tür und Tor. Gerade das belegt ja unter anderem der aktuelle Telekomskandal. In meiner Rede habe ich übrigens vorgerechnet, dass es binnen eines Halbjahres um 60 Milliarden Datensätze geht. Real sind es sogar drei Mal soviel. Das hat nichts mehr mit Verbrechensbekämpfung oder Strafverfolgung zu tun. Das birgt vielmehr die Tendenz einer zunehmenden Überwachung aller.
Deshalb lehne ich die Vorratsdatenspeicherung ab. Im Übrigen: Sie kennen den Enkeltrick, ich kenne den Enkeltrick, viele kennen den Enkeltrick. Finden Sie nicht auch, dass es sinnvoller ist, noch mehr über solche kriminellen Machenschaften aufzuklären, als alle Bürgerinnen und Bürger auszuspähen?
Es stimmt übrigens auch nicht, dass Straftäter ohne Vorratsdatenspeicherung nicht ermittelt werden können. Anderenfalls wäre ja auch die gesamte Kriminal- und Polizeigeschichte vor dem 1. Januar 2008 Null und nichtig.
Petra Pau
5. Juni 2008
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