LINKE und ehemalige Stasi-Mitarbeiter

Sehr geehrte Frau Pau,

als ehemaliger Staatsbürger der DDR interessiert mich ihre Haltung zu den damaligen Stasimitarbeitern und der Arbeit der Stasi überhaupt. Obwohl ich mit vielen Themen der Linken etwas anfangen kann, kann ich diese Partei wegen dieser Altmitglieder nicht wählen.

Bernd Jaster
Hessen
23. April 2008

Sehr geehrter Bernd Jaster,

die DDR war ein Versuch, dem kapitalistischen Desaster, das im NS-Regime seinen tödlichen Exzess hatte, eine sozialistische Alternative zu schaffen. So weit, so legitim, so richtig.

Die DDR scheiterte, wie alle Sozialismus-Versuche sowjetischer Prägung, an verschiedenen Defiziten. Eines war die erdrückende Sicherheits-Doktrin. Als Synonym hierfür gilt das Ministerium für Staatssicherheit.

Das ist so zutreffend, wie falsch. Ich verteidige die Überwachungs-Maschinerie des MfS mitnichten, schon gar nicht im Rückblick. Aber darüber standen die Führungsspitzen der SED, noch mehr die der KPdSU.

Und da wird es unehrlich: Ein Koch, Kraftfahrer oder Kriminalist des MfS wird geächtet. Ein KPdSU-Chef indes wird in der BRD hoch dekoriert, ebenso ein ehemaliger KGB-Offizier, weil auch er Präsident Russlands wurde.

Ich bin Mitglied der PDS geworden, weil diese sich 1989/90 einen Grundkonsens gab. Das war die grundsätzliche Absage an den "Stalinismus als System" und eine prinzipielle Zuwendung zu Demokratie und Bürgerrechten.

Damit einher ging eine Entschuldigung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern der DDR. Das war zugleich eine klare Distanzierung zu den Praktiken des MfS. Die SED-Chefs wurde übrigens schon vordem aus der PDS ausgeschlossen.

Nun setze ich aber doch ein Aber. Ich kenne viele, die früher für das MfS gearbeitet haben und die heute sagen: Das war ein fataler Fehler. Warum sollte ich diese verurteilen? Noch dazu 18 Jahre nach der Wende?

Und warum soll ich Leute diskriminieren, die heute - aus eigener Erfahrung - sagen: Man darf soziale Rechte auf der einen Seite und Bürgerrechte auf der anderen Seite weder gegeneinander aufrechnen, noch hierarchisieren.

Die DDR tat es. Die BRD tut es. Das ist das eigentlich Schlimme der Neuzeit. Je mehr soziale Rechte abgebaut und je mehr Überwachungs-Szenarien aufgebaut werden, umso mehr wird die „DDR-Keule“ geschwungen.

Darauf sollten Linke nicht herein fallen. Darauf fallen übrigens immer weniger Bürgerinnen und Bürger herein. Nicht im Osten und zunehmend auch nicht im Westen. Die DDR ist tot. Nun geht es um eine gerechte und demokratische BRD.

Bitte verfolgen Sie die Auseinandersetzungen. Nimmt man alle parteipolitische Polemik weg, dann bleibt aktuell nur eine Partei, die sich gleichermaßen für soziale Gerechtigkeit sowie für Bürger- und Freiheitsrechte einsetzt...

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
24. April 2008

 

 

24.4.2008
www.petra-pau.de

 

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