Kindermord als DDR-Spätfolge

Sehr geehrte Frau Pau,

ich bin 52 Jahre jung, verheiratet und in Karlsruhe zuhause. Nachdem ich politisch in früheren Jahren mehr konservativ eingestellt war, befasse ich mich seit geraumer Zeit mehr und mehr mit dem Programm und den Zielsetzungen Ihrer Partei, der Linken.

Sie als „Kind der DDR“, müssen bei den Äußerungen des Herrn Böhmer wohl eine Gänsehaut bekommen. Ich frage mich ernsthaft, wie krank muss man eigentlich sein, wenn man solchen Unsinn redet. Ich finde es sehr bedenklich, dass Mandatsträger ungestraft solche absurden Äußerungen von sich geben.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Äußerungen die Wirklichkeit in der damaligen DDR widerspiegeln. Ich hatte immer den Eindruck, dass die Familie und die Familienpolitik in der DDR einen hohen Stellenwert hatten.

Ich wünsche Ihnen, sehr geehrte Frau Pau alles Gute.
Mit herzlichen Grüßen

PS:
Böhmer hatte dem „Focus“ gesagt: „Ich erkläre mir das vor allem mit einer leichtfertigeren Einstellung zum werdenden Leben in den neuen Ländern. Für manche ostdeutsche Frau ist eine Kindstötung anscheinend ein Mittel der Familienplanung.“ Diese Einstellung halte er für eine Folge der DDR-Abtreibungspolitik. Frauen konnten dort nach 1972 bis zur zwölften Woche ohne jede Begründung die Schwangerschaft abbrechen. „Das wirkt bis heute nach“, sagte Böhmer, der bis 1990 Chefarzt der Gynäkologie in Wittenberg war.

24. Februar 2008
Hartmut Hopp
Baden-Württemberg

Sehr geehrter Hartmut Hopp,

natürlich ist die Äußerung des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt absurd. Er wurde dafür auch umgehend und über alle Parteigrenzen hinweg kritisiert, auch von mir.

Aber Wolfgang Böhmer (CDU) ist kein Einzeltäter. Vor Jahren leitete ein bekannter Kriminologe aus Niedersachsen die Kriminalität in den neuen Bundesländern aus der Tatsache ab, dass dort viele in ihrer Kindheit in Kindergärten waren (westdeutsch: Kita), wo sie meist zur selben Zeit „getopft“ wurden, sprich: Sie wurden aufs Töpfchen gesetzt.

Der Innenminister in Brandenburg, ebenfalls CDU und westsozialisiert, befand: Die kriminelle Verantwortungslosigkeit vieler Ossis rühre daher, dass Anfang der 1960er Jahre die Landwirtschaft kollektiviert wurde, sprich: Die Bäuerinnen und Bauern bildeten - freiwillig oder bedrängt - Landwirtschaftliche Produktions-Genossenschaften, kurz LPG.

Seither frage ich mich: Ging Peter Hartz in einen DDR-Kindergarten? Oder war Klaus Zumwinkel in seinem ersten Leben ein LPG-Bauer? Ich will die Folge möglicher Fragen gar nicht fortsetzen.

Die Tötung von Kindern ist ein besonders abscheuliches Verbrechen. Dagegen helfen keine dummen Sprüche, sondern wenn, dann eine bessere Prävention, die aktuell auch aus mehr sozialer Gerechtigkeit, einer besseren Jugend- und Familienpolitik bestehen könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
z. Zt. Israel, Jerusalem
25. Februar 2008

 

 

25.2.2008
www.petra-pau.de

 

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