Scheitern des Sozialismus

frage: Gibt es greifbare Ergebnisse zum Nachdenken darüber, warum das wunderbare Projekt Sozialismus scheitern m u s s t e? Ich habe nie davon gehört, daß sich die PDS mit diesem Thema beschäftigt hat und ich denke, es dürfte keine Partei geben, der diese näher ist als der ehemaligen PDS.

Albert Schorr
Sachsen-Anhalt
19. Januar 2008

Sehr geehrter Albert Schorr,

lange Jahre war ich Landesvorsitzende der PDS Berlin und zeitweise auch stellvertretende PDS-Vorsitzende. Aus dieser Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Ich kenne keine zweite Partei, die sich so intensiv und zuweilen auch schmerzhaft mit dem Scheitern des so genannten real-existierenden Sozialismus auseinander gesetzt hat, wie die PDS, begonnen mit der Rede von Prof. Michael Schumann auf dem außerordentlichen Parteitag der im Dezember 1989.

Dazu gab es Forschungen und Konferenzen, dazu gibt es Beschlüsse und Dokumente, und wenn Sie auf den Web-Seiten der Linkspartei oder der Rosa-Luxemburg-Stiftung suchen, dann werden Sie sicher schnell fündig. Mich jedenfalls hat das Thema seit 1989/90 sehr beschäftigt und das tut es weiterhin.

Nun interpretiere ich ein wenig Ihre Frage. Das „wunderbare“ lese ich als ironische Anspielung und das „m u s s t e“ als erfüllte Prophezeiung. Beim Letzteren würde ich Ihnen inzwischen sogar zustimmen. Der Sozialismus sowjetischer Prägung hat im Wettstreit der Systeme ökonomisch verloren. Soziale Ansprüche, auch Vorzüge, wurden immer weniger bezahlbar. Zugleich wurden Demokratie und Bürgerrechte klein geschrieben und individuelle Freiheitsrechte suspendiert. Das alles weist auf einen Systemfehler hin.

Um ein DDR-typisches Vokabular zu gebrauchen: Wir haben im Klassenkampf verloren. Aber wenn man verliert, finde ich, dann sollte man sich nicht fit wie ein Turnschuh fühlen und die Niederlage einem Foul des Klassenfeindes ankreiden. Eine historische Chance wurde vergeigt. Das kann man beklagen. Klüger ist, daraus gründlich zu lernen. Das ist jedenfalls meine Position. Denn der entfesselte Kapitalismus darf nicht das letzte Wort der Geschichte sein.

PS:
Unter Führung der SED wurde die DDR seinerzeit durch die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBP), die Liberal Demokratische Partei Deutschlands (LDPD), die National Demokratische Partei Deutschlands (NDPD) und die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) getragen. Alle diese Parteien wurden 1990 von der CDU und von der FDP der Bundesrepublik Deutschland flugs und ohne Diskussion geschluckt.

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
21. Januar 2008

 

 

21.1.2008
www.petra-pau.de

 

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