Sehr geehrter Karl L.,
Sie meinen, ich sei der &132;beste Beweis dafür, dass die jetzige Linkspartei /PDS nichts mit der ehemaligen SED (...) zu tun hat. Bevor ich darauf eingehe, will ich eines voranstellen: Die DDR war auch meine Heimat und ich habe ihr gedient, nicht als Grenzsoldat, sondern als Pionierleiterin und Lehrerin und als Mitglied der SED. Bis dahin waren unsere Wege also gar nicht so verschieden, unterschiedlich vielleicht im Detail, aber sehr ähnlich im Grundsatz.
Dann kam die so genannte Wende, die einige als Revolution, andere als Konterrevolution beschreiben. Ich benutze keine dieser Bezeichnungen. Allerdings nahm ich zunehmend wahr, dass die DDR nicht nur unvollkommen, sondern - wie der ganze real existierende Sozialismus sowjetischer Prägung - strukturell fehl konstruiert war. Bitte glauben Sie mir: Diese Einsichten waren für mich sehr schmerzhaft.
In derselben Zeit erneuerten viele, die noch in der SED verblieben waren, dieselbe grundlegend. Im Dezember 1989 fand ein Sonderparteitag statt. Die Delegierten entschuldigten sich beim Volk der DDR und sie brachen endgültig mit dem Stalinismus als System. Das war der Beginn der PDS, der Partei des Demokratischen Sozialismus. Und das war ein bewusster Bruch mit der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands.
Alle Mitglieder der PDS, zumindest jene, die vordem in der SED waren, mussten diesen Bruch für sich selbst vollziehen. Zigtausende taten es. Was das inhaltlich heißt, ist auch in den zwei Programmen der PDS nachzulesen. Dort und in weiteren Positionen der PDS lässt sich auch nachvollziehen, dass dieser Bruch mit den Strukturen und Prinzipien der SED mitnichten zugleich eine Verbeugung vor der Politik der Bundesrepublik Deutschland und der herrschenden Verhältnisse ist - im Gegenteil.
Der Kapitalismus darf nicht das letzte Wort der Geschichte sein, wie einige Publizisten 1989/90 frohlockten. Aber ein Sozialismus, wie er mir und meiner Partei vorschwebt, muss demokratisch sein. Und er darf verbriefte Bürgerrechte und individuelle Freiheitsrechte nicht kleinschreiben oder gar unterdrücken. Wir haben es zu DDR-Zeiten auf unterschiedliche Weise getan.
Wer diese grundsätzlichen Prämissen für sich annimmt, kommt auch zu anderen Bewertungen historischer Ereignisse, als sie in SED-Geschichtsbüchern üblich waren. Auch das ist keine Heiligsprechung der bundesdeutschen Geschichtsschreibung. Die ist an publizierter Einseitigkeit und historischer Vergesslichkeit kaum zu überbieten. Aber mein Bruch mit der SED ist das Eingeständnis einer eigenen, lang gelebten Hoffnungslüge. Das befreit und eröffnet neue, linke Perspektiven.
Nun haben wir seit dem 16. Juni 2007 eine bundesweit neue Partei: DIE LINKE. Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass sie einen Dreiklang vertritt: als Partei der sozialen Gerechtigkeit, als Friedens-Partei und als moderne sozialistische Bürgerrechts-Partei.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau
Allgäu, 13. August 2007
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