Wohnungsverkauf in Dresden

frage: Werte Frau Pau, in Bezug auf diese Frage - (Verkauf von Woba-Wohnungen in Dresden) - habe ich schon mit Ihrer Bundestagsfraktion korrespondiert. Dennoch interessiert mich Ihre persönliche Meinung. Gibt die „Linke“ da nicht ein Stück Programmatik auf?

In Ihrem Programm kann ich von Privatisierung des Staatsvermögens oder Landesvermögens nichts lesen. Was ist ein Programm wert, wenn es unterlaufen wird? Sie persönlich haben damit nichts zu tun, aber ich schätze ihre Arbeit in der Fraktion und deshalb möchte ich wissen, wie verlässlich ist „Linke Politik“.

MfG
Günter Wild,
Baden-Württemberg
10. März 2006

Sehr geehrter Günter Wild,

die Stadt Dresden hat ihren kommunalen Wohnungsbestand komplett verkauft. Mit dem Erlös sei sie als einzige deutsche Stadt schuldenfrei. Zudem verfüge sie dadurch über einen Netto-Gewinn. Maßgebliche Teile der Linkspartei.PDS Dresden haben dieses „Geschäft“ unterstützt. Das sind die Meldungen.

Ich halte das, was die Dresdener gemacht haben, für falsch. „Schuldenfrei“ klingt zwar gut und bedeutet immer auch, dass keine Steuer-Euro teuer an die Banken abgeführt werden müssen. Aber der Preis ist zu hoch. Man darf das, was zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört, nicht völlig dem freien Markt überlassen.

Wir haben in Berlin ja aktuell eine ähnliche Diskussion. Dort hat die Linkspartei.PDS gerade verhindert, dass Zigtausende Wohnungen privatisiert werden. Aus den Berliner Debatten weiß ich aber auch: Es ist keine einfache Ja-Nein-Frage, wie es derzeit etwa Oskar Lafontaine gern darstellt.

Das Gros der Berliner Wohnungsgesellschaften ist z. B. hoch verschuldet. Das hat viel mit alter West-Berliner Miss-Wirtschaft zu tun, aber auch mit Management-Fehlern der jüngeren Jahre. Deshalb heißt die oberflächliche Berliner Alternative auch: Privatisierung durch Verkauf oder durch Konkurs.

Trotzdem suchen die Zuständigen der Berliner Linkspartei.PDS noch nach Lösungen, um Privatisierungen zu verhindern und die Wohnungen im öffentlichen Bestand zu halten, ohne dadurch immer größere Löcher in den ohnehin gebeutelten Landeshaushalt zu reißen.

Damit bin ich bei einer weiteren, grundsätzlichen Position: Die Daseinsvorsorge (Wohnen, Gesundheit, Wasser, Energie, Nahverkehr…) soll in öffentlicher Hand bleiben. Aber sie muss auch in öffentlicher Hand wirtschaftlich effektiv sein. Diese Seite blenden Linke gern aus. Ich finde: zu Unrecht.

Nun noch mal zu Oskar Lafontaine. Er hat in seiner Rede auf der „Rosa-Luxemburg-Konferenz“ Anfang Januar Kriterien dafür formuliert, was derzeit Links sei. Der Kampf um den Erhalt öffentlichen Eigentums gehört dazu. Seither wird diese Linie wie eine neue Ideologie verbreitet und verhärtet.

Ich teile dieses Entweder- Oder - privat oder öffentlich - so nicht. Denn das „öffentlich“, wie es Oskar meint, heißt: Die Länder oder Kommunen verfügen, also letztlich die aktuell regierenden Parteien. In Berlin wucherte auf diese Weise gerade im öffentlichen Bereicht Filz und Korruption unsäglich.

Vor diesem Hintergrund hatten wir in der Berliner Linkspartei.PDS bereits in den 90er Jahren spannende Debatten über Eigentumsformen, die nicht privat sind, aber auch nicht staatlich, sondern tatsächlich gesellschaftlich. Das hölzerne Stichwort dafür heißt „progressive Entstaatlichung“.

Es würde zu weit führen, hier jetzt mehr darüber zu schreiben, als dieses Stichwort. Die neue LINKE, die wir noch immer wollen, braucht ja auch ein neues Programm. Eckpunkte für einen Entwurf liegen vor. Im Zuge dieser Programm-Debatte sollte auch die Eigentumsfrage diskutiert werden.

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
Berlin, 12. März 2006

 

 

12.3.2006
www.petra-pau.de

 

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