Sehr geehrter Harry Walther,
Talkshows sind inzwischen ein fester Bestandteil des deutschen Fernsehens. Sie sind es, weil Millionen zuschauen, sie annehmen und sehen wollen. Sie bringen Quote, wie es neudeutsch heißt. Sie sind also Teil des Geschäfts.
Das sagt nichts über ihre Güte aus, bestenfalls etwas über die aktuelle Streit-Kultur und auch die ist bekanntlich Geschmackssache. Wobei das Spektrum der angebotenen Talkshows breit ist. Ich habe da eigene Erfahrungen.
Es gibt Talkshows die davon leben, dass die Teilnehmer gegeneinander gehetzt werden. Es gibt Gesprächsrunden, bei denen es respektvoll um Meinungen geht. Und es gibt allgemeine Plaudereien, die natürlich auch politisch sind.
Ich habe in einer Aschermittwochs-Rede gesagt: Christiansen ist die Sonntagsabendschule fürs Neoliberale. Das meine ich auch so. Darauf wurde ich gefragt, warum ich mich dafür gelegentlich einspannen lasse. Meine Antwort: Um den Neoliberalen nicht die Abendschule zu überlassen.
Die verschiedenen Talk-Shows haben unterschiedliche Redaktionen, unterschiedliche Konzepte und unterschiedliche Ziele. Wer sich auf sie einlässt, muss das wissen. Wer sich allerdings nicht darauf einlässt, kommt nicht vor. So ist das mit der vierten Macht. Das ist die Crux, auch für die Linkspartei.PDS.
Medienwissenschaftler haben bestimmt bessere Kriterien, nach denen sie Talkshows beurteilen. Ich habe zwei simple. Es gibt Talkshows, da dreht sich alles um den oder die Moderatoren, obwohl sie kaum wissen, worum es in der Sache geht. Und es gibt Moderatoren mit eigenen politischen Ambitionen. Dementsprechend laden sie sich Gesprächspartner und Zuschauer ein.
Beide Typen finde ich fehlbesetzt, allemal im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. ABER: Entscheidend sind die Zuschauerinnen und Zuschauer. Sie sind im Visier der Redaktionen, sie sichern Einschaltquoten und darüber auch Werbeeinnahmen für den jeweiligen Sender. Ihre Kritik oder gar ihr Liebesentzug macht sich also früher oder später in den Kassen der TV-Anstalten bemerkbar. Nur diese Bilanz versteht man in der Marktwirtschaft.
Allerdings: Wie fast immer gibt es auch gute Ausnahmen von der schlechten Regel. Dazu zähle ich Wolfgang Eichhorn von Inforadio. Er ist stets gut vorbereitet, er wirkt nie parteiisch und er agiert wohltuend sachlich.
Mit solidarischen Grüßen
Petra Pau
2. September 2005
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