Fach-Fragen zur Wahl

Sehr geehrte Frau Pau,

mit Interesse verfolge ich als Auslandsdeutscher den Bundestagswahlkampf 2005. Zu Ihrer Info habe ich letzte Woche den Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis Neumarkt im Wahlkreis 233 Amberg/Neumarkt gestellt.
Ich stelle fest, dass es mir trotz 30 Minuten Recherche zwar den Name des Direktbewerbers, Wolfgang Bernd, zu finden möglich war, aber weder eine Kontaktadresse noch ein vernünftigen Lebenslauf noch Inhalt seiner politischen Schwerpunkte. Etwas dürftig, finden Sie nicht? Oder will Herr Bernd gar nicht in den Bundestag?!?
Auch bei den Vorsitzenden/Listenführer der PDS-Bayern, Herrn Klaus Ernst, suche ich eine Kontaktadresse vergeblich (aber immerhin: Lebenslauf + politische Schwerpunkte). Wegen der Briefwahl sind es für mich nicht einmal ein Monat bis zu meiner Stimmabgabe.

Ich bitte daher Sie mir folgende Fragen zu beantworten:

1. Berufsausbildung
Nach einer aktuellen Erhebung fehlen derzeit in Deutschland über 100.000 Lehrstellen. Was will aber die LINKSPARTEI-PDS konkret tun, um dies zu ändern? Ist die LINKSPARTEI-PDS der Meinung, dass der Lehrstellenmangel nur ein konjunkturelles Problem ist und mit dem bereits von der rot-grünen-Regierung unterstützten Ausbildungspakt das Problem von selbst lösen wird, oder ist die LINKSPARTEI-PDS doch der Ansicht, dass es strukturelle Änderungen geben muss.

Da ich dies nicht aus dem PDS-Wahlprogramm entnehmen kann, frage ich Sie:
Welche konkreten Maßnahmen bzgl. Struktur der Berufsausbildung plant die LINKSPARTEI-PDS im Falle einer Regierungsbeteiligung?

2. Entwicklungszusammenarbeit (EZ)
Ich habe einige sehr spezifische Fragen zum Thema EZ-Politik. Da weder Sie noch Herr Bernd ggf. mein richtiger Ansprechpartner sind, bitte ich Sie mir jemand in der LINKSPARTEI-PDS zu benennen, der mir Rede und Antwort stehen könnte.

Mit freundlichen Grüßen
Winfried Weber, Tunesien
12. August 2005

Sehr geehrter Winfried Weber,

Post aus Tunis bekomme ich nicht jeden Tag, Dankeschön. Ihre Kritik über mangelnde Web-Angebote habe ich an das zentrale Wahlkampfbüro der Linkspartei.PDS weitergeleitet. Ob es schnell gelöst werden kann, weiß ich nicht. Denn auf den Listen zur Bundestagswahl gibt es viele Kandidatinnen und Kandidaten, die bislang keine eigene Web-Seite haben. Das lässt sich nicht über Nacht lösen. Aber ihr Anspruch ist natürlich berechtigt.

Nun zur Berufsausbildung. Aktuell fehlen in Deutschland ca. 170.000 Lehrstellen. Das ist die offizielle Zahl. Tatsächlich fehlen mehr, denn viele Jugendliche wurde in den zurückliegenden Jahren in Warteschleifen oder Ersatzmaßnahmen abgeschoben. Das Problem ist also größer, als amtlich zugegeben wird, und es ist natürlich schlimm für alle, denen bereits in jungen Jahren vermittelt wird: Wir brauchen euch nicht.

Die Linkspartei.PDS fordert eine Ausbildungsumlage. Ich habe das mehrfach im Bundestag vertreten. Das Prinzip ist übersichtlich: Wer ausbilden könnte, es aber nicht tut, soll einen Solidarbeitrag an jene zahlen, die ausbilden, obwohl es ihnen schwer fällt. Faktisch hieße das, dass große Unternehmen an kleine und mittelständige Betriebe zahlen. Denn es sind vor allem die Großen, die sich aus der Ausbildung zurückziehen, und es sind die bodenständigen, die sich um Lehrstellen mühen.

Dieser Trend ist hält seit Jahren an. Er hat also nichts mit der aktuellen Konjunktur zu tun. 2004 hatte Rot-Grün im Bundestag ein Gesetz für eine Ausbildungsumlage eingebracht. Das habe ich begrüßt. Doch dann hat die SPD es wieder zurückgezogen, zugunsten eines Ausbildungspaktes mit den Wirtschaftsverbänden. Das Resultat ist bekannt: Das Lehrstellenproblem wurde nicht gelöst. Es wurde verschärft.

Zur Entwicklungszusammenarbeit empfehle ich Ihnen: Wenden Sie sich an unsere Internationale Abteilung. Natürlich habe ich als MdB der Linkspartei.PDS auch damit zu tun. Aber ich bin keine Expertin, die sich explizit damit beschäftigt.

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
13. August 2005

 

 

13.8.2005
www.petra-pau.de

 

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