Lieber Wolfgang Sax,
noch bin ich im Urlaub, im Allgäu. Aber ich will Ihnen gern und schnell antworten.
In den Medien geht derzeit und wieder einmal so Manches durcheinander. Aktuell steht eine vorgezogene Bundestagswahl vor der Tür. Die PDS wird erneut mit offenen Listen antreten. Offen auch für Vertreterinnen und Vertreter der WASG, aber auch für unorganisierte Linke. Danach wird binnen zwei Jahren die Bildung einer neuen Linkspartei angestrebt. Das heißt: Noch gibt es sie nicht.
Umso spannender ist, welchen bundespolitischen Wirbel eine neue Linkspartei auslöst, die erst noch geformt werden muss. Es ist fast wie an der Börse. Ein neues Produkt wird gelistet und prompt bringt es die Kurse in Schwung.
Damit komme ich zu Ihren konkreten Fragen. Die Linkspartei wird in aktuellen Umfragen zwischen zehn und zwölf Prozent gehandelt. Aber selbst wenn nur acht Prozent plus x die Linkspartei wählen würden, so wäre das eine neue Qualität. Es gäbe endlich auch in der Bundesrepublik Deutschland ein Stück west-europäischer Normalität, nämlich ein politisches Korrektiv links von der SPD.
Dass ich sehr dafür bin werden Sie vielleicht verstehen, wenn ich auf die letzten drei Bundestags-Jahre zurückblicke. Bei allen großen Fragen stand es 2:4 - zwei PDS-Frauen gegen vier Fraktionen. Das war in der Sozialpolitik so, Stichwort: Hartz IV. Das war in der Friedenspolitik so, Stichworte: Kosovo und Afghanistan.
Gravierender ist: Es gibt derzeit ein eklatantes Missverhältnis zwischen der Mehrheitsmeinung im Bundestag und der Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung. Die Bevölkerung lehnt die Agenda 2010 mit großer Mehrheit ab. Im Bundestag ist eine übergroße Mehrheit für die Agenda 2010. Dieser Widerspruch kann auf Dauer nicht gut gehen.
Damit wäre ich bei Ihrer zweiten Frage: Nein, ich schließe eine Koalition der Linspartei mit der SPD und den Grünen aus. Das ist keine taktische Frage, sondern eine inhaltliche. Solange beide Parteien ihren eingeschlagenen Kurs weiterverfolgen, solange sie den Sozialstaat schwächen und solange sie den gesellschaftlichen Reichtum von unten nach oben umverteilen, solange ist jede Rot-Rot-Grüne-Spekulation pure Ablenkung von den wirklichen Problemen.
Nun zu Ihrer dritten Frage: Ich traue keiner Umfrage, jedenfalls lasse ich mich nicht von ihnen leiten. Allerdings bin ich überzeugt: Kommt das Projekt einer neuen Linkspartei nicht zum Erfolg, dann stirbt eine Hoffnung - für die PDS, für die WASG, für Linke, vor allem für Betroffene. Das will ich nicht.
Mit solidarischen Grüßen
Petra Pau
26. Juli 2005
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